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Noologie, Teil III: Eine Strukturtheorie von Wissen und Macht

@ :WISSEN_MACHT

0. Vorwort

Der folgende Themenkreis der Noologie enthält eine eigenständige Diskussion zu den Themen von "Wissen und Macht". Zuerst werden die Grundbegriffe von Gregationen, Koalitionen und Koaleszenzen entwickelt, und dann das Instrumentarium ihrer Steuerung, der Macht. Die Zentralthese ist, dass Macht dann am wirkungsvollsten ist, wenn sie in ihrem Wirken möglichst unsichtbar bleibt. Dies ist z.B. der Fall, wenn sie sich als die "unsichtbare Hand des Marktes" darstellt, oder als "Macht der sanften Hand", wie z.B. in der Taoistischen Chinesischen Staatstheorie des Lao Tse. Die Taoistische Theorie bedeutet, dass der wahrhafte Meister der Macht wie die Wolken regiert und sich durch nichts bemerkbar macht. In einer ähnlichen Form ist dies in der nordischen Mythologie als "die Fessel des Fenris-Wolfs" bekannt. Dieser repäsentiert die Mächte des Chaos, und durch seine Bändigung gelang es den Kräften von "Recht und Ordnung", die jetzt herrschenden Prinzipien des Kósmos zu installieren. Im weiteren werden die Konzepte und Beispiele von alten und neueren Strategien des Informations-Krieges eingeführt, die vor allem mit den technologischen Medien möglich sind.

1. Einleitung. Vom Wissen zur Macht

Ein Neo-Macchiavelli'sches sozio-kybernetisches Traktat
zur Theorie-Fundierung des Informations-Krieges
und zur Institution der Wissens-Herrschaft

1.1. Ist Wissen Macht? oder: Was macht Wissen zur Macht?
Erst die Erfahrung hat gelehrt und erst am Ende der ganzen Entwicklung, daß Rechte des Volkes und Einfluß des Volkes zweierlei sind. Je allgemeiner das Wahlrecht, desto geringer wird die Macht einer Wählerschaft.
Spengler (1980, 1131)

Der Baconsche Aphorismus "Wissen ist Macht" ist zwar ein griffiges Schlagwort, aber er gilt uneingeschränkt nur in seiner Umkehrung [564]: Ohne Wissen ist Machtausübung und -Erhalt unmöglich. [565] Auf ähnliche Weise wie das ebenso griffige Schlagwort "Alle Macht geht vom Volke aus" erlaubt diese Formulierung eine komfortable Kaschierung der genaueren Verhältnisse und Methoden, wer unter welchen Umständen welche Art von Wissen auf welche Weise zur Fundierung und Sicherung seiner Macht einsetzt. In erster Näherung dreht sich die Fragestellung um die Thematik des Herrschaftswissens, und wie sich dieses vom Alltagswissen, oder Profanwissen abhebt. Gleichzeitig ist zu vermerken, daß die Macht des Wissens eine andere Art von Macht ist, als die aus konventionellen Sozio-Theorien der gesellschaftlichen Macht bekannten Definitionen. [566] Diese Andersartigkeit soll in der folgenden Darstellung auf der Basis eines sozio-kybernetischen Prinzips der gesellschaftlichen Macht formuliert werden. [567] Demnach wird die konventionelle Macht als Macht-I (die mittelbare Macht) bezeichnet, [568] und davon abgegrenzt eine Klasse der Macht-II [569] (die unmittelbare Macht) oder sozio-kybernetische Macht im engeren Sinne. Auf Basis des sozio-kybernetischen Prinzips soll die weitere Diskussion auch die prinzipiellen und systematischen Limitationen konventioneller sozialwissenschaftlicher Theoriebildungen zu erfassen suchen. [570]

Als Diskussions-Hintergrund dienen die in der Literaturliste aufgeführten Werke und Beiträge, ausgehend von den eher historisch- soziologisch- und geisteswissenschaftlich ausgerichteten Arbeiten von N. Macchiavelli , A. Schopenhauer , F. Nietzsche , T. Veblen , K. Wittfogel , M. Weber , W. Sombart , G. Lenski , O. Spengler , E. Gellner , P. Feyerabend, mit neueren anthropologischen, systemtheoretischen, medientheoretischen, thermodynamischen, und evolutionsbiologischen Ansätzen von J. Beniger , H. Bloom , R. Carneiro , D. Chandler , J. Diamond , M. Erdheim , H. Fischer , L. Gumilev , I. Illich , H. Innis , M. McLuhan , N. Luhmann , H. Mühlmann , L. Mumford , J. Neirynck , D. Root , J. Skoyles , H. R. Smith , H. Spencer , G. Stein , und D. Straub .

1.2. In Memoriam Niccolò Macchiavelli
@ :PRINCIPE
Der "Principe" von Niccolò Macchiavelli [571] erschien 1513, damit naht schon bald das 500-jährige Jubiläum dieses bahnbrechenden Werkes zur theoretischen Fundierung der Macht- und Herrschafts-Ausübung. [572] Niccolò Macchiavelli hatte es unternommen, das brutale und blutige Thema der Macht "an sich" einer Analyse zu unterziehen, ohne sie mit den sonst üblichen Euphemismen zu verschleiern und zu verschönern. [573] Zu seiner Zeit war Herrschaft in Europa ja noch eine Angelegenheit der gottgewollten "Heiligen Ordnung" (Hiero-Archia), und der einvernehmlichen Zusammenarbeit (Entente Cordiale) [574] von Aristokratie, Königen und Kaisern, mit den Vertretern Gottes auf Erden, der Kirche und ihrer Hierarchie, von den Mönchen, Priestern, Bischöfen, bis zum Papst. So war seine Darstellung für die damalige Zeit schockierender und radikaler, als wir heute vermuten würden, und für die Menschen des anbrechenden 21. Jahrhunderts erscheint der Gang der Geschichte der letzten 500 Jahre kaum mehr als eine recht buchstabengetreue Durchführung der Macchiavelli'schen Doktrinen, besonders ersichtlich an dem kometenhaften Aufstieg von "Führer"-persönlichkeiten bzw. Massenschlächter, wie Napoleon, Hitler, Stalin, Pol Pot, und ihren etwas weniger spektaklären aber nicht weniger blutigen Nachahmern des vergangenen Jahrhunderts, mit denen vor allem der afrikanische Kontinent in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts so überreich "gesegnet" war.

So haben sich also die von ihm formulierten ewig-menschlichen, allzu menschlichen Prinzipien im Gang der Geschichte als völlig zutreffend erwiesen, [575] aber einige der Mittel haben sich gewandelt. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts können wir sagen, die Menschheit steht an der Schwelle eines anbrechenden neuen Zeitalters, des "Brave New Age" eines globalen und universalen "Information War", des Neo-Polemos. Während zu Macchiavellis Zeiten die Ausübung von Macht und Herrschaft großenteils noch auf dem Faustrecht beruhte, ist in der heutigen Situation der Einatz brachialer Methoden zugunsten von subtileren Techniken in den Hintergrund getreten. Heutige Macht beruht vor allem auf Wissen, und ist in Wissen eingekleidet. Unter diesen Umständen erscheint es angebracht, eine Nachfolgeschrift zu diesem in Insiderkreisen so geschätzten und in der praktischen Anwendung so bewährten kleinen Tractatus zu entwerfen. Auch wenn es eine reichhaltige Literatur zum Thema der gesellschaftlichen Macht gibt so gibt es wahrscheinlich keinen Wissensbereich, der tiefer und effektiver verschleiert ist, als das Wissen der Macht. Das ist naheliegend, denn nur die Differenz des Wissens erlaubt seine Umformung in Macht. [576] Wissen, das allgemein verfügbar und nutzbar ist, ist als Machtinstrument nicht brauchbar.

2. Umrisse einer Sozio-Kybernetischen Theorie

@ :SOZIO_KYBERNETIK
Im folgenden Abschnitt sollen die wesentlichen Konturen einer sozio-kybernetischen Theorie umrissen werden, die auf Macht- und Herrschaftssysteme anwendbar ist. Genauere Ausführungen und Vertiefungen dazu werden in späteren Abschnitten gebracht. [577]

Sozio-Kybernetik wird definiert als:
Die Systematik der Steuerung von Kooperation in Koalitionen. [578]

Eine Koalition ist ein operationales Konstrukt, d.h. sie existiert zu dem Zweck, die Ko-Operation ihrer Konstituenten (Agenten, Mitglieder, Teilnehmer, Teilhaber, etc.) zu ermöglichen und zu organisieren. Der Begriff Sozio- Kybernetik wird gewählt, um das vorgestellte System von den bekannten naturwissenschaftlich-mathematischen Formulierungen von Kybernetik abzugrenzen, wie sie von Norbert Wiener (1982) ursprünglich formuliert worden sind. [579] Diese Art der Kybernetik betrifft hauptsächlich unbelebte und mechanische Systeme.

Die Sozio-Kybernetik ist so allgemein gehalten, daß sie nicht nur für menschliche Koalitionen (also das originale Gebiet der Soziologie) sondern als Prinzipiensystem für alle Arten von Zusammenballungen oder Gregationen im Universum anwendbar ist.

2.1. Das Spektrum der Gregationen

@ :SPEKTRUM_GREGATIONEN
Leider existiert kein wissenschaftlich oder umgangssprachlich genügend eingeführter Begriff, der alle nur möglichen Klassen von Zusammenballungen oder Gregationen ausreichend klar charakterisiert und definiert, und so muß hier ein begriffliches Instrumentarium erst geschaffen werden. Das Semantische Rhizom [580] des lateinischen Wortes grex / gregis bezeichnet je nach Kontext: Herde, Schar, Haufe, Schwarm, Rotte, Gefolge, Sekte. Das lateinische Präfix Co(n)- oder Ko(n)- (Zusammen) bezeichnet als allgemeinste Klassenzugehörigkeit, was man in engerer anthropomorpher Bedeutung mit dem Begriff Sozio- belegt, also die universale Basis der Kommunikationsfähigkeit. [581]

Zur Grob-Klassifizierung aller Arten und Typen von Gregationen des Universums wird hier ein Spektrum definiert, das als Übergangs- / Mischformen von drei Grundtypen angesehen werden kann, die hier als KKK-Klasse bezeichnet werden:
{Koalition / Kongregation / Koaleszenz} [582]
2.1.1. Koalition
Koalitionen sind allgemein gesehen, Strukturen der Kommunikation und Kooperation von Konstituenten allgemeiner Art (Agenten, Mitglieder, Teilnehmer, Teilhaber, etc.). Spezifisch für den menschlichen Bereich treten hier die Phänomene des Willens und der intentionalen Planung, d.h. der expliziten Zielsetzung von Koalitionen auf. Aber, wie Schopenhauer vor 180 Jahren philosophisch, [583] und Salthe (1985-1993) in biologisch-systemtheoretischer Darstellung, ausgeführt haben, ist es möglich, von Formen des Proto-Willens, oder der Proto-Intention in der organischen Welt, und in rudimentärer Form, auch in der inorganischen Materie, zu sprechen. [584] Über diese Proto- Konstrukte lassen sich Koalitions-Analogien für die oben genannten Klassen der Kongregation und Koaleszenz bilden.
2.1.2. Kongregation
Eine Übergangsform zwischen Koalition und Koaleszenz bildet die Kongregation als Herde oder Organismen-Gemeinschaft, wie sie in den biologischen Fachwissenschaften auch unter den Begriffen Symbiose, Parasitismus, und Ökosystem bekannt sind. Organismen sind fähig zur Kommunikation, so daß ihre Gemeinschaften über reine Koaleszenzen (s.u.) hinausgehen. Als Basismaterial dienen hier vor allem die Arbeiten der Bio-Semiotiker, [585] mit dem biologischen Begriff der Semiosphäre, [586] sowie die Arbeiten im Umkreis der www-site von Howard Bloom.
2.1.3. Koaleszenz, Aggregation
In der Sichtweise der Sozio-Kybernetik ist Koaleszenz oder Aggregation der allgemeinste Fall von Zusammenhaften oder Zusammenballung. [587] Dies ist auch die allgemeinste Eigenschaft von Materie, wie sie von der Physik in Form der Partikel-Darstellungen verwandt wird. Materie wird physikalisch verstanden als Hierarchie von Partikel-Aggregationen. Hitze ist der Antagonist der Koaleszenz. [588] Dies wird in der Thermodynamik auf Basis der statistischen Mechanik so dargestellt, daß infolge heftigerer {Bewegung/Vibration} der Elementar-Partikel ihre Koaleszenz verloren geht, und die Materie in die verschiedenen diffuseren Aggregat-Zustände übergeht, von:
Fest/Kristallin -> Flüssig -> Gasförmig -> Plasmisch [589] -> XYZ [590] -> ...

Die zweite Haupt-Form von Koaleszenzen sind die chemisch-molekularen Verbindungen, die nach heutigem wissenschaftlichen Verständnis aufgrund der Konfigurationen der Elektronen-Wolken der Elemente zustandekommen. Die Formenbildung dieser Koaleszenzen folgt den geometrischen Prinzipien, die von Platon erstmals in seinem Timaios beschrieben worden sind. Dort hat er die Regelmäßigkeit des Kosmos in einer Art geometrischen Ur-Atomismus dargestellt. Dies läßt sich in heutiger Begrifflichkeit dadurch visualisieren, daß alle Elementar-Konfigurationen der Moleküle aufgrund der Raum-Anordnung der (einander abstoßenden) Elektronen-Wolken immer in Polygonen zu beschreiben sind. Dies war in der Weltsicht von Platon das Universum, das aus Dreiecken und Tetraedern als Ur-Bausteinen aufgebaut ist.

2.2. Das Spiel: Ein Universal-Monopoly

@ :UNIVERSAL_MONOPOLY
Die sozio-kybernetische Theorie der Herrschaftssysteme läßt sich als vonNeumann'sches Spiel formulieren:

Das Universal-Monopoly: Ein Macchiavelli'sches, vonNeumann'sches Multiplayer-Spiel um die Herrschaft [591] über Raum und Zeit, [592] über die Kontrolle von Information und Energie.

In den folgenden Absätzen sollen einige der Grundbegriffe dieses Spiels definiert werden. Eine weiter und tiefer gefaßte Diskussion der Grundlagen des Spiels wird in einem späteren Abschnitt gebracht. [593]
2.2.1. Wertungsfreiheit
Die im folgenden definierten und angewandten Begriffe Macht, Herrschaft, etc. werden im sozio-kybernetischen spieltechnischen Sinne wertfrei verwendet. So sind Macht, Herrschaft und "Beherrscht werden" nicht notwendigerweise automatisch ”schlecht oder gut”, und Freiheit ist nicht notwendigerweise automatisch ”gut oder schlecht”.
2.2.2. Spiel-Prinzip: Com-Petitio, Konkurrenz
@ :COM_PETITIO
Com-Petitio, engl. competition (von lat.: petitio: Angriff, Bitte, Anspruch, petere: angreifen, streben, verlangen, beanspruchen). Auf Deutsch existiert ein weniger treffender Ausdruck Konkurrenz (zusammen Wett-Laufen, aber für welches Ziel, und mit welchen Mitteln?).

