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10. Das Leerstellendenken

@:LEERSTELLENDENKEN

10.1. Die Entwicklung des Denkens

(from DENK.DOC)

10.2. Chronologische Tafel der Entwicklung des Denkens

-1.000.000
Kultivation und Anbetung des Feuers

-100.000
Ausbildung von Sprache, gleichzeitig Beginn des Werkzeuggebrauchs
-40.000 Steinzeit-Kultur: Technisch verfeinerte Stein-Werkzeuge
"The age of Modifiers" (J. Jaynes)

-10.000
Das Zeitalter der Namen beginnt (J. Jaynes)
Ackerbau, Tierzucht
Grabkulte, Erste permanente stadtartige Siedlungen: Jericho, Natuf

-5.000
Beginn des Gebrauchs von Schrift-Systemen
Ausbildung sozialer Hierarchien: Priester, Könige
Hochkulturen beginnen im Zweistromland: Sumer
-3000 Erstes Auftreten von Hieroglyphen und Keilschrift
-1750 Die Gesetze von Hammurabi
-1700 Niederschrift des Gilgamesh-Epos

-1400 - 1000
Periode der Katastrophen und Völkerwanderungen im Mittelmeer-Raum
??? Explosion des Vulkans Thera (Santorini)
??? Die sieben Plagen Ägyptens
??? Überquerung des Roten Meeres zu Fuß durch die Israeliten
Untergang des kretischen Reiches
Untergang des mykenischen Reiches

-1200 - 1000
Periode des griechischen "dunklen Zeitalters", "Dorische Invasionen"
Entstehungszeit der Ilias
-1200 Aufstieg Assyriens
-1100 Hyksos, Invasion der Seevölker in Ägypten

-1.000
Beginn der griechischen Kolonisation in Kleinasien
Aufstieg der griechischen Handelsmacht der ionischen Städte
Fernhandel mit Wein (Alkohol als Handels- und Kulturgut)
-900 Das AlphaBeta: Anpassung des phönikischen Aleph-Beth an die
griechische Sprache durch Einfügen von Vokalzeichen
Niederschrift der homerischen Epen

-600 Die Achsenzeit
Begründung des persischen Großreichs:
Entstehung des kosmopolitischen Menschen
Befreiung der Kinder Israels aus der babylonischen Gefangenschaft
Niederschrift der biblischen Schöpfungsgeschichte
Zeitalter der "Vorsokratiker".
Herausbildung eines spezifisch griechischen Denktypus
Bildung proto-wissenschaftlicher Worttypen in der griechischen Sprache

Persönlichkeiten des Jahrhunderts:
Zoroaster (s. ANM:DATIERUNG)
Gautama Buddha
Mahavira
Lao Tsu
Konfuzius
Sappho von Lesbos
Solon
-625 - 545 Thales von Milet
-611 - 545 Anaximander: Das Urprinzip des "Apeiron"
-580 - 485 Xenophanes: Literarische Einführung des Alkohols als "Kulturgut"
-570 - 496 Pythagoras
-544 - 483 Heraklit von Ephesos
-540 - 470 Parmenides von Elea
-500 - 428 Anaxagoras
-400
-469 - 399 Sokrates
-427 - 347 Platon
-384 - 322 Aristoteles
-275 Aristarch v. Samos: Kugelgestalt der Erde
-250 Eratosthenes v. Cyrene: Berechnung des Erdumfangs
Ptolemäus

0
-3 - 30 Issa ben Jussuf
203 - 269 Plotinus: Neuplatonismus
391 Brand der "kleinen" Alexandrinischen Bibliothek
354 - 430 Augustinus

+400 Untergang des weströmischen Reiches
410 Eroberung Roms durch Alarich
415 Ermordung der Hypatia in Alexandria
529 Justinian schließt die Philosophenschulen
Gründung des Klosters von Monte Cassino
Beginn des "dunklen Zeitalters" in Europa
570 Geburt Mohammeds

+800 - 1300 Die Islamische Hochblüte

+1200
1225 - 1274 Thomas Aquinas
1235 - 1315 Raimundus Lullus
1283 Die erste öffentliche Uhr im Hof von Westminster
Beginn der Renaissance
1336 Petrarca besteigt den Mt. Ventoux (Gebser)
1401 - 1464 Cusanus
1480 - 1544 Giulio Camillo : das Gedächtnistheater

+1500
Auslöschung der letzten Hochkulturen auf Basis des prä-mentalen Denktypus
Azteken, Inkas durch die Spanier
1548 - 1600 Giordano Bruno

+1700
1646 - 1716 Leibniz . Das Binärsystem, Characteristica Universalis
1724 - 1804 Kant
1762 - 1814 Fichte
1770 - 1831 Hegel
+1900
1881 - 1955 Teilhard de Chardin
Gotthard Günther : "Die Theorie der Polykontexturalen Logik"
+1942 Zuse , Konstruktion des ersten programmierbaren Computers
Jean Gebser : "Ursprung und Gegenwart"
+1944-46 Aiken , Eckert , Mauchly : vollelektron. Computer
+1967 Jacques Derrida: "Grammatologie"
+1976 Julian Jaynes: "The Breakdown of the Bicameral Mind"
+1984 Einführung des Macintosh Computers

10.3. Die Ursprünge des Denkens

@:DENK_MYTHOS
Das mentale Denken, wie wir es heute kennen, ist in der viele Million Jahre währenden Entwicklungsgeschichte der humanoiden Rassen eine Sache der letzten Augenblicke. Gerade 2500 Jahre alt ist, verglichen mit den unendlichen Zeit-Abgründen davor, das Phänomen des logischen Denkens, oder der Mentalen Struktur , wie Gebser es nennt (BIB:GEBSER73 ). Dieses Denken entstand in der Zeit zwischen ca. -1200 bis -500 und manifestiert sich ca. -600 in Griechenland in der Form, wie wir es heute kennen. Vor dieser Entwicklung liegen endlose Weiten von etwas, das wir mit unserem jetzigen Denken nur sehr annähernd und ungenau erfassen können, weil es wesensmäßig so anders ist. Dieses Etwas ist die Matrix, aus der sich unser Denken ent-wickelt hat, sich heraus- gewickelt hat, bzw. herausgebrochen und herausgerissen ist. (s.a. ->: MATRIX ) Man kann dieses Etwas das Große Matristische Kontinuum , oder die Mythische Struktur nennen. Der Mythos liegt dem mentalen Denken zugrunde, er begründet es, es ist im Mythos aufgehoben (wie geborgen, nach Hegel), und das Denken kann den Mythos nicht erfassen. Wir wollen dieses Thema in dem Kapitel "Die mythischen Strukturen" weiter behandeln (->: MYTHOS ). Hier soll zuerst die sichtbare Geschichte des Denkens folgen.