Das Spiel-Prinzip der Com-Petitio bedeutet: Ausschließender (Wett-) Kampf, um Etwas, oder besser Alles zu Kriegen. [594] Dabei ist Vernichtung, Auflösung, oder Annihilation der Gegner-Koalitionen eine Haupt-Verfahrensform. Das Prinzip ist bisher in reinster Form durch Herbert Spencer und seine Nachfolger als Sozial-Darwinismus formuliert worden. Allerdings soll hier betont werden, daß IMHO [595] die arme, unschuldige Natur keinesfalls für dieses Prinzip verantwortlich gemacht werden sollte, und daß es auch nicht aus dieser abzuleiten ist. (Kropotkin 1975).
2.2.3. Spiel-Notation
@ :SPIEL_NOTATION
Es gelte folgende Spiel-Notation:
(X >< Y)
bedeutend:
( ... ) markiert ein Spiel, bestehend aus zwei Parteien X und Y.
Der am weitesten links notierte Spieler wird Alpha-Spieler (der Macht ausübende / herrschende / dominante) Spieler genannt.
Der am weitesten rechts notierte Spieler wird Epsilon-Spieler (der beherrschte / submissive Spieler) genannt.
>< bedeutet: Interessengegensatz zwischen Spielern X und Y.
* bedeutet: Koalition (Entente Cordiale) zwischen Spielern X und Y.

@ :STELLENWERT_NOTATION
Die hier verwendete logische Stellenwert-Notation [596] (Alpha links an höchster Stelle, Epsilon rechts an niedrigster Stelle) ist in gewissem Sinne kontra-intuitiv, da wir heute gewohnt sind, automatisch Epsilon mit einer Links-Position, und Alpha mit einer Rechts-Position, zu identifizieren (die Rechts-Vor-Links Regel), [597] da nach dem Prinzip der Meta-Regeln [598] Alpha immer Recht hat (oder Recht behält). [599]
Hier aber erhält die indisch-arabische mathematische Stellenwert-Notation aus Gründen der praktischen Anwendung eine Ausnahme-Regelung von der sonst immer gültigen Rechts-Vor-Links Regel. Es ist zu beachten, daß dies nur für den formalen Fall, nie aber für die praktische Anwendung in der "realen" Welt des Spiels gilt.
2.2.4. Spiel-Konfigurationen
@ :SPIEL_KONFIGURATION

Konfiguration Typ I
@ :ALPHA_EPSILON
Die einfachste Version: Typ (Alpha >< Epsilon)
Wir gehen von Spieler (oder Spieler-Koalition) Alpha [600] als dem Macht ausübenden (herrschenden) Spieler aus. Spieler Epsilon sei der beherrschte (submissive) Spieler (oder Spieler-Koalition). Beispiele: Herr-Knecht, Mensch-Ochs.

@ :ALPHA_BETA
Konfiguration Typ II
Kombinatorische Versionen: Typ (((Alpha) * Beta) >< Epsilon)
In der Praxis haben sich aber andere Koalitions-Strukturen als notwendig erwiesen und eingespielt. Der Spieler Alpha geht mit Spieler Beta eine Macht ausübende (herrschende) Koalition gegen den Spieler "Epsilon" ein. Hier ist Beta der mit-herrschende Spieler, dessen oberste Meta-Regel aber lautet, nicht das Primat des Spielers Alpha anzugreifen. Spieler Epsilon ist der beherrschte (submissive) Spieler.
Beispiel: Das in der europäischen Geschichte eingespielte gemeinsame Herrschafts-Prinzip (Entente Cordiale) von Aristokratie und Klerus über das gemeine Volk. [601]

Konfiguration Typ ”Omega”
Zu jedem ausgezeichneten Spielzustand läßt sich folgende Klassifikation aller beteiligten Spieler machen: Solche, die einer {wirksamen / sichtbaren [602] / identifizierbaren} Koalition angehören, und solche, die keiner wirksamen Koalition angehören. Alle die letzteren werden als (Anti-) Koalition Typ ”Omega” bezeichnet.
Beispiele: Dies ist im politischen Sprachgebrauch z.B. "die schweigende Mehrheit".
W.C. Fields pflegte zu sagen: ”I would never join a club that would accept me”.

Multi-Kombinatorische Versionen:
Die normale sozio-kybernetische Praxis ist weit entfernt von den obigen Idealformen, und es existieren vielerlei Mischformen von Koalitionen mit jeder beliebigen und ständig wechselnden Zusammensetzungen, z.B.:
(((Alpha * Beta) * Gamma) >< Epsilon)
(((Alpha >< Beta) * Gamma) >< Epsilon)
etc.

Die Divide-Et-Impera Koalition
Unter den vielen Formen Multi-Kombinatorischer Koalitionen ist wiederum folgender Typ ausgezeichnet, das Divide-Et-Impera Prinzip: [603]
((Alpha * (Beta >< Gamma)) >< Epsilon)
Ein Spieler Alpha steht in gleichzeitiger Koalition mit Beta und Gamma, wobei letztere sich gegenseitig bekriegen, und sich nur einig in der Beherrschung von Epsilon sind. Spieler Alpha ist (und bleibt) aus dem besonderen Grunde Alpha, insofern er es versteht, Beta und Gamma in ihrem Kampf gegeneinander wechselweise für seine eigenen Interessen einzuspannen.

Die Volkstribun -Koalition
((Alpha >< (Beta >< Gamma)) * Epsilon)
Eine andere wichtige Koalition ist die Volkstribun-Koalition, bei der Alpha sich den Anschein gibt, gegen (Beta >< Gamma) in Koalition mit Epsilon zu stehen. Das wurde z.B. von Napoleon erfolgreich durchgeführt.
2.2.5. Koerxion >< Schisma
@ :KOERXION
Lat.: coerceo: zusammenhalten, einschließen, in Ordnung halten, hemmen, aufhalten, zügeln, bändigen. exerceo: die Mannschaft aus der Burg zum Felddienst führen, in Bewegung setzen. exercitus: das Heer. (Ähnlich: Engl.: coercion: jemand zu etwas zwingen.)
Gr.: schisma: Spaltung, Riß, Zwiespalt. Lat.: Fission.

Die antagonistischen Begriffe von Koerxion und Schisma bestimmen die Bildung und Auflösung von Koalitionen. Koerxion ist die Anwendung / Ausformung von Macht, [604] die dazu dient, eine involuntare Koalition operativ zu halten. In dem römischen Urbild und Leitmotiv des exercitum sind die soziokybernetischen Grundthemen der Koerxion als Basis einer operativen involuntaren Koalition in allen Aspekten charakterisiert.

2.2.6. Formen des Zerfalls von Koalitionen
Wenn die Kooperation in einer Koalition gegen Null geht, ist dies gleichbedeutend mit Schisma. Schisma als Strukturformel läßt sich mit seinen resultierenden Zerfalls-Kombinationen so darstellen:

(X * Y * Z ) -> ( (X) >< (Y) >< (Z) )
-> ( (X) >< (Y * Z) )
-> ( (X * Y) >< (Z) )

2.2.7. Die Spielregeln
@ :META_REGEL
Die Regeln der spielbaren Spiele seien definiert als eine Analog-Struktur von Nomic, [605] welches von Douglas Hofstadter in "Metamagical Themas" portraitiert wurde. Besondere Bedeutung haben die Meta-Regeln, oder auch Golden Rules. Die erste Golden Rule lautet:
He who has the gold, makes the rules.
Die Rechts-Vor-Links Regel
@ :RECHTS_VOR_LINKS
Die erste Golden Rule heißt auch die Rechts-Vor-Links Regel. Spieler "Alpha" ist natürlich derjenige, der das Gold, hat, und daher die Regeln bestimmen darf. In der Praxis wird diese Regel aber nicht in dieser Form angewandt, denn es ist aus praktischen und spieltheoretischen Gründen nicht opportun, daß ein Spieler alle Regeln bestimmt. [606] Daher kommt es hier auf die möglichst geschickte Formulierung der übrigen Meta-Regeln an, die so formuliert sein sollten, daß die letztliche Verfügungsgewalt über alle anderen Regeln per default immer wieder auf Spieler "Alpha" zurückfällt. [607]

Ein klassisches Beispiel der Rechts-Vor-Links-Regel liefert das Recht des Römischen Reiches, das ja bei allen modernen Rechts-Systemen Pate stand. Der wohl bekannteste Grundsatz des römischen Rechts lautete: "Fiat iustitia pereat mundus" (Etwa: Auch wenn alles dabei zugrunde gehen sollte, das Recht muß durchgesetzt werden). [608] Im Rom der Kaiserzeit wurde das aber noch mit einer besonderen Portion "cum grano salis" gehandhabt, denn es galt ein striktes Zwei-Klassen-Recht. Für die Patrizier (Spieler Alpha) war die Höchststrafe die Verbannung, während für die Plebs (Spieler Epsilon) die Todesstrafe galt. Ebenso galt für die Plebs die Folter also normales Wahrheitsfindungsmittel. Die Aussage eines Sklaven war sogar nur dann gerichtsfähig, wenn sie unter Folter entstanden war.

Daß der Spruch "Fiat iustitia pereat mundus" blutige Realität in der klassischen römischen Rechts-Praxis war, und auch seinen wesentlichen Teil zum Untergang des Reiches beigetragen hat, mag folgende (wohl öfter wiederholte) Begebenheit aus den Tumult-Zeiten der Kaiser und Kontra-Kaiser deutlich machen: Als sich wieder einmal einige Generäle und andere Offiziere zu einem Staats-Streich verschworen hatte, und ihre Soldaten in eine Schlacht gegen den noch amtierenden Kaiser führen wollten, meuterten diese, und nahmen die Offiziere gefangen, und lieferten sie der rechtmäßigen Obrigkeit aus. Darauf hin wurden diese mutigen Soldaten prompt mit den gebührenden Ehren als "Retter des Vaterlandes" gefeiert, aber "Fiat iustitia", sie wurden sofort darauf wegen Meuterei gegen ihre Offiziere zum Tode verurteilt und prompt hingerichtet. Kein Wunder, daß im römischen Militär dann die Dinge außer Kontrolle gerieten, und die Kaiser in Rom so schnell wechselten wie in Paris die Mode.

In den früheren seligen Zeiten der "Entente Cordiale", der Herrschaft von Adel und Kirche, war es ganz einfach selbstverständlich, daß die Welt der Herren mit einem anderen Rechts-System gemessen wurde, als die Welt der Untermenschen. Das gehörte sich einfach so, und war integraler Teil des Systems. Dafür hatte das römische Recht noch einen anderen bekannten und bewährten Grundsatz: "Quod licet Iovi, non licet bovi". (Was dem Jupiter =dem Herrn erlaubt ist, ist dem Ochsen =dem Knecht, noch lange nicht erlaubt.) Aber auch bei neuzeitlichen, sich demokratisch und egalitär gebenden Rechts-Systemen finden wir vielerlei mehr oder weniger deutlich sichtbare Gewichtungen zugunsten der Reichen und Mächtigen. Es ist sicher eine der sehr wenigen heute noch existierenden Daseinsberechtigungen der Massenmedien, daß man die Manipulationen des Rechts anprangert. Aber je stärker die Massenmedien von den Interessen der Herrschenden gelenkt werden, desto stärker ist auch dieser Auftrag kompromittiert. (A.J. Liebling: "Freedom of the press is only for those who own one"). Ein anderes Beispiel ist die Weisungsgebundenheit der deutschen Staatsanwaltschaft durch die Ministerien. Dies macht ein Strafverfahren gegen einen hohen Politiker (oder guten Freund eines solchen) viel weniger wahrscheinlich als gegen einen Normalbürger. Da kann es auch schon einmal vorkommen, daß ein Politiker im Vollsuff einen Menschen totfährt, und ohne Strafe davonkommt, und ein paar Jahre später sogar wieder ehrenhaft Minister werden kann. [609] Auch im normalen Rechtsverfahren kommen z.T. erhebliche Gewichtungen der Waagschalen der Justitia zugunsten der Reichen und Mächtigen auf: Weil ein Gerichtsverfahren um hohe Prozesswerte auch mit erheblichen Kosten verbunden ist, die z.T. im Voraus zu bezahlen sind, wie die Anwaltshonorare, sind finanziell Schwache gegen Reiche automatisch im Nachteil.

Das Grundprinzip solcher Gewichtungs-Systeme des Rechts besteht u.a. darin, daß Recht einklagen und Finden ein gesellschaftliches Verfahren ist, das mit hohen Kosten verbunden ist. Das hat natürlich seinen guten Grund, damit nicht jeder wegen jeder Banalität zum Richter rennt, aber es verhindert zuverlässig, daß Rechtsbrüche der Art geahndet werden, bei denen ein einziger Alpha-Spieler etwa Zehntausend Epsilon-Spieler um Geld- oder sonstige Werte schädigt, für deren Entschädigung kein einzelner Epsilon-Spieler die Mühlen des Gesetzes in Gang setzen kann. Umweltschädigungen sind ein weiterer eklatanter Fall dieser Art. Auch hier gilt bevorzugt die Rechts-Vor-Links Regel, da man für Schadensbeträge von einigen 1000 EUR/$ wohl schon für einige Monate ins Gefängnis kommen kann, aber bei Schadens-Beträgen über 1,000,000 EUR/$ die Wahrscheinlichkeit und Dauer der Haftstrafe umso geringer wird, je höher der Multiplikationsfaktor des verursachten gesellschaftlichen Schadens ist.
Das Olympische Prinzip
@ :OLYMP_PRINZIP
Das Olympische Prinzip lautet: Dabeisein ist alles. Seinen Ursprung hat das Prinzip nicht, wie die allgemeine Irrmeinung lautet, von den Olympischen Spielen, sondern von der altgriechischen Redensart, daß es immer noch besser ist, der niedrigste Diener im Himmlischen Olymp bei den unsterblichen Göttern zu sein, als der größte und mächtigste Herrscher auf Erden.

Im sozio-kybernetischen Begriffssystem lautet das Olympische Prinzip, etwas modifiziert:
Die Epsilon-Mitgliedschaft in einer Alpha-Koalition ist immer noch besser als die Alpha-Position in einer unterlegenen oder marginalen Koalition.

Dieses Prinzip war eines der wirksamsten und zugkräftigsten der Weltgeschichte. Es wird heute noch erfolgreich angewandt, wenn man z.B. den Bürgern heutiger westlicher Zivilisationen erzählt, daß auch der unterste Befehlsempfänger im Hierarchiesystem (=: kleiner Angestellter, Verkäufer/in) heute wesentlich mehr Komfort und Dienerschaft (in Form von Maschinen) hat, als der mächtigste König vor nur 300 Jahren. (Es kommt hier darauf an, wieviel Arbeitskraft ihnen zur Verfügung steht, siehe das WWWM-Prinzip). [610]

2.3. Macht

@ :MACHT_BEFEHL
Das Höchste aber ist nicht handeln, sondern befehlen können. Erst damit wächst der Einzelne über sich selbst hinaus und wird zum Mittelpunkt einer tätigen Welt. Es gibt eine Art des Befehlens, die das Gehorchen zu einer stolzen, freien und vornehmen Gewohnheit macht ...
Spengler (1980, 1114)

Am unverhülltesten tritt, wie gesagt, das Recht als Ausdruck der Macht in den zwischenstaatlichen Rechtssetzungen hervor, in Friedensverträgen und in jenem Völkerrecht, von dem schon Mirabeau meinte, daß es das Recht der Mächtigen sei, dessen Innehaltung dem Machtlosen auferlegt werde. ... Ist die Politik ein Krieg mit anderen Mitteln, so ist das "Recht auf das Recht" die Beute der siegreichen Partei.
Spengler (1980, 1011)
@ :MACHT
2.3.1. Macht als Phänomen der Steuerung in distributiven Systemen
Macht [611] ist ein mit bestimmten Konnotationen behafteter Ausdruck aus dem allgemeinen Themenbereich der Formbildung der Kooperation in einer Koalition (bzw. der Morphologie der Sozio-Kybernetik). Kooperation ist der operative Zweck einer Koalition, und Macht ist immer da im Spiel, wo in einer Entscheidungsfindung über die möglicherweise divergierenden Mittel- und Zielvorstellungen der Mitglieder der Koalition ein vereinigtes und koordiniertes Vorgehen erreicht werden muß.

Im engeren Sinne spricht man von Macht, wenn ein Ungleichgewicht unter den Mitgliedern der Koalition herrscht, wer mit welchem Gewicht an der Entscheidungsfindung beteiligt ist. Aber da das gemeinsame Agieren einer Koalition ebenfalls Macht ist, hat selbst das untergeordnetste Mitglied einer mächtigen Koalition seinen Profit aus der Gesamt-Macht der Koalition der er angehört. (Macht über andere Koalitionen). Das nennt man auch: Das Olympische Prinzip. [612]

In abstrakterer sozio-kybernetischer Formulierung ist dies der Prozess der Steuerung von distributiven Systemen, im englischen auch mit dem Begriff Control(ling) bezeichnet. [613] (Das deutsche Wort Kontrolle [614] trifft nicht ganz den Bedeutungsumfang des englischen Wortes.)
2.3.2. Macht und Zeit: Kommunikation in der Entscheidungsfindung
Ein weiterer entscheidender Aspekt der Macht bei der Formbildung der Kooperation in einer Koalition ist der Zeitfaktor. Eine Koalition steht unter normalen Umständen in einer Auseinandersetzung (Competition) mit anderen Koalitionen. In dieser Situation ist es entscheidend, wie schnell eine Koalition agieren kann, und für den Alpha-Status ist es zumeist erforderlich, schneller als andere Koalitionen zu agieren. So ist es leicht zu verstehen, daß langwierige Entscheidungsfindungs-Prozesse ein Luxus sind, den sich Koalitionen nur in bestimmten Ausnahmefällen erlauben können. Ein Hauptnachteil von kommunikativen Konsensusverfahren zur Entscheidungsfindung (z.B. Demokratie) ist die lange Zeit, die sie benötigen. Daher sind solche Verfahren in vielen Situationen nicht praktikabel.
2.3.3. Macht als Phänomen des Willens
Eine andere Formulierung von Macht umfaßt alle Formen und Methoden der Beeinflussung des Verhaltens von Spieler Epsilon durch Spieler Alpha, um ihn zu Handlungen zu veranlassen, die den Zwecken und Zielen von Alpha entsprechen. Die Thematik des Willens ist wie bei der Kooperation ein entscheidender Faktor der Macht. Wenn ein Spieler Beta aus völlig freien Stücken mit Spieler Alpha kooperiert, kann man nicht von Macht sprechen - oder vielleicht doch? In der sozio-kybernetischen Analyse sind hier sehr wohl subtile Formen der Macht zu finden. Es soll daher differenziert werden in die Stufen von Macht I und Macht II.
2.3.4. Macht und Arbeit: Das WWWM-Prinzip
@ :MACHT_ARBEIT
Wie der deutsche Volksmund so treffend ausdrückt "Macht kommt von Machen", hat das Machen der Macht hauptsächlich damit zu tun, Wer Was für Wen Macht. (Auch das WWWM-Prinzip genannt). [615] Das WWWM-Prinzip besagt, daß Macht auf Arbeit begründet ist, nämlich die Arbeit, die der Spieler Epsilon auf Geheiß und unter Kontrolle des Spielers Alpha durchführt.
2.3.5. Macht I: mittelbare Macht
@ :MACHT_I
Macht im "herkömmlichen Sinne", wie sie z.B. von der Soziologie definiert wird.
Nach Max Weber ist Macht "jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzuführen" (Weber 1972: 28), Herrschaft ist die "Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehör zu finden" (ebd., S. 38).

Abstrakt spieltheoretisch ausgedrückt, ist Macht I:
Die Mittel und die Fähigkeit des Spielers "Alpha", andere Mitspieler "Gamma" zu Handlungen zu veranlassen, die den Interessen des Spielers "Alpha" dienen, auch wenn sie gegen den Willen und die direkten Interessen der Mitspieler "Gamma" stehen. Dies ist Macht durch (Androhung von) Gewalt, oder durch (Versprechen von) Gratifikation. [616]

Dies ist mittelbare Macht, da sie durch die Kontrolle über die Mittel (der Produktion, der Lebenshaltung, des Konsums, der Gewaltausübung, etc.) ausgeübt wird.

@ :MACHT_II
2.3.6. Macht II: unmittelbare Macht
Unmittelbare Macht ist sozio-kybernetische Macht im eigentlichen Sinne.
Abstrakt spieltheoretisch ausgedrückt, ist Macht II:
Die Mittel und die Fähigkeit des Spielers "Alpha", den Willen und die Weltwahrnehmung seiner Mitspieler "Gamma" so zu manipulieren, daß sie Handlungen durchführen, die den Zwecken und Zielen von Alpha entsprechen. Die hohe Kunst von Macht II ist, daß die Mitspieler "Gamma" dabei auch Konsequenzen für sich selbst in Kauf nehmen, die ihrem persönlichen Wohlergehen und Selbsterhaltungstrieb schädlich sein können. [617]

Hierauf bezieht sich George Stein in seiner Diktion, was er als "direkter Informationskrieg" bezeichnet. [618] Natürlich werden auch hier "Mittel" eingesetzt, aber es sind unsichtbare, oder subtile. Daher ist diese Form die bei weitem wirksamere, und in der Dauer-Anwendung, die stabilere.
2.3.7. Die Kategorien der unmittelbaren Macht
Die Formen unmittelbarer Macht lassen sich in folgende Kategorien unterteilen:
Macht über die Emotionen
Hier finden wir solche Phänomene wie Charisma und Faszination, [619] Macht durch Ausbeutung von Liebe (oder Verliebtheit), Macht durch Sexuelle Attraktion (auch Macht des Eros genannt). Schönheit ist ein ganz erheblicher Machtfaktor. Dies wird heute besonders von der Film-Industrie, der Mode, und der Werbebranche systematisch eingesetzt.
Macht über den Verstand und über das Wissen
Auch Macht des Logos und des Nous. Die metaphysische Hiero-Archia, d.h. die Herrschaft des Höchsten Prinzips, in der Form einer logisch (Logos) und verstandesmäßig (Nous) einsichtigen und nachvollziehbaren Struktur. Die Bereitschaft, den Anweisungen eines Führers bedingungslos zu folgen, steigt erheblich mit der metaphysischen Legitimation des Führertums. Die Hiero-Archia taucht in der neuzeitlichen Wissenschaft als Strukturprinzip auf, in Form hierarchischer Gliederungs-, Ordnungs- und Kategorisierungs-Systeme. [620] Der mathematische und logische Beweis ist eine weitere Form der Macht des Logos.
Macht über die Zeit, die Erinnerung, und das Sein
Dies ist Macht über das kulturelle Gedächtnis und die kulturelle Transmission. Wird genauer unter Herrschaft behandelt. [621] In diesen Bereich fallen alle wohlgemeinten Anstrengungen eines Herrschaftssystems, über Schule und Unterricht die zukünftigen Subjekte der Herrschaft so zu formen und zu prägen, daß sie entsprechend den Intentionen der Herrschenden denken und handeln. Dies führt direkt zum nächsten Punkt:
Macht über den Willen
Die direkteste Form der Macht geht natürlich über Beeinflussung des Willens. Wenn Spieler Gamma immer genau das will, was Spieler Alpha von ihm möchte, hat Spieler Alpha die absolute Macht über ihn. [622]
Spirituelle Macht, Religion
@ :RELIGIO
Spirituelle Macht oder Religion, ist eine Mischform verschiedener Anteile der obigen Kategorien. Sie ist auch die älteste Form der organisierten Macht, die wohl schon seit den paläolithischen Kulturen existiert, wie z.B. das Bild des "Zauberers" von Trois-Frères vermuten lässt. Diese Ur-Form ist heute als Schamanismus bekannt. [623] In den frühen Hochkulturen der Menschheit wurde diese Macht zu einer wahrhaften Technologie weiterentwickelt, deren höchste Errungenschaften wohl oft nachgeahmt, aber nie übertroffen worden sind. Heutige Religion ist davon nur ein schwacher Abglanz. Die Gott-Königsherrschaft des pharaonischen Ägypten stellt das älteste und am längsten wirksame (3000 Jahre) System spiritueller Macht in den Zivilisationen dar. Sowohl Christentum [624] wie Islam [625] schufen neue, hoch entwickelte und verfeinerte Techniken spiritueller Macht. Heute ist Spirituelle Macht ohne Beimischung von materieller Technik hauptsächlich unter den Themen Fundamentalismus, Pentecostal Religion, Sekten, etc. bekannt (Kramer 1993).
2.3.8. Macht, Wille, Intentionalität und Individualität
@ :WILLE_MACHT
Macht kann es nur da geben, wo es Willen gibt, und Willen kann es nur da geben, wo es Individualität gibt. Individualität in unserer heutigen, westlich-abendländischen Fasson ist eine recht neue und einzigartige Erscheinung. [626] Bei außereuropäischen Kulturen können wir nicht von Individualität in dem uns geläufigen Sinn sprechen. Das Chinesische Menschenverständnis beruht fundamental auf der Einbettung in das Kollektiv, und somit hat der chinesische Kommunismus eine andere Grundlage als der europäische Marx'sche.

Ein anderer Begriff für Willen ist Intentionalität. Dies beinhaltet Projektion über die Zeit, d.h. eine Erwartung der Zukunft und Planung auf die Zukunft. In der Spiel-Sprechweise ist dies dadurch definiert, daß ein Spieler automatisch eine Individualität besitzt. Wenn er diese nicht hätte, könnte er gar nicht als Spieler identifiziert werden. Nur ein Spieler kann etwas Wollen. Nach Schopenhauer ist der "Wille" ein kosmisches Prinzip, das überall in der Natur zu finden ist. Dies ließe sich in etwas weniger angreifbarer Terminologie als Determiniertheit ausdrücken. Bezug zu der Causa Finalis von Aristoteles, -> Teleologie. [627] Nur ein Wille kann ein Endziel definieren.

Wo kein Wille vorhanden ist, geschehen die Ereignisse nach den Gesetzen der Kausalität. Heute wird von der Naturwissenschaft versucht, Willen lediglich als Epiphänomen (nebensächliche Begleiterscheinung) tieferliegenderer bio-chemischer kausal ablaufender (neuronaler) Prozesse zu bezeichnen.

Im Bereich der organischen Natur ist die Frage nach dem Willen verknüpft mit der Beweglichkeit der Organismen. Bei Pflanzen geht man nicht von willensbestimmten Handlungen aus, aber besonders höheren Tieren (Pferde, Hunde, Affen) billigt man eine Intentionalität zu.
2.3.9. Transaktionen in distributiven Systemen
Transaktionen in distributiven Systemen beruhen auf Fernwirkung. Dieses Prinzip steht außerhalb der traditionell mechanischen Orientierung der Physik. Macht ist auf alle Phänomene anwendbar, die nicht kausal begründet sind.

2.4. Herrschaft

@ :MACHT_SYSTEM
Herrschaft ist das System der Macht. Soziokybernetisch interpretiert, ist Herrschaft das primäre autopoietische Phänomen im Bereich sozialer Systeme. Herrschaft ist der selbst-stabilisierende, und selbst-incrementierende (positives Feedback) Komplex, der durch konsistente und erfolgreiche Anwendung von Wissen und Macht immer mehr von Demselben erzeugt. (Auch Matthäus-Effekt genannt). Herrschaft tendiert daher dazu, zum Imperium zu werden, und tendiert finalistisch / eschatologisch dazu, das All zu {erobern / unterjochen / unterwerfen / untertan zu machen [628]}, was auch immer man darunter versteht. In diesem Sinne unterliegt Herrschaft derselben Gesetzmäßigkeit, wie das Geld, über den Zinseszinsmechanismus.

Im Gegensatz zu anderen Analyseverfahren wie Anarchismus und Kommunismus, die Herrschaft mit dem rezenten Phänomen des Kapitalismus in Verbindung bringen, wird hier versucht, die Analyse tiefer zu fundieren, ohne jedoch gleich auf einen Biologismus und Naturalismus a la H. Spencer zu rekurrieren. Im Gegenteil: Neo-Darwinistische und Naturalistische Ansätze sind logische Zirkel, Retro-Projektionen sozialer Gegebenheiten in die Natur und wieder zurück. Herrschaft ist keine bedauerliche Fehlentwicklung, aber auch keine selbst-evidente Notwendigkeit in der Entwicklung menschlicher Sozialsysteme.