10.3.1. Denken, Werkzeug, Waffe
Denken, Sprache und Werkzeug sind nicht voneinander zu trennen. Und in dem Augenblick, als das Werkzeug entstand, entstand auch die Waffe. Das Denken war die gefährlichste Waffe des Hominiden, mit dem er sich in einer Jahrmillionen währenden Auseinandersetzung gegen die Übermacht der Beißzähne und Reißklauen wehrte und durchsetzte. Dies stellt somit ein sehr wesentliches Unterkapitel dar, wie das alte Wort des Heraklit : "Der Krieg ist der Vater aller Dinge" auch andeutet. Und so verbrachte der daedalische Geist der Menschheit vermutlich den größeren Teil seiner Zeit mit dem Ersinnen immer neuer und gefährlicherer Waffensysteme. (S.a. BIB:OCONNEL89 , BIB:DUDLEY91 )

@:DENK_MACHT

Polemos panton men pataer esti, panton de basileus,
kai tous men theous edeixe tous de anthropous,
tous men doulous epoiaese tous de eleytherous.

Krieg ist aller Dinge Vater (fürwahr), aller Dinge König.
Die einen erweist er als Götter, die anderen als Menschen,
die einen läßt er Sklaven werden, die anderen Freie.
BIB:HERAKLIT , B53, p. 19


Eidenai de chrae to polemon eonta xynon, kai dikaen erin,
kai ginomena panta kat erin kai chreomena

Zu wissen aber tut not: Der Krieg führt zusammen, und Recht ist Streit,
und alles Leben entsteht durch Streit und Notwendigkeit.
BIB:HERAKLIT , B80, p. 27

10.3.2. Vorgeschichte, Staatenbildung, Schriften
Aus der Zeit vor -10.000 sind uns nur sehr wenige Relikte erhalten, die im wissenschaftlichen archäologisch-geschichtlichen Rahmen eine Einordnung als Kulturzeugnisse erlauben. Der reichhaltige Schatz der Mythen ist in Bezug auf seine geschichtliche Relevanz bisher nur ansatzweise ausgewertet worden. Die Steinzeitkultur war im wesentlichen nicht von den Steinen bestimmt, sondern vom Holzgebrauch. Da aber nur die Steine übriggeblieben sind, bestimmten diese unser heutiges Bild von der Kultur. Es ist wichtig, zu erkennen, wie einseitig dieses Bild ist, da es nur den minimalsten Teil der Kultur in Betracht zieht. (ANM:WISSBAR [169] ) Die Zeit ab -10.000 wird von gewaltigen Umstrukturierungen der Lebensweise der Menschen bestimmt: Ackerbau und Viehzucht, Töpferkunst und in Asien die Seidenzucht. Die ersten Relikte von geschlossenen Siedlungen (Asiab, Jericho, Catal Hüyük). In Mesopotamien die ersten Stadtstaaten. Ab -5.000: Die Bronzezeit bringt den ersten weitverbreiteten Metallgebrauch, hauptsächlich im Bereich des Waffenwesens. Die zivilisatorische Revolution der Menschheit ist im vollen Gange. Gründung der ersten Großreiche, vermutlich durch Ausnutzen der überlegenen Waffentechnologie der Bronze. Z.B. Ägypten. In Mesopotamien Stadtstaaten: Sumer. Palastwirtschaft, Staatsökonomie, Kalender, Schriftsysteme und Rechts-Kodizes werden entwickelt. Ab -2.500 auch in Mesopotamien Großreiche: Sargon. Entwicklung von Mathematik Astronomie, Medizin, Chemie. (BIB:HERMANN77 , BIB:SCHLOTT89 )

10.3.3. Wissen ist Macht
Vor 6000 Jahren, als die Priesterhierarchien mit ihren Schreiber-Stäben anfingen, zu codifizieren und zu kryptographieren, erkannte man: Wissen ist Macht. Man sah, daß diese neue Erfindung, die Schriftsysteme, denen, die sie beherrschten, eine Macht gaben, die ihnen von niemandem streitig gemacht werden konnte, solange sie nur dem Kreis der Eingeweihten zugänglich gehalten wurde. Man erkannte, daß die Schrift ein Mittel zur Macht war, die Macht, die man hatte, auch durch die politischen Veränderungen von Eroberungen, und neuen Herrschern hindurch zu bewahren, zu pflegen und zu hegen. Wer die Schrift beherrschte, beherrschte die Kultur.

Gleichzeitig mit der technologischen Entwicklung der Metallwaffen, die die Machtstrukturen in Ägypten und Mesopotamien begründeten, entwickelten sich die Codifizierungssysteme, die die Macht absicherten: die Rechts- und Steuersysteme. Eine damaliger Herrscherkaste konnte sich zwar mit der neuen Bronzetechnologie die Macht über die unterworfenen Völkerschaften verschaffen, und mit den gepanzerten Elitetruppen auch die waffenlosen Bauern beherrschen, aber nur mit einem Steuersystem konnte die Macht erhalten werden. Nur mit Steuern konnten die enormen Kosten für die Metallwaffen und den Unterhalt der Armee von der Landbevölkerung eingetrieben werden. Und ein Steuersystem beruht auf Buchführung, damit also auf dem Schriftsystem. Man mußte die Unterdrückung wenigstens so gerecht wie möglich verteilen, wenn das System an sich auch vielen nicht so gerecht vorkommen mochte. Man konnte die Bauern schröpfen bis aufs Blut, aber wenn man ihnen das Blut ganz aussaugte, dann war die Macht der Herrschenden gefährdet: Dann erhoben sich die Unterdrückten in riesigen Volksaufständen, egal, ob sie zu Tausenden von den Gepanzerten niedergemetzelt wurden. Oder, was öfter vorkam, sie verbündeten sich mit irgendeinem der in den Randgebieten immer lauernden Nomadenvölker, die der augenblicklichen Herrschaftsschicht schnell den Garaus machten, und sich selbst als Herrscher aufschwangen. Das veränderte zwar nichts an dem System der Unterdrückung, brachte aber wenigstens die Genugtuung, daß man es den alten Herrschern heimgezahlt hatte. So war die Geschichte der mesopotamischen Reiche angefangen von den Stadtstaaten von Sumer über Akkad und Babylon und die Assyrer bis zum Perserreich eine endlose Folge von Eroberercliquen, die sich gegenseitig vom Thron stießen, und immer weiter reichende Staaten bildeten. Die mesopotamische Geschichte zeigt auch das Ineinandergreifen der Entwicklung von Technologie, Waffen- und Schriftsystemen, mehr als das Ägypterreich, das wegen seiner geographischen Lage weniger äußeren Einflüssen ausgesetzt war, und nach der Eroberung durch die Assyrer nur noch als Kriegsbeute der verschiedenen folgenden Eroberer die Hände wechselte. (S.a. BIB:OCONNEL89 , BIB:DUDLEY91 , BIB:HERMANN77 , BIB:DERRIDA74 , p.168-169)