Herrschaft als das primäre autopoietische soziokybernetische Phänomen läßt sich nicht mit guten Absichten und frommen Wünschen wegbeten. Wer Alpha sagt, muß gezwungenermaßen auch Beta, Gamma, Delta, ... Omega sagen. [629] Da helfen noch so gute Manifeste, noch so überzeugende Theorien, noch so populäre Parteiprogramme überhaupt nichts, und wenn jemand versucht, ein solches Programm einmal in die Praxis umzusetzen, kommt zwangsläufig nur eine umso schlimmere Katastrophe dabei heraus.
2.4.1. Herrschafts-Wissen
Herrschafts-Wissen ist das Wissen, das nötig ist, um Macht auszuüben. Es ist das exklusive, und exklusiv zu haltende Wissen, das es Spieler Alpha erlaubt, den Spieler Gamma zu beherrschen, und ohne das sich der Spieler Gamma nicht aus der Herrschaft befreien kann. Natürlich gehört es zu dem Spiel, daß Spieler Gamma sich dieses Wissen zu verschaffen sucht. Das geht aber nur, wenn er weiß, wonach er sucht, und daher gehört es zu den wichtigsten Strategien des Herrschafts-Wissens, die Existenz und die Form desselben zu verschleiern. (Siehe Kryptographie und Steganographie). [630]
2.4.2. Herrschaft über die Zeit: Die Geschichte lehrt, was die Geschichte lehrt
@ :ZEIT_HERRSCHAFT
Herrschaft über die Zeit heißt: Herrschaft über das kulturelle Gedächtnis und die kulturelle Transmission. [631] Zwar gibt es den berühmten Satz von Santayana: "Those who don't know history are condemned to repeat it", [632] aber nach dem Catch-22-Prinzip [633] wird umgekehrt ein Schuh daraus: "Those who do know history are condemned to repeat something that someone else has concocted for them." [634] In anderen Worten: "Die Geschichte ist die Geschichte der Sieger", und damit integraler Bestandteil des Macht II Komplexes. Das können wir am besten anhand der abendländischen Geschichte nachvollziehen: Nur das, was von den Verbrennungen antiker Literatur durch christliche Fanatiker in den ersten Jahrhunderten nach der Machtübernahme der Christen übrigblieb, [635] und was dann in den späteren Jahrhunderten nach 529 von den christlichen Mönchen auf Geheiß ihrer Fratres Superiores (mehr oder weniger bowdlerisierend) [636] kopiert wurde, ist Bestandteil des kulturellen Gedächtnis des heutigen Abendlandes, d.h. unserer Geschichte. [637] Alle diesem Geschichtsbild widersprechenden Dokumente haben die letzten 2000 Jahre Ge-Schichte nicht überlebt, bzw. sie wurden erst gar nicht aufgeschrieben. Somit können wir auch annehmen, daß das, was wir im Geschichtsunterricht gelernt haben, zwar nicht komplett falsch und völlig erfunden ist, aber daß es sicher auch nicht das letzte Wort der historischen Wahrheit ist. Damit ist Herodot vollkommen rehabilitiert, der es als "Vater der Geschichtsschreibung" mit der exakten und "nichts-als der" Wahrheit auch schon nicht so genau nahm.
2.4.3. Metaphysische Herrschaft: Holismus, Neo-Platonismus
@ :HOLISMUS
Als metaphysisches Prinzip: Das Ganze (tò hólon) (=: Das Eine, tò hén) definiert und regiert seine Konstituenten (=: Elementar-Koalitionen/Koaleszenzen). Dies wurde von Heraklit in seinem Logos-Prinzip ursprünglich formuliert, aber seine bekannte metaphysische Formulierung wurde von der Schule der Neo-Platonisten ausgearbeitet, die sie auf bestimmte Ideen von Platon zurückführten. Die bekanntesten Namen dieser Schule waren Philo, Plotin, Proklos, ps. Dionysios Areopagita, Origines, Augustinus, J. Scotus Eriugena, die Schule von Chartres, Meister Eckhart, und N. Cusanus. [638] Eine heutige Fassung des Holismus ist bekannt durch J. Smuts, G. Bateson A. Koestler und Ken Wilber. In extremeren konsequenten Formen sozio-kybernetischer Anwendung ist der Holismus auch als Faschismus und Totalitarismus bekannt. (Siehe dazu Ken Wilber, EKL 42-45, 59-60) [639].

2.5. Information, Kommunikation, Verschleierung

@ :INFO_KOMM
2.5.1. Information
@ :INFORMATION
Das In-Formieren bedeutet das Imprägnieren einer Form in eine Ungeformte Materie. (Auch nach Aristoteles das Hylae-Morphae Prinzip genannt). [640] Die reine Form Morphae wird auch als die Idee (Platon) oder Geist (Deutscher Idealismus) bezeichnet.
2.5.2. Das Logos-Prinzip der Information
@ :LOGOS
Der Logos sei hier mit dieser reinen {Idee / Geist} identifiziert, aber als formende Kraft, nicht das geformte Bild (principium non est principiatum, [641] oder en-ergeia ouk ergon). Weiterhin im vorliegenden Kontext bedeutsam ist logos als Schlüsselbegriff in Joh. 1.1: en archae en ho logos.
2.5.3. Information als Herrschafts-Wissen
Es gibt schon ein breites Spektrum von untereinander incompatiblen Definitionen von Information. Hier soll noch eine dazukommen: Information ist das Herrschafts-Wissen par Excellence. Aus diesem nämlichen Grund wurde in allen totalitären Staaten das Informations-Ministerium als die Zentralstelle der Sammlung des Herrschafts-Wissens und zur Verbreitung der Des-Information eingerichtet.
2.5.4. Informations-Krieg
Informations-Krieg (Information War) folgende zwei Bedeutungen:
1) Krieg vornehmlich mit Mitteln der Information, und
2) Krieg um Erlangung und Sicherung des Herrschafts-Wissens.
2.5.5. Kommunikation
@ :KOMMUNIKATION
Das Verfahren, um die Koordination der Kooperation der Konstituenten einer Koalition zu erreichen.
2.5.6. Kryptographie, Steganographie
@ :KRYPTO_STEGANO
Die Verschlüsselungstechniken werden klassifiziert in Kryptographie [642] und Steganographie [643].

1) Kryptographie ist die bekanntere, und damit leichter zu überwindende Technik. Sie besteht darin, daß eine Nachricht mit einem Schlüsselverfahren in eine unleserliche Folge von Zeichen übersetzt wird. Sie hat den entscheidenden strategischen Nachteil, daß jeder potentielle Gegner einer kryptographisch verschlüsselten Nachricht ansieht, daß sie wahrscheinlich ein Geheimnis enthält, und damit ist für ihn auch offenkundig, daß hier offenbar ein Grund vorliegt, Nachrichten auszutauschen und (geheime) Verabredungen zu treffen. Der Gegner wird daher alle Anstrengungen unternehmen, sie zu "knacken". Aber auch wenn er sie nicht decodieren kann, ist das reine Vorhandensein der codierten Nachricht schon oft Information genug, um "Lunte zu riechen".

2) Steganographie besteht im Gegensatz dazu in dem Verfahren, eine geheimzuhaltende Nachricht so zu verschlüsseln, daß sie nicht offensichtlich als Code erkennbar ist. So kann die verschlüsselte Botschaft in eine unscheinbare, unauffällige Matrix, wie z.B. ein Gif-Bild auf dem WWW in die least-significant Bits der Pixel-Information eincodiert werden. Oder die Nachricht wird in die Wortfolge eines längeren Textes eingebettet, was aber einen großen Aufwand bereitet, denn der Matrixtext muß genau so geschrieben werden, daß die speziellen Worte der codierten Nachricht sich unauffällig in den Text einbetten, und den Sinn nicht sprengen. Der unschlagbare Vorteil der Steganographie ist, daß nur ein sehr mißtrauischer oder erfahrener Gegner auf die Idee kommen wird, daß es sich überhaupt um eine Codierung handeln könnte. Eine Steganographie in Gif-Bildern läßt sich allerdings mit statistischen Analyse-Programmen behandeln, die über die low-bit Häufigkeits-Statistik der ASCII-Codierungen von Buchstaben und Zahlen verdächtige Kandidaten maschinell aus Millionen von Gif-Bildern heraussortieren können. Dagegen ist das Text-Einbettungsverfahren fast nicht zu entschlüsseln.
Kabbala
@ :SEMANT_RHIZOM
Eine weitere beliebte Form der Steganographie ist aus der mystischen Literatur bekannt, und nach ihrem bekanntesten Vertreter kann sie als Kabbala bezeichnet werden. Kabbala als generischer Begriff bedeutet die semantische Verschlüsselung von geheimzuhaltenden Inhalten in religiösen und mystischen Texten, über Mehrfach-Bedeutungen von Worten (Polysemantik). Der bekannte Begriff der "Sieben Siegel" ist auf dieses alte Verfahren der Steganographie zurückzuführen, nach dem religiöse Texte auf Sieben Ebenen der Bedeutung zu lesen und zu verstehen waren, und jede höhere Bedeutungs-Ebene mit einer höheren Einweihungsstufe (Initiation) des Lesenden verbunden sein mußte. Die Verschlüsselung wurde vor allem dadurch bewirkt, daß die Texte immer auf sehr alten, archaischen Sprachen (bzw. Sprachformen) beruhten, deren Bedeutungsgeflechte (Semantische Rhizome) völlig anders strukturiert waren, als die der Verkehrssprachen. Das war schon zu antiken Zeiten der Fall, und hat sich über die letzten Jahrtausende noch erheblich verstärkt. So ist eine Übersetzung der Bibel in moderne National-Sprachen (wie z.B. die Luther-Bibel) weit entfernt von der Reichhaltigkeit des Semantischen Rhizoms der Originalversionen (Griechisch und Hebräisch). Als Beispiel sei die Übersetzung des Logos-Begriffs aus dem Johannes-Evangelium erwähnt. Seine heutige Bedeutung als das Wort destruiert die Vieldimensionalität des Originals fast völlig und limitiert sie auf lineare Eindimensionalität.

Man sollte aber die beliebte Interpretation der jüdischen Kabbala als numerologische Verschlüsselung über die Zahlenwerte des hebräischen Aleph-Bayts eher als systematisch ausgestreute Counter-Intelligence Methode und als besonders geschickte Verwirrungs-Strategie ansehen, mit der allzu hartnäckige möchtegern-Entschlüsseler systematisch in die Irre geführt wurden. Im alten Israel und zur Zeit der babylonischen Gefangenschaft, als die jüdischen heiligen Schriften niedergeschrieben wurden, rechnete man nämlich noch nicht mit dem Dezimalsystem, das den heutigen Entschlüsselungsversuchen unterlegt wird, sondern mit dem babylonischen Hexagesimal-System. Außerdem wurde die schriftliche Zahlendarstellung zum Rechnen erst mit den indisch-arabischen Ziffern praktikabel. Vorher verwendete man Abakus-ähnliche Konstruktionen und geometrische Rechenstein-Muster (psephoi). Entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben haben z.B. die römischen Ingenieure nie mit ihren römischen Zahlen gerechnet, sonst wären sie kaum in der Lage gewesen, ihre gewaltigen architektonischen und technischen Konstruktionen durchzuführen.
2.5.7. Verschleierung - Entschleierung:
Kalypsis >< Apo-Kalypsis / Laethae >< A-Laetheia
Die Funktionsweise von Stegano- Methodiken läßt sich besser begreiflich machen, wenn man die altgriechischen Begriffe der Kalypsis und Apo-Kalypsis verwendet. In der Indischen Philosophie ist hier der Schlüsselbegriff der Maya zu nennen. Die numinose Personifikation der Kalypsis ist die Nymphe Kalypso, ihr Name bedeutet "die Verschleierte" (kalyptron, Od. 5.232). [644] Das Semantik-Rhizom der Kalypsis oder Maya als Agens der Verschleierung impliziert und assoziiert das Element der Luft und des Lichts, als Täuschungsfaktoren. In der sozio-kybernetischen Sprechweise finden sich hier vornehmlich die effektiveren Macht-II Techniken der Täuschung und Verwirrung.

Ein weiteres in diesem Zusammenhang bedeutsames Semantik-Rhizom wird von den griechischen Wurzeln lanthano, latha, lathra und laethae gebildet. Hier wird auf den Zeit-Aspekt des Verbergens, als Vergessen, abgezielt. So ist die numinose Personifikation der Laethae bedeutsam in der Todesmythologie der antiken Griechen, und die A-Laetheia ist seit Parmenides und Platon der Schlüssel-Term aller philosophischen und wissenschaftlichen Anstrengungen der Aufklärung. [645] In der sozio-kybernetischen Sprechweise ist latha / laethae die ultimate Macht-II Technik, indem sie das Selbst-Bewußtsein auslöscht. (In praktischer Anwendung auch als Brain-Washing oder spin-doctoring [646] bekannt).

Die metaphysischen Aspekte der Verschleierung werden nach Goethes Faust auch "Das Principium Mae-Phaisto-Philaes" genannt. Mephistopheles, aus Goethes Faust, erscheint hier in den vielen schillernden und beständig wechselnden Verkleidungen des Archae-Typos des Cosmic Trickster, als Personifikation des Prinzips der Spannungsfelder, bzw. der Eris oder Discordia, wie von R.A. Wilson dargestellt. "The arch sceptic, dark lord of Disinformation". [647]

2.6. Theorien der Verschwörung

@ :VERSCHWOERUNG_THEOR
Der Informations-Krieg ist in der bisherigen Literatur auch unter dem weitläufigen Thema der Verschwörungs-Theorien bekannt. Hier hat vor allem R.A. Wilson Pionierarbeit geleistet, indem er so ziemlich alles, was die Menschheit bisher an Verschwörungs-Theorien fabriziert hatte, in seiner Buchserie neu aufgekocht und schmackhaft zugerichtet, dem wohlwollenden Pubplikum in passenden Appetit-Häppchen vorgelegt hat. [648] Hier folgt ein Auszug aus dem Interview "Man Bites Dogma" in dem er nolens volens ein paar essentielle Extrakte aus seinem Gesamtsystem geben mußte, womit man sich einen erheblichen Teil der Lesearbeit sparen kann, die man aufwenden müßte, um seine 20 oder so Verschwörungs-Theorie-Bücher zu lesen.

DARE Do you see everything as a conspiracy?
WILSON No. Somebody once accused me of claiming that everything is subjective, but I don't make statements about everything, I only make partial statements. I think conspiracy is very prevalent behavior on this planet. It even precedes humanity. Lions conspire - one lion will frighten a herd of antelope to get them running in a certain direction where the other lions will be waiting there to eat them. That's a conspiracy against antelopes, and I'm sure the antelopes are very bitter about it. Ants conspire, they seize territory and drive off interlopers, rats have very vigorous conspiracies, when a rat from a strange pack gets into a house they'll hunt him down and kill him. It's just like the mafia, "Don't do anything on our territory."
DARE Is it possible for a conspiracy to be benign?
WILSON It would have to be open. The difference between a conspiracy and an affinity group is that when me and my friends do it it's an affinity group and when someone we don't like does it it's a conspiracy. Conspiracies run the literary world, the art world, marijuana arrives here due to conspiracies. It's a conspiratorial world. People naturally form groups and to the extent that they're competing with each other, they try to hide what they're doing. The best explanation of conspiracy is in The Theory of Games and Economic Behavior, a very thick mathematical treatise. It explains that it's very beneficial to have conspiracies in competitive situations - the bigger an alliance you form, the quicker you move ahead. The function of every alliance is to conceal information from the other alliance and to spread false information, just like in a poker game. You don't want them to know what hand you've got but you want them to think they know. Poker is the essence of conspiracy. Everybody's trying to deceive one another. A benevolent conspiracy would have to be open, without the factor of concealment, and everybody's invited in. That's the only kind of conspiracy that could really improve the world.

Er formuliert hier in ein paar griffigen Sätzen das Grundprinzip des Informations-Krieges. Ansonsten genügt es, zu bemerken, daß alle Verschwörungstheorien aus Definitionsgründen falsch sein müssen, denn wenn sie wahr wären, dann hätten ihre Verfasser nicht mehr genügend Zeit zu leben, und die Theorie erfolgreich auf dem Buchmarkt herauszuposaunen.

2.7. Adam Weishaupt und der Illuminaten-Bund

Nehmen wir als Beispiel Wilsons bekannte Version der Illuminatus-Theorie. Nach dieser Darstellung soll Adam Weishaupt, Gründer und Oberhaupt des Illuminaten-Bundes in Ingolstadt, nach Amerika ausgewandert sein, und dort den späteren General und Präsidenten George Washington beseitigt haben, und sich als Impostor an seine Stelle gesetzt haben, und dann von dieser Zentralposition aus die USA in ein Illuminaten-Regime verwandelt haben. Zuerst erscheint uns dies etwas unglaubwürdig, da ein biederer niederbayerischer Illuminaten-Bruder wohl kaum so einfach die Sprache, und den aristokratischen Herrschafts-Gestus und -Duktus eines George Washington hätte imitieren können. Nehmen wir aber der Hypothese halber einmal an, das wäre korrekt, dann wäre aber R.A. Wilson qua Macht und Gewalt dieses Illuminaten-Regimes gar nicht dazu gekommen, seine (korrekten) Theorien an die breite Öffentlichkeit zu bringen. Denn qua postulierter Macht und Gewalt hätte man ihn rechtzeitig aus dem Weg geschafft, und einen Impostor-R.A. Wilson an seine Stelle gesetzt. (Der es dank der Illuminaten-Macht ja sehr leicht gehabt hätte, den R.A. Wilson zu imitieren, jedenfalls ein leichteres Spiel im Vergleich zu der Imitation eines George Washington). Dieser Impostor hätte nun zur Tarnung und Ablenkung der Öffentlichkeit eine leicht verfälschte Version der wahren Geschichte in die breite Presse gebracht, eben genau dieselbe, die wir ja als "Illuminatus"-Bestseller kennen. Die traurige Geschichte vom Tod seiner Tochter hätte sich also auch auf etwas andere Weise zugetragen, denn es wäre das Gehirn von R.A. Wilson selber, das da ausgetauscht wurde. Wir erkennen hierin eine realere Version des berühmten "Kreter" Paradoxons von Epimenides: Wenn es wahr ist, was er sagt, dann kann er nicht mehr am Leben sein, und wenn er noch am Leben ist, dann kann sein Bericht nicht wahr sein.

Die Moral von der Geschicht': Verschwörungstheorien sind ein legitimes Instrumentarium des Informations-Krieges. Was bedeutet: Als integrale Bestandteile des funktionierenden Herrschaftssystems absorbieren sie alle inquisitiven Anstrengungen von solchen Parteien, die versuchen, das Herrschaftssystem zu decodieren und zu analysieren. Dadurch, daß Unmengen von (mehr oder weniger) plausibel klingenden Theorien von geheimen Machtkoalitionen in Masse in die Welt gesetzt werden, ergibt sich aus dem "Nadel im Heuhaufen-Effekt", daß eine eventuell zutreffende Theorie erst einmal kaum von den Fälschungen unterschieden werden kann, und von vorneherein als "Verschwörungstheorie" diskreditiert ist. Dies sind allseits bewährte, wohl-eingeschliffene Waffen aus den Arsenal des nun ca. 5000 Jahre währenden "Informations-Krieges der Menschheits-Zivilisationen".

3. Prinzipielle Limitationen einer Theorie der Herrschaftssysteme

@ :LIMITATIONEN
Es ist aus wesentlichen prinzipiellen Gründen kaum zu erwarten, daß es je eine vollständige synchrone und prediktive akademische Theorie der gesellschaftlichen Macht-, Herrschafts- und Dominanz-Systeme geben wird. Aus diesen prinzipiellen Gründen kann auch die vorliegende Untersuchung nur einen bruchstückhaften Charakter haben. Als synchron und prediktiv wird eine Theorie bezeichnet, die die je in einer Gesellschaft augenblicklich wirkenden Macht- und Herrschafts-Strukturen adäquat analysiert, und es auf dieser Grundlage erlauben würde, ein prediktives, preskriptives Sozio-Design Programm zu entwerfen, das die Macht als sozialen Entscheidungsfaktor selbst einer planenden Entscheidbarkeit unterwirft. Dies bedingt auch die prinzipielle Unmöglichkeit einer wissenschaftlichen Soziologie überhaupt. [649]

Die akademische Soziologie befindet sich in einem Macht-Koalitions-Double Bind. Es ist aus den obigen Vorüberlegungen klar, daß ein Macht-II System [650] prinzipiell sehr schwierig zu decodieren ist, wenn man davon ausgehen muß, daß das Wahrnehmungs- und Wertesystem der Menschen in einem schon Jahrhunderte und Jahrtausende dauernden Prozess systematischer, synthetischer Weltkonstruktion prä-programmiert ist. [651] Weiterhin ist das akademische System integraler Bestandteil der gerade erfolgreich herrschenden Macht-Wissens- (Alpha-Beta-) Koalition der techno-kapitalistischen abendländischen Gesellschaften, und als essentieller Bestandteil dieser Alpha-Beta- Koalition hat das akademische Establishment besseres zu tun, als diese Koalition zu destabilisieren. Die einzelnen Wirkmechanismen dieses Double Bind können mit der folgenden Liste von Haupt- Verschleierungsfaktoren [652] und Kurzschluß- und Immunisations-Effekten umrissen werden:

1. Der "Hindsight is 20/20 Sight"-Effekt
2. Der Entente-Cordiale-Effekt
3. Der "Giordano Bruno"-Effekt

Im Folgenden die Diskussion dieser Effekte:

3.1. Der "Hindsight is 20/20 Sight" -Effekt

Der englische Begriff: "Hindsight is 20/20 Sight" übersetzt sich auf Deutsch etwa mit: "In der Rückschau weiß man immer alles besser", oder umgekehrt: "Voraussagen sind sehr schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen", und dies markiert eine Generalproblematik der Aussagen professioneller Zukunftsforscher (z.b. Herman Kahn) der letzten 50 Jahre, und nicht ganz so professioneller Zukunftsforscher in den letzten 5000 Jahren. Zu früheren Zeiten war man wenigstens noch so ehrlich, und umgab seine Zukunftsschau mit der Aura des Mystischen, wie z.B. der vielgerühmte Nostradamus, oder der noch vielgerühmtere Apostel Johannes, mit seiner Apokalypse, oder ganz allgemein die Propheten aller Religionen und Volksmythologien, die auch Endzeitmythologien (Eschatologien) waren. [653] Z.B. war der Kalender der Maya so angelegt, daß er im Jahr 2012 abrupt endet. [654]

Auf die Theorien der gesellschaftlichen Macht-, Herrschafts- und Dominanz-Systeme angewendet, bedeutet dies, daß alle soziologischen und historischen Theorien zwar im Nachhinein eine (mehr oder weniger befriedigende) Erklärung dafür geliefert haben, warum sich diese oder jene Machtkonstellation durchgesetzt hatte, aber diese Theorien haben meist keinerlei Aussagekraft über die Dynamik der augenblicklich ablaufenden Geschehnisse, und noch weniger Substanz, was zukünftige Entwicklungen angeht. Dies ist schon auffällig bei Theorien zur Emergenz der Industriezivilisationen und ihren Folgediskussionen (Siehe etwa die verschiedenen Meinungen von M. Weber, W. Sombart, und K. Marx), bei denen reichhaltiges Datenmaterial zur Unterstützung vorliegt. Analog, aber verstärkt gilt dies für Theorien zu früheren Epochen, z.B. die Emergenz der Ackerbau-Kulturen und der aus ihnen hervorgegangenen Staats- und Zivilisations-Strukturen, bei denen Datenmaterial kaum noch vorliegt oder sehr unsicher ist. [655] Im weiter unten folgenden Abschnitt: "Das Neo-Teilhard'sche Programm" [656] soll dies mit einem weiter und tiefer gefaßten Theorie-Ansatz neu aufgegriffen werden. Hier aber noch die weitere Erörterung der anderen o.g. Kurzschluß- und Immunisations-Effekte.

3.2. Der Entente-Cordiale-Effekt

@ :ENTENTE_CORDIALE
Der "Entente-Cordiale-Effekt" kann auch "Catch-22-Effekt" genannt werden, nach dem gleichnamigen Film. [657] Allgemeiner gesehen, bedeutet dies, daß (wiederum rein hypothetisch gesprochen) in Macht- und Herrschafts-Situationen des menschlichen Zusammenlebens die Existenz und Anwendung von logischen Paradoxien, [658] Russellschen Antinomien, Strange Loops, [659] und Double Binds [660] nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist. George Orwell hat dies mit der kurzen Formel: "All animals are equal, but some animals are more equal than the others" (Animal Farm) bündig ausgedrückt. Der Begriff "Catch-22" leitet sich aus folgendem Grundthema des Films ab: Der Protagonist ist ein Kriegsteilnehmer bei der alliierten Luftwaffe im Theater der Italien-Invasion im 2. Weltkrieg, der zutiefst von dem Horror und dem Wahnsinn des Kriegsgeschehens erschüttert ist. Um auszusteigen, meldet er sich bei seinem Sanitätsoffizier als verrückt. Der diagnostiziert ihn aber schnell und korrekt als völlig gesund, denn wer den Wahnsinn des Kriegsgeschehens als solchen begreift, kann nicht verrückt sein, ist also kriegstauglich. Wir haben es hier also mit einem Paradefall der "Entente Cordiale" der wissenschaftlichen und technischen Intelligenz mit offensichtlich wahnsinnigen Kräften der Gesellschaft zu tun, bei denen die mit dem Herrschaftssystem verbündeten Wissenschaftler alles tun, um diesen Wahnsinn zu legitimieren, und zu institutionalisieren. [661] Allgemeiner gesprochen, bedeutet dies, daß es (wiederum rein hypothetisch) Fälle geben kann, wo ein Widerspruch zwischen den individuellen, tendenziell Systemkonformität einfordernden Karriere-Notwendigkeiten einzelner Wissenschaftler und dem expliziten Aufklärungs-Ethos der Wissenschaften auftritt (Kant 1784). [662] Mario Erdheim (1984) hat diesen Effekt mit der Methode der Ethno-Psychoanalyse thematisiert.

Die Aufstellung und Anwendung von Gesetzen war von ihrer Genese (Genesis) her grundsätzlich immer Top-Down intendiert, also zur Aufrechterhaltung der etablierten, metaphysisch überhöhten (gottgewollten) Ordnung, der Hier-Archia. [663] "Innovation wird als gefährlich oft empfunden, weil stets sie mit Veränderung verbunden" (Goppold 1999d: 82-89). [664] Daran ändert auch eine sich aufklärerisch-neuzeitlich-demokratisch gebende {Rhetorik / Euphemistik} nichts, etwa in dem Stil: "Alle Macht geht vom Volke aus". (Smith 1995-1999). [665]

Der "Entente-Cordiale-Effekt" beinhaltet, wiederum in der allgemeinen, (rein hypothetisch gefaßten) Sprechweise ausgedrückt, daß die Koalitions-Verträge, die die (eventuell existierenden) Klassen und Kasten der Macht- und Herrschafts-Ausübenden mit den (rein hypothetisch formulierten) Kasten der Wissenden eingehen, unter besonderen Schutzmechanismen stehen müssen, damit die Legitimation, die den Kasten der Herrschenden von den Kasten der Wissenden erteilt wird, auch wirklich den metaphysisch überhöhten Anschein einer gottgewollten oder naturgesetzlichen, Ordnung, eben der Hier-Archia, behalten. Die Notwendigkeit dazu ist offensichtlich, da ja im Verlauf der Geschichte bestimmte, an sich schon gottgewollte Hier-Archia-Systeme leider schmählich zusammengebrochen sind. Dies bedeutet insbesondere, daß keinerlei Kenntnis von der Existenz solcher Koalitions-Verträge jemals an das Licht der Öffentlichkeit geraten darf. Am besten sind solche Geheimnisse zu wahren, wenn niemand der daran Beteiligten überhaupt davon weiß, auch nicht ihre Urheber.

@ :VERSCHWÖRUNG
Wir verlassen hiermit das Territorium der objektiv wißbaren Tatsachen, und begeben uns auf den gefährlichen Boden der "Verschwörungstheorien", die heute zu Hunderten im WWW zu finden sind. [666] Sie lassen sich geeignet in herrschaftstheoretischer Analyse als integraler Teil des Systems des "Catch-22-Effekts" interpretieren. Ihre Funktionsweise erklärt sich nach dem Prinzip: "Knapp daneben ist auch vorbei". Was bedeutet: Als integrale Bestandteile des funktionierenden Herrschaftssystems absorbieren sie alle inquisitiven Anstrengungen von solchen Parteien, die versuchen, das Herrschaftssystem zu decodieren und zu analysieren. Sie sind bewährte, wohl-eingeschliffene Waffen aus den Arsenal des nun ca. 5000 Jahre währenden "Information War der Menschheits-Zivilisationen". Auch dieses Thema wird in einem gesonderten Abschnitt mit diesem Titel noch eingehender behandelt.
->: INFORMATION_WAR, p. 336

3.3. Der "Giordano Bruno" -Effekt

@ :GIORDANO_BRUNO
Nun zu dem dritten Kurzschluß- und Immunisations-Effekt: Wir können hier differenzieren in den sog. heißen, und den kalten Giordano Bruno Effekt. [667] Seinen Namen hat dieses Verfahren von dem bekannten Häretiker Giordano Bruno, der am 17.2.1600 auf dem Campo de' Fiori zu Rom verbrannt wurde. Wir feierten gerade (Anno Domini 2000) das 400-jährige Ruhmes-Jubiläum dieses ebenso denk- wie merk-würdigen Ereignisses. Diesem punktuellen, spektakulären Ab-Schnitt von Giordanos irdischer Laufbahn voraus gingen acht lange Jahre, die G. Bruno unter fürsorglicher priesterlicher Anteilnahme für sein Seelenheil, hauptsächlich unter der geistlichen Leitung des "fast schon heiligen" [668] Kardinals Bellarmino, in den Grüften und Foltergerüsten der vatikanischen Engelsburg zugebracht hatte. Nachdem man so viele lange Jahre mit unendlich viel Geduld, Liebe, und Fürsorge, unter Anwendung freundlicher, und nur manchmal auch nicht so freundlicher Mittel, versucht hatte, ihn aus seiner Verstocktheit zu befreien, gab es dann letztlich keinen Weg mehr, um seine Seele von der tiefsitzenden Krankheit des "malum maleficiorum" zu heilen, als die Endlösung, mit dem malleum: [669] Im finalen Purgatorium mußte die "schärfste aller Arzeneyen" [670] angewandt werden: die oben erwähnte Inszenierung auf dem Campo de' Fiori.