10.3.4. Die Achsenzeit: Von -600 bis -300
Die Zeit zwischen -600 und -300 ist aus der Perspektive des Bewußtseinshistorikers ein geschichtlicher Augenblick höchster Intensität, eine echte Wendezeit: Anscheinend sind in diesem geschichtlichen Fenster von ca. 300 Jahren die wesentlichen geistigen Weichenstellungen gemacht wurden, die die Geschicke des Planeten bis heute in Atem halten. Nach Jaspers wird diese Phase auch als Achsenzeit bezeichnet. In dieser Zeit liegt das persische Großreich der Achämeniden (-559-330), welches das erste Mal in der Weltgeschichte die Kulturen des fernen Asiens, des Zweistromlandes, Ägyptens, und Europas in Verbindung brachte. In dieser Zeit liegt das Erwachen des griechischen und abendländischen Denkens, das Auftreten der ersten griechischen Naturphilosophen: Pythagoras , Thales , Anaximander , Parmenides . Kurz danach die berühmten Philosophen der Athener Schule: Sokrates, Plato, und Aristoteles. In dieser Zeit lebte in Indien der Siddharta Gautama Shakyamuni Buddha , und gleichzeitig mit ihm und praktisch am selben Ort ein anderer, weniger bekannter, in Indien aber mindestens genauso verehrter Heiliger: Mahavira , der 24. Tirthankara der Jaina -Religion. In China lebten zu dieser Zeit Lao Tsu und Kung Fu Tse oder Konfuzius . Und in Persien lehrte Zoroaster oder Zarathustra seine Lehre vom Absoluten Dualismus zwischen dem Gott des Lichts Ahura Mazda und dem Herrn der Finsternis Ahriman . Dieses Thema trat kurze Zeit später nur wenig modifiziert als "Gott & Teufel" bzw. "Allah & Scheitan" seinen Siegeszug um die Welt an. Philosophisch gesehen liegt diesem Dualismus das Weltbild des Aristoteles , das "Tertium non Datur " und damit die gesamte heutige Wissenschaft zugrunde. (s.a. BIB:GEBSER73 , 126)

10.3.5. Das Persische Großreich
Der machtpolitisch bestimmende Hintergrund jener Zeit war das persische Reich, ein multinationales Großreich, das die Tendenzen der vorangegangenen Herrschaftssysteme Mesopotamiens (Assyriens) noch einmal erweiterte. Es war nicht mehr auf ein geographisch natürlich eingegrenztes Siedlungsgebiet wie das Zweistromland oder Ägypten beschränkt. Die vorgegangenen Kulturen wurden auch Flußtalkulturen genannt, und sogar das römische Reich war nichts anderes als das, auch wenn der "Fluß" etwas größer war: Das Mittelmeer. Im persischen Reich entstand ein Mensch, den man den kosmopolitischen nennen könnte. Die persischen Herrscher prägten in ihrem Machtwillen das erste Mal einen Menschen, der über den Horizont hinwegschaut, und die gesamte Erde zu seinem Spielball macht. Das persische Reich war nicht mehr auf die Bevölkerungspolitik des Völkermordes begründet (die man z.B. aus dem alten Testament sattsam von den Israeliten kennt (ANM:ISRAEL [170] ), und die die Assyrer kurz vorher auf eine grausame Spitze getrieben hatten, indem sie ganze Stadtbevölkerungen kurzerhand auf den Pfahl setzten). Ohne den Großmut des großen Cyrus wäre das Volk der Israeliten wohl bis heute in babylonischer Gefangenschaft geblieben, und die Bibel nie aufgeschrieben worden. Den Nationen des persischen Vielvölkerreichs wurde eine lokale Autonomie belassen, sogar die lokalen Herrscher wurden beibehalten, nur mußten sie dem Persischen Großkönig (Dem König aller Könige) Tribut und Kriegsdienste leisten. (s.a. BIB:HERRMANN77, p. 132)

Die waffentechnische Macht des persischen Reiches begründete sich auf die Eisen-Technologie. (BIB:HERRMANN77, p.134) Die Unsterblichen Zehntausend, die Elitetruppe der Perserkönige, waren in eiserne Panzer gekleidet, und mit eisernen Waffen ausgerüstet (Urbilder der Prätorianer, Janitscharen, Mameluken, Dragoner, Ghurkas, und SS-Sturmtruppen). Sie waren, wie die Panzerkeile des 2. Weltkrieges, unschlagbar. Jedenfalls solange die anderen nur Bronze hatten. Als diese aber die Technologie selber beherrschten, wurden die Perser mit ihren eigenen Waffen geschlagen. (ANM:HOPLITEN [171] ) Aber ein Reich ist nicht allein mit Waffen zu halten. Es ergab sich auch eine Weiterentwicklung in der Verwaltung. So war das persische Reich wohl die Geburtsstunde des Berufsbeamtentums. Man löste hiermit den Staat aus den Händen der Priesterschaft. Die Beamten kamen aus allen Völkerschaften des Reichs (und nicht nur aus der Aristokratenschicht des Eroberervolkes). Die damalige Zeit kannte eine sehr weise Maßnahme, mit der man dem heute so fatal unkontrollierbar wuchernden Beamtenapparat moderner Staaten eine Wachstumsbremse aufsetzte: Die Beamtenanwärter wurden vor ihrer Einstellung in den Staatsdienst kastriert. Ohne Narkose, versteht sich. Das schränkte den Andrang auf die Staatsämter auf ein vernünftiges Maß ein.

10.3.6. Das Zeitalter der Seidenstrasse
Das Erbe dieses Reiches wurde für kurze Zeit von Alexander und den Ptolemäern übernommen. Das römische Reich folgte diesen. Von der Zeit des persischen Reichs an bis zum Untergang Roms herrschte ein mehr oder weniger reger permanenter Austausch von Rohmaterialien, Fertigwaren, und Ideen zwischen den Völkern Asiens und Europas. Dies war das Zeitalter der Seidenstraße , jenes Karawanenwegs zwischen China, Indien und den kleinasiatischen Handelsstädten. So war in kultureller Hinsicht die Eroberung der Landbrücke zwischen Asien und Europa die fruchtbarste Errungenschaft des Perserreiches. Und auch wenn es die Historiker für nicht relevant oder nicht ausreichend durch Daten gesichert halten: Das neue Denken der Griechen war zu einem nicht geringen Maße durch die Weltoffenheit der damaligen Zeit, die kulturelle Liberalität des Perserreiches möglich, die wirtschaftlich-politische Verflechtung der damaligen Zeit, in der Männer wie Demokrit in alle Enden des persischen Reiches reisen konnten, und von allen Quellen der unter diesem Reich zusammengehaltenen Weisheit und Wissenschaften schöpfen konnten: Von den Priestern Ägyptens und Mesopotamiens, von ihrer Mathematik, Astronomie, Medizin, und ihrer Philosophie (die aber erst die Griechen so nannten, als sie aus den vorgefundenen kosmologischen und kosmogonischen Systemen ihr eigenes System verfertigten).
ANM:SEIDENSTRASSE [172]

10.4. Der Mythos von der arischen Rasse

@:ARIER
Ich bin Darius, der große König, König der Könige, König der Länder und Völker aller Stämme, König dieser großen Erde weithin, Sohn des Hystaspes, ein Achaemenide, ein Perser, Sohn eines Persers, ein Arier von arischem Samen.
BIB:VEDA-LOMMEL , 22