Wie wohl besser bekannt, hat sich unlängst eine Spätlösung eines anderen, nur wenig später vorgefallenen Ereignisses, zugetragen: Der Vatikan hatte 1992 Galileo Galilei aus seinem Prozess vom Februar 1633 rehabilitiert und von den damaligen Anschuldigungen freigesprochen. [671] Auch in der Vorgeschichte dieses Verfahrens hatte Kardinal Bellarmino ein gewichtiges Wort mitzureden, aber aufgrund seines Todes konnte er es nicht komplett durchführen. Daß eine ähnliche Wiederaufnahme des Verfahrens Giordano Bruno stattfinden wird, ist für die nächsten 2000 Jahre allerdings nicht zu erwarten. Für die folgenden Erörterungen müssen wir daher "Rauch zu Rauch" und "Asche zu Asche" sein und werden lassen, was es unvermeidlicherweise auf die eine oder andere Weise am Ende jedes Menschenlebens immer ist.
3.4. Systemwechsel der Hier-Archia
@ :HIER_ARCHIA
Der Bezug zwischen dem heißen, und dem kalten Giordano-Bruno Effekt läßt sich anhand der Schicksale dieser beiden Protagonisten gut nachvollziehen. [672] Die Wendemarke der Jahre 1600 und 1633 kann herrschaftstheoretisch als historische "Achsenzeit" [673] betrachtet werden, in der der Umschwung zwischen dem "gottgewollten" christlich-katholisch dominierten abendländischen Hier-Archia-System und dem "naturgesetzlichen" Hier-Archia-System der Neuzeit stattfand. Hiervon handeln Tausende von wissenschaftlichen und historischen Studien, so daß man eigentlich kaum noch Gelegenheit hat, diesbezüglich Eulen nach Athen zu tragen. Aber: "Wot dem eenen sien Uhl, iss dem anneren sien Nachtigall" (lautet ein plattdeutsches Sprichwort). Und wenn es nicht die Nachtigall ist, dann ist es eben die Lerche (Shakespeare). Was wiederum bedeutet, daß die Abend-Dämmerung, in der der Flug der Eule des einen stattfindet, [674] die anbrechende Morgendämmerung für den anderen ist. 1648 markiert das Ende des 30jährigen Krieges, und damit die feste Etablierung der protestantischen Systeme in Europa (siehe die Theorien von Max Weber). Wie oben schon angeführt, ist die subtile, unauffällige Anbahnung von neuen Macht-und Interessenskoalitionen vor allem dann angesagt, wenn sich die alten als unhaltbar herausgestellt haben. Man darf die kollektive Intelligenz des Vatikans und der Kurie keinesfalls unterschätzen, und die stand in den Jahren um 1600 auf ihrem Höhepunkt. Die Herausforderungen der Reformation hatten alle geistigen Reserven der katholischen Kirche mobilisiert und die Gründung des Jesuiten-Ordens [675] kann als einer der größten Erfolge dieser spirituellen Generalmobilisierung angesehen werden. Dies soll weiter in dem Abschnitt "Das System des Teilhard de Chardin" ausgeführt werden. [676] Die tieferen Inhalte der kollektiven Intelligenz der inneren Zirkel der katholischen Kirche können erst heute unter Stichworten wie Schwarm-Intelligenz, oder Distributive Immortalitätskomplexe [677] verstanden werden. ->: IMMORTAL_KOMPLEX, p. 137
3.5. Manche mögen's heiß, und viele mögen's kalt
Der Unterschied zwischen dem heißen und den kalten Giordano-Bruno Effekt ist strukturell herrschaftstheoretisch analog zu sehen wie zwischen dem ethnologischen Unterschied von heißen und den kalten Gesellschaften, [678] sowie heißen und den kalten Initiationssystemen. [679] Die hierzu vorbereitenden kulturtheoretischen Diskussionen finden sich in der Begleitliteratur. [680] Die größte Gefahr der Decodierung eines erfolgreichen Herrschafts-Wissens-Koalitionsprogramms droht natürlich von Renegaten aus dem inneren Kreis der Wissensträger. Galileo war in diesem Kalkül der eindeutig weniger gefährliche Faktor, weil er kein Wissen aus dem inneren Kreis hatte, und er sich ja mit seinem Programm lediglich auf Äußerlichkeiten bezog, nämlich auf die sichtbare, faßbare, meßbare, und wägbare, mathematisch beschreibbare Natur. Giordano Bruno aber hatte mit seinem Programm ins innerste Herz (the Heart of Darkness) [681] des Systems gezielt, und offenbar auch getroffen. Der schwerwiegende, aber historisch beinahe völlig übersehene Fehler, den die Chefdenker der Herrschaftskoalition um Kardinal Bellarmino gemacht hatten, war der Aufwand, den sie um Giordano Bruno trieben. Andersherum gesagt: wenn sie Giordano in Ruhe gelassen hätten, dann wäre er ebenso friedlich als freundlicher, etwas verwirrter Kauz im Bett gestorben, wie hunderte andere Renaissance-Mystiker vor und nach ihm. [682] Zudem hatte er sein System so gut verschlüsselt, daß nie jemand einen besonderen Argwohn gefaßt hätte, wenn wir nicht die Bestätigung aus der Reaktion der Kirchen-Oberen selbst hätten, daß er eine besondere Botschaft für die Menschheit hatte. Da eine nähere Analyse des Giordano-Bruno Programms aber auch heute noch lebensgefährlich ist, wollen wir das hier tunlichst unterlassen, sondern wir wenden uns jetzt wieder unserem strukturellen herrschaftstheoretischen Thema zu.
3.6. Strategien der Mnemo-Vernichtung
Der Giordano-Bruno Effekt bezieht sich auf die Prozeduren, die man potentiellen und aktuellen Renegaten angedeihen läßt. Präventiv, daß sie gar nicht erst auf dumme Gedanken kommen, und kurativ-therapeutisch, um im Fall des Falles eine Schadensminimierung zu erreichen. Die im alten System so beliebten Methoden des Verbrennens von Büchern zusammen mit ihren Schreibern ließen sich in der neuen medientechnisch- ökonomischen Situation des Buchdrucks nicht mehr aufrechterhalten, da die geschäftstüchtigen Verleger natürlich sofort erkannt hatten, daß ein von der Inquisition verbranntes Buch eines vorzugsweise ebenso verbrannten Schriftstellers die Garantie für einen Bestseller war. [683] Das hatte man aus dem Fiasko mit Luther gelernt. Damit erwies sich das Galileo-Programm als das geringere der Übel, und um die Form zu wahren, wurde ein kleiner Schauprozess mit ihm veranstaltet, währenddessen man an die Grund-Renovierung des Systems ging. Es erwies sich hierbei als entscheidender Vorteil, daß Galileo sich nur mit Äußerlichkeiten befassen wollte, und hiermit ein hermetischer Ring um das Sanctissimum geschlossen werden konnte, der mit dem kalten Giordano-Bruno Effekt versiegelt werden konnte. Man erkannte, daß präventive Maßnahmen erheblich besser wirken, als kurative. D.h. wenn ein potentieller Renegat erst gar nicht in der Lage ist, bestimmte Gedanken zu denken, dann ist das System umso besser geschützt. Hierbei erwies sich die neu aufkommende naturwissenschaftlich-objektive Methode als Geheimwaffe. Der kalte Giordano-Bruno Effekt ist erheblich wirksamer als der heiße, da er jegliche unerwünschte Publicity vermeidet. Tot-schweigen anstatt tot-machen [684] ist die bessere Methode: Im Zeitalter massenhafter Druckschriften-Verbreitung ist die kulturell-mnemotechnische Vernichtung durch Ersticken am "Nadel im Heuhaufen-Effekt" (umgekehrtes Korollar aus der Aufmerksamkeits-Ökonomie) [685] das heute wirksamste Mittel, einen unliebsamen Geist zuverlässig in der Versenkung verschwinden zu lassen.

4. Strategie-Studien zu Wissens-Herrschafts-Systemen

4.1. Die Ethnologie neo-tribalistischer Vereinigungen

@ :NEO_TRIBAL
In diesem Essay soll die Ethnologie neo-tribalistischer Vereinigungen und Priesterkasten beschrieben und analysiert werden, und es soll dargelegt werden, daß auch heute noch (oder ganz besonders heute) der Neo-Tribalismus sich lebendig und gesund in bester Gesellschaft einer immer steigenden Beliebtheit erfreut.
4.1.1. Das Gesetz der Priesterschaften
@ :PRIESTER_GESETZ
Um den Einstieg in dieses etwas ungewohnte Thema zu erleichtern, hilft es, wenn wir einen Blickpunkt aus einer ethnologischen Perspektive wählen, also so tun, als wären wir Ethnologen, die von "gewissen sonderbaren, fremden Völkern, weit jenseits des Meeres" berichten. Ich nenne dies das "Gesetz der Priesterschaften". Es hat sich in der Beobachtung der Kulturen seit dem alten Mesopotamien, Ägyptens, des brahmanischen Indien, der Mayas und Azteken als konstante Erscheinung gezeigt: Die Priesterschaft schafft in ihrem fortlaufenden (wenn möglich über Jahrhunderte und Jahrtausende währenden) Akkumulationsprozess religiöser Observanzen immer komplexere Rituale und Regelsysteme, getreu der Maxime, daß "die Zahl der Engel auf einer Nadelspitze beliebig vermehrbar ist" (um einmal das scholastische Diktum umzudrehen). Das Prinzip ist dabei natürlich, daß die Rituale und Observanzen immer so komplex und so zahlreich sind, daß nur die bestausgebildetsten Priester sie durchführen können. [686] Und das führt nach und nach zu einem immer weiter steigenden Anteil der Ausbildung, Ernährung, Kleidung, und Unterbringung der Priesterschaft, sowie der Kosten der religiösen Zeremonien selbst, am Bruttosozialprodukt eines Volkes. Dabei kommt es öfter vor, daß den betreffenden Völkern die Mittel ausgehen, und man bei anderen notwendigen Ausgaben zu sparen beginnt, so z.B. bei der Landesverteidigung. Was wiederum bei vielen früheren Kulturen dazu geführt hat, daß entweder fremde Eroberer das Land überrannten, wie in Ägypten, Mesopotamien, und Indien, oder die Kultur in Revolutionen oder Degeneration sozusagen unter ihrem eigenen Gewicht zusammengebrochen ist. Spengler hatte diese Regelmäßigkeiten zwar korrekt festgestellt, und von einem notwendigen Organismus-ähnlichen Untergang und Absterben der Kulturen gesprochen, aber die tiefere, systematische Ursache blieb ihm verborgen. [687]

Eine etwas extremere Spielart dieses Systems installierten die Azteken: Ihre Priester hatten irgendwann einen Zusammenhang zwischen den zur Ehre ihrer Götter abgehaltenen Menschenopfern, und dem Schlachterfolg ihrer Krieger, festgestellt (oder sie glaubten wenigstens daran). Das führte dann in wenigen Generationen zu dem Zwang, bei jeder wichtigen Gelegenheit sich immer überbietende Massenschlachtungen zu vollziehen, so z.B. von mehreren zehntausend Menschen an einem Tag bei der Einweihung der großen Tempel von Tenochtitlan. [688] (Das heißt, das Gesetz der Priesterschaften hat essentiell damit zu tun, daß irgendwer daran glauben muß.) Um nun die ethnologischen Gefilde zu verlassen, verallgemeinere ich das Gesetz der Priesterschaften zu:

@ :SPEZIALISTEN_GESETZ
Das Allgemeine Gesetz der Spezialisten-Vereinigungen:
Jede professionelle Spezialisten-Gemeinschaft verhält sich tendenziell so, daß ihr Spezialwissen sich immer vermehrt, und immer komplizierter wird. Sie achtet darauf, daß ihr Wissen dem Volke nicht allgemein zugänglich wird, und die Nachfrage ihrer Dienste nicht nachläßt.

Ivan Illich hat diese Dynamik in seinen Schriften ausgiebig dargestellt. Z.B. gilt der hippokratische Eid der Mediziner zuerst der Wahrung der eigenen Standesinteressen, und dann erst gewissen ethischen Verantwortungen gegenüber dem Volk. [689] Europa wurde bis ca. 1700 wesentlich von einer Interessenskoalition (entente cordiale) aristokratischer Herrscher (des Schwertes) und gebildeter Kleriker (des Buches) beherrscht. [690] Gegen diese Herrschaftskoalition richtete sich vornehmlich der Aufstand der bürgerlichen Kräfte, wie z.B. in der französischen Revolution. Die Methoden der neuen Naturwissenschaften waren wesentlich als geistige Waffe gegen die Hegemonie der Kleriker gedacht, und diese setzten sich auch mit allen ihren Mitteln dagegen zur Wehr. Die berühmten Fälle, wie der von Galileo, zeigen einige Streiflichter dieser Auseinandersetzung.

Zwar haben wir alle in den Geschichtsbüchern gelernt, wie es weiter ging, aber die Geschichte hinter der Geschichte, das Herrschaftswissen, haben wir natürlich nicht in der Schule zu lesen bekommen. Denn hier verhält es sich, wie immer auf der Welt:
le plus ça change, le plus ça reste le même
(Je mehr sich etwas ändert, desto mehr bleibt es das gleiche)

Der Machtwechsel vollzog sich, und die neuen Herrscherschichten etablierten sich: Statt der Aristokraten übernahmen die Bürokraten das Regime, in Zusammenarbeit und Personalunion mit Juristen sowohl der legislativen, judikativen, und exekutiven Gewalt. (Heute finden wir eine ganz besonders unheimliche Variante davon: die Eurokraten.) Die Absicherung ihrer Machtbereiche wurde wesentlich durch Barrikaden und Festungen von Wortkonstruktionen, Gesetzen, Vorschriften, Bestimmungen, Auflagen, etc., die nur noch die lizensierten Spezialisten verstehen konnten. Es ist noch nie vorgekommen, daß eine Bürokratie eine Abnahme der Menge der Vorschriften und der sie interpretierenden Beamten vollbracht hätte. Und die Priesterschaft "diffundierte" in das System der Universitäten.