So spricht über die Jahrtausende zu uns der Geist des arischen Menschen. Einige Historiker haben in dem Horizonte überblickenden Machtwillen der persischen Könige den Prototypen des Ariers gesehen. Die Bezeichnung Arier bezieht sich auf bestimmte gemeinsame Sprach- und Kulturwurzeln der Völker von Indien bis zu den äußersten Westspitzen Portugals und Irlands, deren gemeinsamer Ursprung irgendwo in den Steppen zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer gelegen haben soll. Der Mythos der arischen Völker reicht sehr, sehr weit zurück: Ihre Herkunft soll auf die Zeit vor der letzten globalen Vereisung zurückgehen, zu der archaischen Epoche vor -10.000, als die Erdachse noch senkrecht zu der Sonnen-Umlaufbahnebene stand (dies ist ein geschichtlicher Mythos, keine wissenschaftliche Erkenntnis!). Der damalige Nordpol lag in der Gegend von Helsinki , und in diesem Land ging die Sonne nie unter, sondern zog einen gleichmäßigen leuchtenden Kreis am Horizont. Da es keine Nacht gab, gab es auch keine Wärme-Abstrahlung, und so herrschten in diesem Land paradiesische Bedingungen. Es war immer gleichmäßig warm, und eine tropische Vegetation wuchs und versorgte die Menschen mit allem Lebensnotwendigen. Durch ihre begünstigte Lage waren die Menschen dort naturbedingt die Hüter, Priester und Wahrer eines Sonnenkultes , und sie wurden die Asen genannt. Als die Erdachse den Sprung in ihre heutige Lage machte, wurde diese Gegend von einem dicken Eispanzer bedeckt, und seine Bewohner wurden in die weiten Steppen Vorderasiens vertrieben. Ihre alte Heimat nannten sie Alt-Land-Is, was später zu dem Namen Atlantis verschliffen ist.
BIB:HORRWITZ-VEDA

10.4.1. Homo T. Rex: Die Herrschaft des arischen Raubmenschen
In geschichtlicher Zeit erschienen diese Menschen aber in ganz anderer Rolle: als kühetreibende, pferdereitende Raubrasse, die die Kulturen Alt-Indiens und Alt-Europas unterjochte, und wie in Indien, eine mehrtausendjährige Herrschaft der Herrenrasse über ein Volk von Untermenschen antrat. Das persische Reich war so etwas wie eine Neuerung, die der Machtwille des arischen Menschen brachte. Hier bildete sich das erste kontinentale Großreich . Das hatte es weder in Indien noch anderswo gegeben. Statt in zersplitterte Clan-Herrschaften nach Muster ihrer Stammeskultur zu zerfallen, wie es in Indien geschehen war, fand eine Synthese zwischen der Machtstruktur des unterworfenen Reiches und dem globalen Machtwillen der Herrscher statt. Und genau diese Linie setzt sich nahtlos von Cyrus , Alexander , und Caesar zu Napoleon , Hitler und Stalin fort. Die Geschichte der Nationalstaaten Europas des letzten Jahrtausends ist dabei als ein Rückfall zu sehen, der sich aus der Feudalisierung Europas nach dem Untergang Roms ergibt. Die von den Persern gedachte Idee eines globalen Großreichs wurde von Napoleon wieder aufgegriffen, und von Hitler ein wenig weitergedacht. Wir müssen auch erkennen, daß mit der technologischen Überbrückung der Erde heute die Zeit des globalen Reiches erst wirklich gekommen ist.

10.4.2. Das Patriarchat
Der wichtigste Beitrag des Ariers zur Kulturgeschichte der Menschheit war die Erfindung des Patriarchats , also die Festsetzung der Frau als bewegliche Ware (zum Bruchteil des Werts einer Kuh). Welchen Einfluß die das Patriarchat in der Entwicklung des Denkens gehabt haben könnte, wird in dem Kapitel: "Die mythischen Strukturen" beschrieben.

10.4.3. Alkohol und der Zusammenbruch des bicameralen Bewußtseins
Die nächst größte eigenständige Kulturerrungenschaft des Ariers war die Institutionalisierung des Saufgelages. Die Griechen fanden später eine zivilisiertere Version dieser Einrichtung, die sie Symposion nannten, das Wort, das heute als Grundpfeiler des wissenschaftlichen Gedankenaustausches gilt. (Terpander ist nach Jaynes der Erfinder der Lyrik der Trinkgelage. BIB:JAYNES76 , p.282)

Julian Jaynes (siehe den Abschnitt: Julian Jaynes and the Origin of Consciology) hat sich große Mühe gegeben, einen plausiblen Grund für den Zusammenbruch des bicameralen Geistes zu finden. Ich glaube, man kann kaum einen besseren Grund finden, als die festgefügte Tradition von allwöchentlichen Vollräuschen, über einige hundert bis tausend Jahre hindurch fortgesetzt. Alkohol überwindet die Blut/Gehirn-Schranke mühelos, und sein Einfluß auf das Erbgut ist zur Genüge wissenschaftlich bewiesen. Nicht umsonst hat die katholische Kirche den Alkohol zum Sakrament erklärt. "Dies ist mein Blut, das ihr trinken möget zur Vergebung der Sünden". Über die Vergebung der Sünden kann man sich streiten, daß Alkohol als amnesisches Agens zumindest ein Vergessen bewirkt, scheint in diesem Kalkül nicht ohne Belang gewesen zu sein. Die Gretchenfrage aber ist: Was sollte sonst noch vergessen werden?

10.4.4. Die blutige Spur des Homo T. Rex durch die Geschichte
Dies ist in einer kurzen Skizze der Kulturmythos des arischen Herrenmenschen, den sich einige Historiker des vergangenen Jahrhunderts ausgedacht hatten, der dann von den Nazi-Ideologen zu einem mythologisch viel klareren Typ ausgeschlachtet wurde, und der von Bornemann in seinem "Patriarchat " hier und da noch ein wenig nachgezeichnet wurde (BIB:BORNEMANN75 ). Dieser Kulturmythos zeigt uns, auch wenn es wohl nie so etwas wie eine biologische Rasse des Ariers gegeben haben mag, die charakteristische Linie der Menschenrasse, die heute die Erde beherrscht, und diese behandelt, als sei sie sein patriarchalisches Eigentum, ihm gegeben zum Schalten und Walten, zum Handeln und Mißhandeln, zum Schlachten und Ausschlachten, ganz nach seinem Belieben. Machet euch die Erde untertan, vergewaltigt und raubt ihre Kreaturen, zerschmettert jeden Widerstand, der sich euch in den Weg stellt, mit Thors Hammer und Indras Blitzen, mit Bulldozern, Lenkraketen, und Atombomben! Und so ist der schwarze Mythos vom Arier der Kernmythos unserer heutigen Menschheit, des Homo T. Rex , wie wir ihn in der Einführung genannt haben, das fürchterlichste Raubtier des Universums, der wirkliche Name der Raubrasse, die heute die Erde vergewaltigt. Es mag ihn zwar geben, den Homo Sapiens, aber der ist heute ein rezessives Element, nichts als ein Feigenblatt, ein Alibi, hinter dem sich der Homo T. Rex versteckt. (ANM:ARIER [173] ) )

10.4.5. Sapientia kein Attribut des Homo terrestris
Wir müssen hier jetzt eine dringend nötige Sprachkorrektur betreiben, und den Homo Sapiens von einem Ballast befreien, mit dem er sich unnötigerweise die letzten 50.000 Jahre herumgeschleppt hat: Die Einbildung, sich nach der Eigenschaft benennen zu wollen, die er nun wirklich am wenigsten besitzt: Sapientia . Die Weisheit. Stattdessen wollen wir dieses vorhandene und abzulösende Menschengeschlecht nach der Eigenschaft benennen, mit der es sich bisher am markantesten auszeichnete: Homo Tyrannus Rex , Der Raubmensch , oder Der Arier wie er in der Nazi-Propaganda so treffend herausstilisiert wurde. (S.a. @:ARIER , den Abschnitt: "Homo T. Rex : Die Herrschaft des arischen Raubmenschen"). Das Attribut Sapiens sollte so lange reserviert bleiben, bis eine Menschenrasse den Beweis erbracht hat, daß sie wirklich Weisheit besitzt.

10.4.6. Der rezessive Menschentyp des Nichtseienden
Issa ben Jussuf , den man (ob er wollte oder nicht) zum Messias und zum Chrestos gemacht hatte, hat in seinen Aussprüchen den Menschentyp des Nichtseienden sehr genau charakterisiert. "Sorget euch nicht um Kleider, Wohnung etc. sondern seid wie die Lilien auf dem Felde", "Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder", "Suchet zuerst das Königreich Gottes" etc. Das einzige, was er nicht getan hat, war, eine Anleitung zu geben, wie dieser Menschentyp, anders als in der Erinnerung seiner Hinterbliebenen, auch überleben konnte. Und darin hat er ein sehr eindrucksvolles Beispiel vorgemacht. In der Tat hatte dieser Menschentyp in der Vergangenheit äußerst schlechte Überlebenschancen. Bei einer Kindersterblichkeit von 50 % in früheren Zeiten kam er normalerweise nicht bis ins reproduktionsfähige Alter. In den Märchen wird dieser Menschentyp als der naive, der einfältige, der überzählige Sohn beschrieben, der, von allen verlacht und gehänselt, dann trotzdem die Prinzessin gewinnt - allerdings nur im Märchen. Im wirklichen Leben wurde er, wenn er Glück hatte, ins Kloster abgeschoben. Wenn er es dann doch ins Alter des produktiven Erwachsenseins geschafft hatte, fand er sich dann nicht selten am Kreuze (wie Issa ben Jussuf), auf dem Scheiterhaufen, oder bei jenen netten Herren in den weißen Kitteln wieder. Nur wenige Menschen sind uns bekannt, denen es gelang, das Nicht-Seiende durch ein Leben in der Welt des Seienden hindurch zu retten und zu kultivieren, und auf der physischen und metaphysichen Ebene gleichzeitig erfolgreich zu sein. Cusanus ist vielleicht einer, der das am erfolgreichsten geschafft hatte. In den östlichen Kulturen hatte es dieser Menschentyp etwas leichter: Dort hatte man dem Nicht-Seienden einen Platz geschaffen, in dem es leben und sich entwickeln konnte.

10.5. Die Natur des Mentaten

@:NATUR
Was ist also die Natur des Mentaten? Wie oben gesagt, ist der Mentat der Menschentyp, der existentiell auf der Basis des Nicht-Seienden lebt. Dieser Typ war bisher, wenn er es schaffte, zu überleben und in Erscheinung trat, nur als Mystiker, Künstler, oder Poet aufgetreten, und hatte so eine manchmal spektakuläre, oft tragische, Erscheinung gehabt, aber selten eine dauerhafte Wirkung. Er war bestenfalls ein phantasievoller Träumer, der aber selten in der Lage war, seine Visionen auch umzusetzen. Dazu fehlte ihm die handgreifliche, bodenständige Verankerung im Seienden. Und wenn er einmal etwas Brauchbares gefunden hatte, dann fanden sich meist seine hilfsbereiten Zeitgenossen ein, die ihn bereitwilligst um die Früchte seiner Arbeit erleichterten. Wieviele große Komponisten, Maler, Dichter und andere Künstler mußten nicht in bitterster Armut und Umnachtung sterben, um dann nach ihrem Tode von geschäftstüchtigen Verwertern "entdeckt" zu werden. Die Kunst als Objekt der Spekulation und des Kapitals ist immer dann am sichersten, wenn der Künstler keine neuen Werke mehr produzieren kann, und den Preis der vorhandenen damit drücken kann.

Das Denken des Nichtseienden oder "Leerstellendenken" hat ein großes Manko: Es ist immer in Gefahr in das bodenlose Absolute des mystischen All-Einen abzurutschen. In die Nacht des Absoluten zu fallen, in der alle Katzen grau sind, wie Hegel es sagte, und wo viele seiner Kollegen (wie Nietzsche) auch gelandet sind. Wenn es aber möglich ist, die formalen strukturellen Hilfsmittel des wissenschaftlichen Denkens zu benutzen, dann hat der Mentat eine entscheidende Fähigkeit, die ihn vor dem Menschentyp des Seienden auszeichnet:

10.5.1. Das Denken der Reinen Struktur
@:STRUKTUR
Der Mentat ist fähig, das Leerstellendenken zu denken, die Struktur, die reine Struktur, und Nichts als die Struktur zu denken, zu manipulieren, und umzusetzen. (ANM:MENTAT-EID [174]) Der entscheidende Schritt auf diesem Wege ist die Verfügbarkeit des Symbolators (heute noch konventionell Computer genannt). (Siehe auch den Abschnitt: "Der Symbolator : Die neue Dimension des Denkens", @:SYMBOLATOR )

10.5.2. Denken und neuro-physiologische Strukturen im Gehirn
Die Fähigkeit zum Denken setzt physiologisch im Gehirn temporäre Muster voraus, die sowohl eine gewisse Stabilität von einigen Minuten Dauer haben, um einen Denkrahmen zu bilden, als auch so flexibel für Veränderungen sind, daß neue Denkschritte in einem Takt etwa der Größenordnung von einer Sekunde möglich sind. Das Lernen nach der Pawlowschen Methode des bedingten Reflexes kann ohne weiteres als eine recht permanente Verschaltung von Synapsen im Gehirn angesehen werden. Eine solche Verschaltung kann aber nur innerhalb von Tagen wachsen, und demgemäß auch nur innerhalb eines solchen Zeitraumes wieder abgebaut werden. Dies wäre aber für Denkvorgänge um ein bis zwei Größenordnungen zu langsam. Es kann sich beim Denken nur um neuro-elektrische und neuro-chemische Strukturen im Gehirn handeln. Genau an diesem Punkt steht im Augenblick die moderne Gehirnforschung vor einer Mauer, da man bisher noch keine Methode gefunden hat, diese extrem subtilen Strukturen zu identifizieren, und ihre Veränderung zu untersuchen, während das Gehirn seine Arbeit tut. Aber genau hier liegt die Fähigkeit des Denkens.