In der Welt der Akademe fand in den letzten 200 Jahren eine beispiellose Wissensexplosion statt. In immer weiter getriebener Spezialisierung und Abkapselung wuchsen die elfenbeinernen Türme der Wissenschaften ins unermeßliche. Es war insbesondere in den Geisteswissenschaften wenig Anlaß gegeben, das Wissen zu standardisieren. [691] Wie es heute um die Situation der Universitäten steht, kann man in allen Zeitungen lesen. [692] Die tieferliegenden Effekte der extremen Spezialisierung, die vor allem das Handlungswissen vernichten, zeigen sich überall.
4.1.2. Merkwürdige Ahnenkulte
@ :AHNENKULTE
Ich möchte noch einmal die Ethnologenbrille aufsetzen, und von einigen merkwürdigen Ahnenkulten bei den Eingeborenen der nord-westlichen weißen Rassen [693] berichten. Wie erinnerlich, ist der Ahnenkult meist eine Urform religiöser Praktiken. Die wissenschaftlichen Gemeinschaften zeigen deutliche tribalistische Charakteristiken (eigene Sprachen, Insider-rituale etc.), die sich auch in bestimmten Formen des Ahnenkults äußern. So ist das Zitieren zwar eine wissenschaftliche Notwendigkeit, um Gedankenlinien verfolgen zu können, aber es ist auch ein heiliges Ritual zur Verewigung des Gedenkens an die wissenschaftlichen Ahnen. Einige Wissenschaften, wie die Mathematik, Biologie, und Medizin, haben die Terme ihrer Fachsprachen aus den Namen ihrer verdienstvollen Entdecker aufgebaut, so daß sich ein Fachbuch wie das Register eines Friedhofs liest. Bei Fach-Vokabularien, deren Größe mittlerweile bei Hunderttausenden und Millionen angelangt sind (so z.B. die Namen von allen bekannten biologischen Arten), haben die entsprechenden Wissens-Repertorien mehr und mehr den Charakter von Telefonbüchern größerer Städte, wie Köln oder München, angenommen. Da sich zudem die Ausbildung der Studenten wesentlich nach den Ökonomien der Abprüfbarkeit richtet, der die Telefonbuch-Strukturierung entgegenkommt (z.B. Multiple Choice Fragen), hat sich die Ausbildung in solchen Fächern zu einem Gedächtnis-Marathon-Rennen entwickelt, das vor allem solche Charaktere besonders gut durchstehen, die eine angeborene Fähigkeit haben, gut Telefonbücher auswendig zu lernen.

Ich möchte daher eine kurze Zwischenfrage an den Leser stellen: Wenn Sie einen Arzt konsultieren, und Sie wissen, daß der als Student alle Prüfungen besonders deshalb genommen hat, weil er gut Telefonbücher auswendig lernen konnte, würden Sie Ihre Gesundheit und Ihr Leben deswegen diesem Arzt besonders gern anvertrauen? Es ist dabei unerheblich, daß das Telefonbuch hier nicht Namen und Telefonnummern enthält, sondern die Namen Ihrer Körperteile und -Funktionen, die Namen der Forscher, die sie entdeckten, und die Namen der Forscher, die sie mit bestimmten Krankheiten in Verbindung brachten, sowie die Namen der Medikamente, die für ihre Behandlung geeignet sind, und die Namen der möglichen Nebenwirkungen, sowie die Namen der Forscher, die diese Nebenwirkungen entdeckt haben... (und so weiter, ad infinitum). Glauben Sie nicht auch, daß bei der bekanntermaßen begrenzten Kapazität des menschlichen Gehirns, vielleicht nicht dann etwas anderes zu kurz gekommen sein könnte, nämlich, das Gesamtbild zu sehen, und die Fähigkeit, Sie, als Menschen, der Hilfe sucht, zu verstehen?

4.2. An-Alphabetismus und Ana-Mathe-Betismus

Wir kommen zurück zu der Diskussion der Herrschafts-Strategien.
4.2.1. Die Herrschafts-Strategie des Ana-Alpha-Betismus
@ :ANA_ALPHA_BETER
Für 4500 Jahre existierte in den Zivilisationen der Menschheit eine einträgliche Alpha-Beta Koalition von weltlicher Herrschaft (der Gewalt) und geistiger Herrschaft durch das Wort (dem Logos), bzw. durch die Schrift. Solange die Schrift noch nicht im Massenzugriff war, konnte die Priester-Gelehrten-Kaste über ihr Wissensmonopol das Machtmonopol der Aristokratie unterstützen und legitimieren, und beide waren in ihrer "Entente Cordiale" unangreifbar, d.h. sie konnten sich aus dem Füllhorn der gesellschaftlichen Reichtümer nach eigenem Gutdünken bedienen, solange sie nur darauf achteten, daß sie ihre Gänse, die die goldenen Eier legten, nicht gänzlich schlachteten. [694]

Die Herrschafts-Strategie des Ana-Alpha-Betismus ist über das Wortspiel selbst-erklärend. Sie besteht darin, daß die An-Alpha-beten gezwungen waren, das, was sie von den hohen Kanzeln gelehrt bekamen, aber dank Unkenntnis der Schrift nicht nachvollziehen und widerlegen konnten, ohne weitere Kritik und Kontrolle nachzubeten. [695] Dank dieser Unwissenheit und Unmündigkeit konnten sie leicht wie das liebe Vieh (Bête) behandelt werden. [696]

Diese Herrschafts-Koalition wurde, wie allseits bekannt, durch den Buchdruck entscheidend destabilisiert. [697] Nachdem die gesellschaftlichen Veränderungen in Folge des Buchdrucks zwischen 1450 und 1650 es offensichtlich machten, daß die Kräfte des Schicksals diese Koalition überholt hatten, begann ein Prozess, der in nur 500 Jahren in etwas anderer Form wiederholte, was vorher ca. 5000 Jahre zu seiner Entwicklung gebraucht hatte. Wir haben es hier mit einer Geschwindigkeits-Steigerung um den Faktor 10 zu tun.
4.2.2. Die Nachfolge-Strategie des Ana-Mathe-Betismus
@ :ANA_MATHE_BETER
Galileo erklärte in seinem Programm, daß das Buch der Natur in der Sprache der Mathematik geschrieben sei. [698] Dies war die Grundlage für eine erfolgreiche, neue Herrschafts-Koalition, die auf Anwendung eines Effekts beruht, der analog zu dem Ana-Alpha-Betismus auch als Ana-Mathe-Betismus bezeichnet werden kann. Im analogen Sinne wie zu den seligen Zeiten der Aristokraten-Priester Alpha-Beta Koalition muß die heutige mathematisch ungebildete Mehrheit der Bevölkerung kritiklos nachbeten, was ihr von der Elite der mathematisierten Wissenschaften und Techniker-Cliquen vorgebetet wird. [699] Aber hier bemerken wir sofort eine große Leerstelle in diesem ansonsten so gut gefügten System: wo bleiben die wirklichen Alpha-Männchen? Denn es ist offensichtlich zu bemerken, daß ja Politiker zu mindestens 99% Ana-Mathe-Beter sind. Die können also keinesfalls die Alpha-Männchen sein. Und die vielen Wissenschaftler und Techniker auch nicht, nicht einmal die Professoren. Sie gehören alle der Beta-Koalition an. Es ist einfach nicht plausibel anzunehmen, daß in einem rundherum erfolgreichen Herrschafts-System sich die Alpha-Männchen einfach in Luft auflösen, oder sich grün einfärben, in eine fliegende Untertasse steigen, und dann ins finstere, ferne Universum entschwinden. Mit großer Wahrscheinlichkeit sind sie noch mitten unter uns, alive and kicking. Wer und wo sie sind, das soll später noch genauer behandelt werden. Doch jetzt kommen wir zu einigen weiteren interessanten Aspekten der heutigen Strategie des Ana-Mathe-Betismus.

Effektiv ersetzt das Programm der Mathematisierung der naturwissenschaftlichen und technischen Disziplinen einen Exklusivitäts-Mechanismus, der in den ca. 4500 Jahren nach Erfindung der Schrift und vor dem Buchdruck den Priester-Gelehrten-Kasten zu ihrer "splendid Isolation" verhalf. Das von C.P. Snow beschriebene Programm liegt in der Separation 1) naturwissenschaftlicher, objektivierender, formaler und 2) geistes- / literaturwissenschaftlicher (selbst-) reflektierender, hermeneutischer Intelligenz. Der von Spengler und G. Günther herausgestrichene weitere wesentliche Unterschied ist die Rolle und die Behandlung der Zeit. Physikalische, [700] reversible Zeit ist wesentlich verschieden von historischer, irreversibler Zeit.

Dieses Separations-Programm bedingt, daß die Arbeiter im naturwissenschaftlichen Teil des Programms kein ausreichendes konzeptuelles und geistiges Instrumentarium erhalten, um über die historischen Konsequenzen ihres Tuns effektiv nachdenken zu können. [701] Das ist ein Korollar des kalten Giordano-Bruno Effekts. Gleichzeitig wird die reflektierende, hermeneutische Intelligenz effektiv vom Zugang zu der Dynamik der objektivierenden, formalen Intelligenz abgeschnitten, da die rücksichtslos vorangetriebene Formalisierung und Mathematisierung dieser Disziplinen [702] jeden solchen Versuch der Lächerlichkeit preisgibt. [703] Durch die Mathematisierung werden 90% der Bevölkerung ebenso zuverlässig zu Ignoranten [704] stilisiert, wie in den 4500 Jahren zuvor ebenfalls etwa 90% der Bevölkerung Ignoranten waren.

Die Mathematisierung als kalter Giordano-Bruno Effekt qua Initiationsprogramm ist das probate Mittel, mit dem erfolgreich verhindert wird, daß potentiell renegadische Intelligenzen, die es unternehmen könnten, mit selbstreflektivem (Hegelschen) Denken das System der objektivierenden Disziplinen zu decodieren, Eingang zu deren Sanctuaria finden. Erstsemester-Kurse sind, in anthropologischer Sprechweise, Initiationsprogramme der Neo-Tribalistischen Subkulturen heutiger Wissenschafts-Disziplinen. [705] Diese Initiationsprogramme der mathematisierenden Wissenschaften wirken als zuverlässiger Selektionsmechanismus, um solche Intelligenzen auszuscheiden. Der Wirkmechanismus ist hier, daß ein gewisser {Antagonismus / Exklusionsverhältnis} zwischen den mathematischen und selbstreflektiven Denkformen besteht. Das menschliche Gehirn ist in seiner allgemen bekannten beschränkten Fassungs- und Leistungsfähigkeit nur in den seltensten Fällen in der Lage, den geistigen Akrobaten-Akt eines Doublethink zwischen mathematischem und selbstreflektiven Denken zu vollziehen. Der ungeheure Umfang des heutigen wissenschaftlichen Vokabulariums und der Sach- und Fach-Strukturen einer einzigen Disziplin ist in seinem Design perfekt dafür eingerichtet, daß Grundstudiums-Studenten alle ihre geistigen Kräfte aufbieten müssen, um das Material "einzupauken". Zu weiterer Reflektion bleibt dann keine geistige Energie mehr. Dieser Einpauk-Effekt bewirkt eine Prägung, bei der die Denkstrukturen der Initianden unverrückbare Bahnen einnehmen, von denen sie später nicht mehr abweichen können. Es wird damit zuverlässig versichert, daß jemand erst gar nicht in der Lage ist, bestimmte Gedanken zu denken, wie oben schon angedeutet.

Ein weiteres zuverlässiges Amalgations-Programm bildet der Corps-Geist, den die erfolgreichen Absolventen gegenüber allen Außenseitern haben. Dies ist ursprünglich ein genuin tribalistisches Instrumentarium, und in heutigen Gesellschaften bilden technische und wissenschaftliche Interessenkoalitionen mächtige neo-tribale Strukturen, deren Hauptfürsorge natürlich dem Wohlergehen und damit der Macht- und Einkommensvermehrung ihrer Mitglieder gewidmet ist. [706] Honi soit qui mal y pense. Es ist nicht anzunehmen, daß sich bestimmte menschliche Grundprogramme nur deshalb plötzlich ändern, weil jemand eine neue Rhetorik erfunden hat.

Das führt uns zu der letztlichen "Beantwortung der Frage" nach dem kategorischen Imperativ der Aufklärung in den Wissenschaften (Kant 1784), [707] und warum ein solcher Imperativ prinzipiell kompromittiert ist. Anders ausgedrückt, die oben aufgestellte These zur prinzipiellen Unmöglichkeit einer wissenschaftlichen Soziologie überhaupt. Es besteht ein akuter Double-Bind zwischen der deklarativen aufklärerischen Programmatik der Soziologie, und dem Selbsterhaltungstrieb der Disziplin als solcher und ihrer menschlichen Agenten im einzelnen. Dies ist wiederum ein vonNeumannsches Spiel, eine Variation des bekannten Gefangenendilemmas. Im Zweifelsfalle hat derjenige die besseren Überlebenschancen, der sich einer herrschenden Machtkoalition anschließt, als derjenige, der sich gegen sie auflehnt. Eine rigorose, radikale Analyse bestehender Macht- und Herrschafts-Strukturen untergräbt zuerst einmal das gesellschaftliche Fundament der Strukturen, aus denen die verbeamteten und angestellten Forscher ihren Lebensunterhalt beziehen. Und wer sägt schon gerne an dem Ast, auf dem er selber sitzt? Wie oben angedeutet, werden solche Gewissensentscheidungen aber nur in den seltensten Fällen von den einzelnen Wissenschaftlern abgefordert. [708] Diese Gewissensqual wird ihnen durch den von Erdheim analysierten gesellschaftlichen Unbewußtheits-Mechanismus abgenommen, der oben als der kalte Giordano-Bruno Effekt beschrieben wurde.
4.2.3. Aller Guten Dinge sind Drei: Der Ana-Compu-Betismus
@ :ANA_COMPU_BETER
Ein erfolgreiches Herrschaftsprogramm läßt sich, nach dem selben Strickmuster fortgesetzt, praktisch identisch auf alle Zeiten weiterführen. Kaum hatte sich der durchschlagende Erfolg des Ana-Mathe-Betismus manifestiert, trat schon sein Nachfolge-Konzept auf den Plan: Der Ana-Compu-Betismus. In den letzten 50 Jahren wiederholte sich nach beinahe identischem Muster, was zuvor in 500 Jahren mit dem unaufhaltsamen Aufstieg der physikalisch-mathematischen Wissenschaften stattgefunden hatte, und was sich in den letzten 5000 Jahren in den seligen Zeiten der Priester-Herrschaften abgespielt hatte.