10.5.3. Neuro-physiologische Strukturen und philosophische Grundbegriffe
Wie später noch eingehender gezeigt werden soll, stehen die neuro-elektrischen und neuro-chemischen Vorgänge im Gehirn, mit denen sich solche dynamische, für das Denken brauchbare Strukturen bilden, in einem engen Zusammenhang mit den uralten philosophischen Problemen des Seienden und des Nichtseienden, und gleichfalls mit den verwandten Problemen von Form und Stoff , Hyle und Morphe , wie Aristoteles es genannt hat. Vielleicht sind solche gehirnphysiologischen Vorgänge sogar direkte Auslöser für diese alten philosophischen Kontroversen, die nie jemand entscheidend beilegen konnte.

Der entscheidende Faktor ist nun dieser: Wie sehr ein Mensch dem Seienden oder dem Nichtseienden zugeneigt und zugeordnet ist, hängt von der Stabilität solcher Neuronen-Strukturen ab. Und hier ergibt sich ein entscheidendes Manko des Menschen des Nichtseienden. Bei ihm sind diese Strukturen anscheinend so flüchtig, daß er beständig die Grenzen des Gedachten verwischt, in dem Prozess, Neues zu denken. Dadurch verliert dieses Denken seinen Halt, und stürzt ins bodenlose Absolute ab. Ein Gegentyp wäre der sprichwörtliche Typ des Bauern, wie er so treffend in jenem alten ostfriesischen Sprichwort charakterisiert wird: "wat de Bur nich kennt, dat frett hei nich". Dort könnte man sagen, vollzieht sich Denken nur auf der Basis von fest eingewachsenen Synapsen, sprich konditionierten Reflexen.

10.5.4. Der Symbolator als Denkprothese
Das heutige Denken des Wissenschaftlers und besonders das extrem formale mathematische Denken erfordert dabei eine extreme Spezialisierung des Denksystems, das, wie man sehen kann, automatisch 90 % der Bevölkerung ausschließt, nicht etwa, weil diese zu dumm sind, sondern weil sie physiologisch nicht in der Lage sind, die geeigneten Denkstrukturen zu bilden.

Nun gibt die heutige Technologie in Form des Symbolators (ehemals Computer) die Möglichkeit von Denkprothesen . In der richtigen Konfiguration läßt sich ein Symbolatorsystem verwenden, um Denkvorgänge, die man nicht im Kopf behalten kann, in der Maschine zu stabilisieren. Dies ist im Grunde nichts anderes als was man schon seit langem anwendet, wenn man eine stellenwertbezogene Multiplikationstechnik anwendet, nur erlaubt es der Symbolator , viel komplexere Zusammenhänge zu kombinieren und zuverlässig zu verwalten. Diese Möglichkeit läßt sich nun von Menschen anwenden, die ansonsten nicht oder nur unter sehr großen Schwierigkeiten in der Lage wären, solche formalen Operationen durchzuführen: Eben der obengenannte Mentat.

Um es zusammenzufassen: Nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis kann der Denkprozess auf keiner anderen Basis gesehen werden als neuro-elektrische und neuro-chemische Muster im Gehirn. Die Fähigkeit und Effizienz des Denkens hängt von der Stabilität und Modifizierbarkeit dieser Strukturen ab. Bestimmte Formen des formalen Denkens waren bisher von bestimmten Menschentypen nicht durchführbar, weil ihre Denkstrukturen keine ausreichende Stabilität hatten. Andererseits ist die Stabilität, die unbedingt nötig ist, um bestimmte Denkoperationen auszuführen, wiederum ihr eigenes Hindernis, da immer der Inhalt des Gedachten, sein Seins-Teil und die Form oder Struktur, sein Werden-Teil im (physiologisch-neurologisch begründeten) Widerstreit liegen.

10.5.5. Die Physiologie des Denkens der Reinen Struktur
Und nun kommt die Schlußfolgerung des Ganzen: Der Menschentyp des Seienden, der herkömmlich dominanten Prägung, ist physiologisch nicht in der Lage, das Denken der Reinen Struktur durchzuführen. Bei ihm wird das Denken des Seienden offensichtlich oder versteckt immer in den Prozess eingemischt. Dies hat aber eine ganze Reihe von äußerst fatalen Folgen. Wie weiter unten gezeigt werden soll, ist die Vermischung des Denkens des Seienden mit dem Denken der Struktur das größte, wenn nicht das einzige Problem der heutigen Menschheit. Und diese Menschheit kann, da sie nichts anderes gelernt hat, als noch mehr von dem zu denken, was sie ohnehin schon denkt, nichts anderes tun als sich ihr eigenes Grab zu schaufeln. Die Reine Struktur kann nur von dem Menschen des Nichtseienden gedacht werden. Die Dimension des Mythos ist hierbei nicht von der Struktur verschieden. Das Denken des Kosmischen Bewußtseins ist nichts anderes als das Eintauchen in das Absolute Nicht-Seiende. Die Vision des Messias war die eines anderen Menschentyps, der aufgrund seiner Fähigkeit, das Nichtseiende zu denken, die lebendige Basis der Verbindung mit dem Transzendenten oder Numinose zu geben. Diese Verbindung ist der heutigen Menschheit völlig abhanden gekommen.

Der Mentat ist der Mensch der essentiellen Leere . Nur ein solcher Menschentyp kann sich in der Absoluten Leere bewegen. Nur er ist in der Lage, die Leere des Weltraums zu überwinden, er ist der Navigator der Hyperräume des Bewußtseins. Nur er ist in der Lage, die Verkörperung des kosmischen, des trans-humanen Bewußtseins zu übernehmen. Hier ist eine neue Version des Nadelöhrs, von dem Issa Ben Jussuf gesprochen hatte, durch das die Menschen des Seienden (die Reichen) nicht, um keine Anstrengung, hindurch gelangen können.

Dieser Mensch existiert, in seinen Anlagen, schon heute. Ein gewisser Prozentsatz der heute geborenen Kinder verfügt über diese Fähigkeiten. Nach Erreichen des 14. Lebensjahres ist es dann aber den wohlmeinenden Eltern, Erziehern und Priestern unserer Zivilisation in dem Bemühen, ihm eine möglichst gute Startchance in dem Rattenrennen des Kampfs aller gegen alle zu geben, meist erfolgreich gelungen, ihm jedes Bewußtsein und jede Erinnerung an diese Fähigkeiten abzutrainieren. Seine Neuronen sind aufgrund der Verküppelungen, die er in seiner "Erziehung" erfährt, verkümmert und verkrustet, und dann ist er reif und fähig, ein nützliches Glied in dieser Gesellschaft, ein nützliches Rädchen in ihrem Getriebe zu werden. Da dieser Typ aber in keiner Weise die Brutalität und Durchsetzungsfähigkeit des "erfolgreichen" Menschentyps des Seienden erreichen kann, wird sich seine Nützlichkeit bestenfalls auf eine Karriere in der Alten- oder Krankenpflege, oder als Schadenssachbearbeiter in einer Versicherung beschränken (wie Franz Kafka).

10.6. Das heutige Denken als Zwischenstadium

Was wir 'wissenschaftliches Denken' nennen, ist eine spezielle Entwicklung des westlichen indoeuropäischen Sprachtypus, der nicht nur eine Reihe verschiedener Dialektiken, sondern auch eine Menge verschiedener Dialekte oder Fachsprachen entwickelt hat.
(BIB:WHORF56 , p.46)

Wesentlich ist, daß dieses Denken, das die Welt heute so bestimmt, nicht ein Endstadium ist, mit dem nun die Erdgeschichte für alle Zeiten weitergehen wird. Im Gegenteil: Diese Schrift hat den wesentlichen Zweck, auf kommende Formen des Denkens hinzuarbeiten, das Sich- Herausentwickeln neuer Denkformen aus den Bestehenden zu ermöglichen, selber ein Schritt auf dem Wege des neuen Denkens zu sein. Eine solche Entwicklung kann ohne das wirkliche Wissen und die bewußte Teilnahme der Träger (der Menschen) ablaufen, wie es wohl in den früheren Zeitaltern passiert ist. Erst viel, viel später stellt dann irgendjemand fest: "Aha, da hat sich etwas sehr grundlegendes verändert. Was war es, das sich da verändert hat?" Heute aber vollzieht sich die Entwicklung anders: Das Denken ändert sich und es weiß, daß es sich ändert. Es weiß nur nicht, wohin. Die alten Formen des Denkens leisten der Veränderung Widerstand. Gesellschaftlich wie individuell. Die Gesellschaft wird beherrscht von den Mächten, die ihre Macht darauf begründen, das alles so bleibt wie es ist. Wechsel, Evolution und Entwicklung sind Gefahr für die bestehenden Machtstrukturen. Sie sind Quelle der Angst und Unsicherheit für die Menschen, die sich sicher fühlen wollen mit all dem, was sie schon kennen, was sie von Kind an gewohnt sind, worin sie ihre Kinder aufziehen wollen. Die meisten Menschen ziehen eine Sicherheit des Bekannten einem Unbekannten vor, auch wenn diese Sicherheit große Kosten fordert (z.B. Menschenopfer, wie im aztekischen Reich) oder sogar das ganze System sichtbar zusammenbricht, wie heute. Auch wenn ein Einzelner sich von diesem Sog des Gewohnten freimachen möchte, so leisten seine inneren Strukturen Widerstand: Das Denken beruht auf neuronalen Mechanismen, und diese Mechanismen sind in eine Matrix von Zell-verbindungen, den Synapsen eingewoben. Um Denken zu ändern, müssen diese Synapsen andere Muster erhalten.

10.6.1. Der schmale Strahl der Lampe des Denkens
Das logische Denken unserer Zivilisation, das wir von den Griechen geerbt haben, ist ein ungeheuer mächtiges Instrument. Seine Klarheit wirkt wie der Strahl einer Lampe und erhellt alles, worauf sich dieser Strahl richtet. In dieser Klarheit vergessen wir aber oft, daß diese Lampe nur einen begrenzten Lichtkegel hat: Wir sind wie ein Mensch mit einer Taschenlampe in einem völlig dunklen, riesigen Wald. Das, worauf er seine Taschenlampe richtet, kann er sehr klar und deutlich sehen. Was vom Licht der Lampe beschienen ist, ist in der Analogie das, was sich unserem Bewußtsein als Denk-Inhalt offenbart. Aber der Lichtkegel der Lampe ist extrem schmal, und wir vergessen zu schnell, wie schmal er ist, und glauben dann, nur das, worauf sich dieser Lichtkegel gerade richtet, sei die Wirklichkeit.

Das logische Denken muß eine Möglichkeit erhalten, auch das in irgendeiner Weise zu gegenwärtigen, was es nicht erfassen kann. Wenn es das nicht tut, ist es defizient, und gefährlich. Das große Leiden unserer heutigen Zeit liegt in diesem Problem. So muß, bevor man daran Denken kann, das Denken zu erweitern, ersteinmal ein Raum, ein Platz, oder eine Leerstelle geschaffen werden, für das, was wir nicht Denken können. Diese Leerstelle nennen wir hier in der Sprechweise des Kenomén auch Den Mythos. Diese Verwendung des Wortes Mythos beruht auf Arbeiten von Campbell und Gebser , auch wenn sie eine etwas andere ist als bei ihren Autoren (BIB:GEBSER73 , BIB:CAMP72 ). Das Denken läßt sich nur be-trachten, wenn seine Einbettung in das Nicht-Denkbare, den Mythos immer be-achtet wird.

10.6.2. Jean Gebser
Jean Gebser arbeitete 1932 bis 1947, und mit späteren Überarbeitungen, bis 1965, an seinem Monumentalwerk "Ursprung und Gegenwart ". (BIB:GEBSER73 ) Das Vorwort zu seinem Buch drückt mit prophetischer Klarheit seine tiefe Sorge über die Krise der Menschheit aus, deren Ursachen er in der Geistesentwicklung erkannt hat.

Die Krise unserer Zeit und unserer Welt bereitet einen vollständigen Umwandlungsprozeß vor, der, vorerst noch autonom, einem Ereignis zuzueilen scheint, das von uns aus gesehen nur mit dem Ausdruck "globale Katastrophe " umschrieben werden kann, das, von einem nicht bloß anthropozentrischen Blickpunkt aus gewertet, sich als eine Neukonstellation planetaren Ausmaßes darstellen muß. Und wir sollten uns mit der gebotenen Nüchternheit durchaus darüber im klaren sein, daß uns bis zu jenem Ereignis nur noch einige Jahrzehnte verbleiben. Diese Frist ist durch die Zunahme der technischen Möglichkeiten bestimmt, die in einem exakten Verhältnis zu der Abnahme des menschlichen Verantwortungsbewußtseins steht. Es sei denn, es träte wirkend ein neuer Faktor in Erscheinung, der dieses bedrohliche Verhältnis überwände. Auf diesen neuen Faktor, auf diese neue Möglichkeit hinzuweisen und ihn darzustellen, ist Aufgabe dieses Werkes. Denn gelingt es nicht - oder: kann und soll es nicht gelingen -, daß wir diese Krise durch unsere eigene Einsicht überstehen und damit der heutigen Erde und der heutigen Menschheit durch eine Wandlung (oder Mutation) den Weiterbestand für kürzere oder längere Zeit erwirken, so wird die Krise uns überstehen. Mit anderen Worten: entweder überwinden wir die Krise, oder sie überwindet uns. Doch es überwindet nur, wer sich selber überwand. Entweder werden wir aufgelöst und ausgeteilt, oder wir lösen auf und erwirken die Ganzheit. Mit anderen Worten : entweder erfüllt sich die Zeit an uns -, dann heißt das Ende und Tod für unsere heutige Erde und ihren Menschen; oder es gelingt uns, die Zeit zu erfüllen -, dann heißt das Ganzheit und Gegenwart, dann heißt das Erwirkung und Wirklichkeit der Ganzheit von Ursprung und Gegenwart. Und damit: gewandelter Weiterbestand, in dem nicht der Mensch, sondern die Menschheit, in dem nicht der Geist, sondern das Geistige, in dem nicht der Anfang, sondern der Ursprung, in dem nicht die Zeit, sondern die Gegenwart, in dem nicht der Teil, sondern das Ganze Bewußtheit und Wirklichkeit werden. Und es ist das Ganze, das im Ursprung gegenwärtig und in der Gegenwart ursprünglich ist.
BIB:GEBSER73 , p. 15,16



[169]ANM:WISSBAR
Die Zeit von der vermuteten Entstehung der biologischen Spezies "homo xxx" vor ca. 2 Millionen Jahren bis zu etwa -7000, also die weitaus längste Periode der menschlichen Existenz auf diesem Planeten, war eine Periode reger menschlicher Aktivität und kulturellen Schaffens. 99% der kulturellen Schöpfungen der damaligen Menschen waren entweder in Form von Rhythmen, Gesängen, und Ritualen, Geschichten und Mythen, oder in Form von Gegenständen, die aus verwitterbarem Material gemacht worden waren: Holz, Pflanzenfasern, Fell, Leder und Federn. Weniger als 1 % der kulturellen Schöpfungen waren aus haltbarem Material, Stein gemacht. Weil aber nur diese steinernen Relikte zu uns herübergekommen sind, hat man dieses Zeitalter "Steinzeit" genannt, und in weiten Kreisen (und nicht nur bei den Laien) stellt man sich dieses Zeitalter als ein primitives vor, in dem die Menschen dumpf dahinvegetierten, und gegen deren Zustand sich unser heutiges technisches Zeitalter wie der Himmel auf Erden ausnehmen soll. Eine auch einigermaßen aufrichtige Beschäftigung mit einem Thema wie diesem muß immer mit dem Satz beginnen: "Wir können aufgrund der Umstände der Dokumentation nur 0,1% der damaligen Umstände bestenfalls nur grob und schemenhaft zu begreifen hoffen, und wir müssen daher eine Leerstelle einrichten, die wir in allen unseren Überlegungen sichtbar mitführen müssen, als sichtbares Zeichen, daß wir hier einen so riesigen Bereich haben, den wir nie werden wissen können."
[170]ANM:ISRAEL
Siehe hierzu z.B. BIB:DESCHNER-KRIMI, Bd. 1, 71-116: "Der Auftakt im Alten Testament". Hier finden wir in aller Ausführlichkeit die delikaten Stellen aus der Bibel, die anscheinend die Nachkriegsbearbeiter in der modernen "überarbeiteten" Versionen als für zu grob für das "gesunde Volksempfinden" festgestellt haben. Stellen, die allzu verdächtig an eine biblische Vorversion der Nazi-Heizöfen erinnern -- z.B.: "David verbrannte die Gefangenen in Ziegelöfen" wird modern übersetzt als: "David ließ sie an Ziegelöfen arbeiten". p. 86-87.
[171]ANM:HOPLITEN
So -490 bei Marathon. Hier sind allerdings noch andere Faktoren wirksam. Einer davon ist die Taktik. Die Griechische Taktik war das Hoplitencorps, Fußtruppen, die mit langen Speeren bewaffnet waren, gegen die die Reiterei nicht ankam, solange es noch keine Steigbügel gab. Die komplizierte Balance of Power von Waffen und Taktik wird von O'Connell ausführlich behandelt.

In 401, Cyrus, the renegade brother of Artaxerxes the great king, had hired thirteen thousand Greek hoplites (among them Xenophon)... In the showdown at Cunaxa, Cyrus had been killed, but the Greek elements of his army retained their integrity, having plowed through the entire Persian left wing without suffering a single casualty... They managed to fight their way across nearly a thousand miles of hostile territory to the Black Sea, where they sailed again to Greece.
BIB:OCONNEL89, p.62
[172]ANM:SEIDENSTRASSE
Über den nördlichen Steppengürtel und damit durch die Gebiete der dort ansässigen Stämme und Völker verliefen aber auch über die Jahrtausende die hauptsächlichsten Verbindungen Chinas zur vorderasiatisch-europäischen Welt.

Durch die südlich der Gobi gelegene Steppenzone führten Karawanenwege und Nomadenzüge nach Westen, bis an die Vorberge des Tienschan-Gebirges. Der Tienschan teilte die Wege. Die Karawanenstraßen und Handelsrouten leitete er nach Süden... Vor dort ließen sich die mittelasiatischen Oasengebiete, vor allem aber das afghanisch-iranische Hochland erreichen. Hier jedoch war der Anschluß an das vorderasiatisch-ägäische Zentrum der Weltgeschichte hergestellt. Über Jahrtausende lief die sogenannte Seidenstraße über diese Trasse vom Flußgebiet des Hwangho bein Dunhuang nach Mittel- und Vorderasien.

Die Steppenstämme bildeten gewissermaßen eine große Klammer der Alten Welt und ritten - im wörtlichen Sinne - für die Weltgeschichte Rennbahnen zwischen Ostasien, Vorderasien und Europa. Diese "Rennbahnen" beförderten nicht nur kriegerische Fracht, sondern sie wurden zu Straßen des anthropologischen, wirtschaftlichen und kulturellen Austausches.
BIB:HERMANN77, p.106-107
[173]ANM:ARIER
Dieses Bild setzt sich durch die Geschichte fort, und führt immer und immer wieder zu gewaltigen Orgien von Blutbädern, Massenversklavungen, und Naturvergewaltigungen, sei es bei den Kreuzzügen, der Eroberung Südamerikas durch die Spanier, bei der ca. 20 bis 100 Millionen Menschen geschlachtet und durch Seuchen exterminiert wurden, sei es bei der Eroberung des nordamerikanischen Kontinents, in deren Verlauf 2 bis 10 Millionen Menschen geopfert wurden, sowie Tiere und Pflanzen in industriellem Maßstab "verheizt" wurden. Hier erfuhr dieser Archetyp noch einmal eine sehr klare Durchzeichnung in der Form des Cowboy (verkörpert so treffend von John Wayne): Ye hard Ridin', hard Fightin' hard Drinkin' Western Heroes. Die Western-Groschenromane und -Filme sind nichts anderes als immer wieder aufgewärmte und nachgezeichnete Versionen dieses ur-alten Mythos. Auch hieran kann man sehen, daß der Mythos einer organisierten Produktionsweise zugänglich ist.
[174]ANM:MENTAT-EID
Die strukturelle Identität mit der Eidesformel ist weder zufällig noch absichtslos. Dies ist der Eid des Mentaten: "Ich denke die Struktur, die reine Struktur, und nichts als die Struktur."

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