4.3. Kata Holon

@ :KATA_HOLON
Strategien erfolgreicher Wissens-Herrschafts-Systeme der Menschheit

Im Folgenden soll anhand zweier historisch sehr erfolgreicher Wissens-Herrschafts-Systeme beispielhaft ein Kompendium von bewährten Strategien des Neo-Polemos erarbeitet werden. Um Mißverständnissen vorzubeugen, soll angemerkt werden, daß die folgenden Ausführungen nur den Wissens-Herrschafts-Aspekt der genannten Systeme betreffen, was ihre Eigenschaften und Qualitäten als Religionen unbenommen, und unberührt läßt. Eine Religion als Volks- und Massen-Bewegung hat immer auch einen politischen Aspekt, und lediglich dieser soll in der folgenden Betrachtung thematisiert werden. [709]
4.3.1. Das Christentum
@ :CHRISTENTUM
Aus sozio-kybernetischer Sicht bietet das Christentum entscheidende Neuformulierungen des Macht-II Komplexes gegenüber dem damals herrschenden römischen Macht-I System. Aufgrund dieser Neuerungen gelang dem Christentum die bisher größte und interessanteste (und wahrscheinlich einzige) Inszenierung der Transmutation einer Epsilon-Koalition in eine Alpha-Koalition. Im Normalfall kann eine Alpha-Koalition nur von einer rekonfigurierten Beta-Gamma Koalition oder durch externe Eroberer abgelöst werden. [710] Formal kann ein Koalitions-Wechsel so dargestellt werden:

((Alpha (Beta >< Gamma)) >< Epsilon)
-> (((Gamma) >< ['Alpha' >< Beta] ) >< Epsilon).

Das Christentum befand sich in einer existenziellen Konfrontation mit einem der perfektesten Macht-I Systeme, das in der Weltgeschichte je entstanden war, dem mit gleichartiger Macht-I Technik nicht zu begegnen war. Jeder Versuch dazu war sicherer Selbstmord, wie bei den jüdischen Aufständen im Jahre 70 und von Bar Kochba im Jahre 135 empirisch festgestellt worden war. (Britannica: Bar Kokhba). Die Machtübernahme der Christen-Koalition in der Folge der Ereignisse der Jahre 313 bis 333 stellt im Theorie-System der Herrschaftssysteme einen historisch einmaligen Fall dar. [711] (Auch eine heilige Wandlung). Kaiser Konstantin erhielt den inoffiziellen Ehrennamen des 13. Apostels. Man darf getrost Spekulationen über die tiefere Bedeutung von Konstantins Ausspruch machen: "es ist klar ersichtlich, daß sie [die Christen] von großem Wert für die Geschäfte des Staats sind." Der Aufstieg der Christen-Koalition soll im folgenden kurz beschrieben werden. [712]
4.3.2. Zeit und die Metaphysik der Herrschaft
@ :ZEIT_METAPHYSIK



Abb.: Das Chi-Rho Symbol, in der Interpretation von Konstantin:
"Unter diesem Zeichen wirst du siegen".

"Gottes Mühlen mahlen zwar langsam,
aber unsere Zeit wird irgendwann noch kommen!"

Mit diesem Motto kann man die Strategie der Herrschaft über die Zeit charakterisieren, [713] die die Grundlage der priesterlichen Herrschaft im allgemeinen, und des Christentums im besonderen ist.

@ :HERRSCHAFT_ZEIT
Aus soziokybernetischer, herrschafts-theoretischer Sicht stellt das Christentum in der Weltgeschichte insofern eine Singularität dar, als daß hier eine Epsilon-Koalition von Underdogs den Aufstieg zur Alpha-Koalition schaffte. Kaiser Konstantin hatte das Chi-Rho Symbol auf den Standarten seiner Truppen vor der siegreichen Schlacht an der Milvischen Brücke (312) verwendet und er ließ sich kurz vor seinem Tode christlich taufen (337).

(Britannica: Constantine): By 313 he had already donated to the Bishop of Rome the imperial property of the Lateran, where a new cathedral, the Basilica Constantiniana (now S. Giovanni in Laterano), soon rose. ... and it was in these early years of his reign that Constantine began issuing laws conveying upon the church and its clergy fiscal and legal privileges and immunities from civic burdens. As he said in a letter of 313 to the proconsul of Africa, the Christian clergy should not be distracted by secular offices from their religious duties " ... for when they are free to render supreme service to the Divinity, it is evident that they confer great benefit upon the affairs of state." ... It is not hard to see why Eusebius regarded Constantine's reign as the fulfillment of divine providence--nor to concede the force of Constantine's assessment of his own role as that of the 13th Apostle.

Daß dieser Marsch durch die Instanzen "zufällig" etwa im Jahre 333 zum Ziel führte, mag Anlaß zu numerologischen Spekulationen um die Zahlen 3, 33, und 333 bieten, aber im vorliegenden Kontext hat es vor allem diese Bedeutung: Es war den Christen gelungen, ein Herrschaftssystem über die Zeit zu errichten, bevor sie dann die weltliche Herrschaft über den Raum antreten konnten. Herrschaft über die Zeit bedeutet kollektive Erinnerung und Gedächtnis, sowie kollektive Zielfassung und Zielverfolgung über viele Generationen hinweg. Nicht umsonst hat Augustinus einen wesentlichen Teil seines Werkes der Zeit und der Erinnerung gewidmet (Confessiones, 10.-12. Buch).

@ :SCHISMA
Die Christen brauchten ca. 10 Generationen für ihren Aufstieg, und das hätte genügend Gelegenheit geboten, daß sich ihre Bewegung wieder zersplittert hätte, und in dem allgemeinen synkretistischen Multi-Kulti- Religionen-Zirkus des späten Römischen Reiches wieder untergegangen wäre. Gegenüber der ebenfalls sehr erfolgreichen Technik der kollektiven Erinnerung der Juden, das auf einem tribalistischen Schema, vor allem auf Endogamie (und damit ethnischer Geschlossenheit), beruhte, war das Christentum weit offen für Konvertiten, daraus bezog es seine Expansion, aber dies war auch seine größte Gefahr: denn wenn die vielen Neu-Christen nicht effektiv integriert und ideologisch abgesichert wurden, waren sie schismatischer Sprengsatz für die gesamte Bewegung, und Schismata hat es ja von Anfang an genug gegeben. Davon handelt die Geschichte der Konzilien der frühen Christenheit, bis zu den Ereignissen um 1600.
4.3.3. Das Kreuz mit der Christenheit
@ :CHI_KREUZ
Das Kreuz, oder besser: das griechische Chi, erweist sich für die Christenheit in vielfacher Hinsicht als äußerst symbolträchtig, nicht nur in der Passionsgeschichte ihres Religionsstifters, sondern die ganze Bewegung stand von Anfang an unter der Zerreißprobe eines Quattro-Lemmas (Vierfaches Dilemma, oder auch Spannungsfeld-Quadrant). Dies läßt sich graphisch gut mit der bekannteren christianisierten Version des Chi, dem diagonalen Kreuz (Andreas-Kreuz) darstellen, das die Basis des P-X (Chi-Rho) Symbols ist:



Abb.: Das große Kreuz der Christenheit

Das große Kreuz der Christenheit ist, daß sie zwischen diesen Gegensatzpaaren sozusagen in die Streckbank eingespannt ist:

Materie >< Geist
><
Macht >< Liebe

Die christliche Religion entstand unter dem Banner der Liebe, und im Geist des göttlichen himmlischen Reiches, [714] und die Christen waren ursprünglich eine eschatologische Gemeinschaft von Underdogs der Römischen Gesellschaft, denen das irdische Leben sowieso nicht viele Attraktionen zu bieten hatte, und denen daher das Himmlische Leben umso erstrebenswerter erschien, und die eigentlich nur gemeinsam auf den jüngsten Tag warten und beten wollten, aber da sich dieser trotz aller wiederholten Prophezeiungen nicht einstellen wollte, mußte man notgedrungen etwas finden, womit man die Zeit bis dahin sinnvoll nutzen konnte. [715] Also mußten sich die Vordenker der Christenheit irgendwie mit den Antagonisten ihrer Ideale, nämlich mit Materie und Macht, ins Einvernehmen setzen.
4.3.4. Die Transsubstantiation des Christentums
@ :KIRCHE_MACHT
Man leite aus den Handlungen Innocenz' III., der die Kirche beinahe zur Weltherrschaft geführt hat, die Grundregeln ab und man erhält einen Katechismus der Erfolges, der das äußerste Gegenteil aller religiösen Moral dastellt, ohne den es aber keine Kirche, keine englischen Kolonien, keine amerikanischen Vermögen... weder einen Staat, noch eine Partei, noch überhaupt ein Volk in erträglicher Lage geben würde. Das Leben, nicht der Einzelne ist gewissenlos.
Spengler (1980, 1113)
@ :MARTYRIUM
Das gilt endlich auch von den Kirchen, die etwas ganz anderes sind als Religionen, nämlich Elemente der Tatsachenwelt und deshalb im Charakter ihrer Führung politisch und nicht religiös. Nicht die christliche Predigt, der christliche Märtyrer hat die Welt erobert, und daß er die Kraft dazu besaß, verdankt er nicht der Lehre, sondern dem Vorbild des Mannes am Kreuz.
Spengler (1980, 1114)

Das Chi ist für das Christentum auch in anderer Hinsicht bedeutsam, in den griechischen Wörtern: Chimaira (Fabeltier, Wolpertinger) [716] und Chameleon [717]. Man kann sagen, daß das Christentum in der Zeit von 33 bis 333 eine Transsubstantiation durchmachte, von einer Außer- und Jenseitsweltlichen Religion, einem Erlösungssystem, zu einem weltlichen sozio-kybernetischen Herrschaftssystem, das sich neben den geistlichen Inhalten auch erfolgreich mit Themen der Macht und der Herrschaft auseinandersetzte: es wurde zur Staatskirche, und damit zu einem integralen Bestandteil des etablierten Machtsystems. Es wurde zum Beta-Partner in der Alpha-Beta Koalition. [718] Und damit rückt die Christenheit in den Focus der vorliegenden Untersuchung. Mit Konstantins Ausspruch: "es ist klar ersichtlich, daß sie [die Christen] von großem Wert für die Geschäfte des Staats sind" erhalten wir es aus berufenem Munde bestätigt, daß die Christenheit in diesen 333 Jahren offenbar einiges gelernt hatte, das für einen so abgebrühten Machtmenschen wie Konstantin sehr nützlich war. (Campbell 1996,III: 440-443, insb. 442).
4.3.5. Die Christen und das Römische Reich
Betrachten wir also kurz die Situation des Römischen Reiches zwischen den Jahren -31, dem Beginn der Herrschaft von Augustus, und 337, dem Tod von Konstantin. [719] Beim Tod von Marc Aurel im Jahre 180 befand es sich auf dem Zenith seiner Macht, mit einer Ausdehnung von ca. 4600 km Ost-West, und 3600 km Nord-Süd, rund um das Mittelmeer und die nördlichen Territorien. [720] Das Römische Reich repräsentierte eine der größten Herrschaftsmaschinerien, die die Menschheit je geschaffen hatte. Es hatte wie eine Spinne den gesamten Mittelmeer-Raum und seine angrenzenden Festland-Territorien mit einem dichten Netz von Kommunikations- und Transportsystemen überzogen, den Seewegen und Fernstraßen. [721] Im Zentrum dieses Spinnensystems lag die Hauptstadt Rom, und im Zentrum der Stadt Rom lag der Kaiserpalast, und im Zentrum des Kaiserpalastes saß der Imperator, und bei ihm liefen alle Fäden der Macht zusammen. Die Reichtümer des Territoriums wurden über die Schiffahrtslinien und Straßen nach Rom transportiert, Hunderttausende von Tonnen Getreide aus Ägypten, um die Millionenbevölkerung Roms zu ernähren, Tausende von Tonnen der kostbarsten Luxusgüter aus aller Welt, bis zu Seide aus China, und Gewürzen aus Indien und Ostasien, [722] für die Oberschichten, und jährlich Zehntausende von wilden Tieren aus Afrika und Asien, um sie im Zirkus zur Belustigung des Pöbels abzuschlachten. [723] Gleichzeitig zeigten sich allerlei Verfallserscheinungen und Krisen: Die Verwaltung geriet tiefer und tiefer in die Korruption und die Wirtschaft tiefer und tiefer in Inflation und Depression, ganze Landstriche in den Kernländern waren entvölkert. Der Verfall des Imperium Romanum läßt sich ziemlich exakt an der Abnahme des Silbergehalts in seinen Münzen messen: -300: 99,5%, +69 (Vespasian): 80%, +180 (Commodus): 67%, +238 (Gordianus): 30%, +253 (Gallienus): 0,5%. (Neuburger 1919: 20).

Die Koalitions-Struktur des Römischen Macht-Systems läßt sich sehr vereinfacht so darstellen: [724] Die Macht der Kaiser basierte auf den Legionen, und sie hatten eine Art Alpha-Epsilon Koalition mit dem Proletariat gebildet, das sie mit "Brot und Spielen" bei Laune hielten. Die Oberschicht des Patriziats, die etwa 2 % der Population umfaßte, war von den Kaisern aus ihrer politischen Vormacht der Republik-Zeit herausgedrängt worden, und wurde durch das Privilieg einer Herrenmenschen-Vorrangstellung in der scharf getrennten Klassen-Gesellschaft Roms an die Macht-Koalition angebunden. Ihre ökonomische Basis beruhte auf Sklavenhaltung und "Bewirtschaftung" der Provinzen. Sklavenwirtschaft ist abhängig von Eroberungen und Kriegen, um ständig neue Sklaven zu besorgen, weil ihr Bestand ständig abnahm, [725] und man die vorhanden nicht einfach wie Tiere nachzüchten konnte. Sobald dieser Nachschub versiegte, begann das System sich zu destabilisieren. Ein sozio-ökonomischer Teufelskreis war mit der Depopulation der römischen Kernbevölkerung entstanden, deren Männer für die Legionen rekrutiert worden waren, wo sie an den Grenzen des Reiches verbluteten, [726] dies bewirkte ein ökonomisches und Fachkräfte- Ausbluten der italischen Wirtschaft und Industrie, deren freie Gewerbetreibende wiederum in der Vernichtungs-Konkurrenz durch die Sklavenbetriebe standen.

Die Christen waren ursprünglich eine jüdische Sekte, und viele ihrer Neu-Konvertiten waren freigelassene Sklaven, und sie waren, wie schon gesagt, anfangs die Underdogs der Römischen Gesellschaft. Den römischen Machthabern war aber nicht entgangen, daß das Christentum für diese Underdogs durchaus seinen positiven Wert hatte, nicht nur in dem Sinne, wie Marx es später als "Opium für das Volk" bezeichnet hat. Denn er hatte in seiner Polemik übersehen, [727] daß beim frühen Christentum nicht einfache Betäubung in der Hoffnungslosigkeit vorlag, sondern auch ein akuter Lebenswillen, und eine höhere moralische Integrität, und damit auch Produktivität, durch die sich die Christen mit der Zeit als äußerst nützlich und vorteilhaft für die Herrschenden auszeichneten. Diese Art von Überlegungen dürfte der Hintergrund gewesen sein, warum Konstantin den Christen seine Gunst zeigte. (Campbell 1996,III: 440-443). [728] Die römischen Machthaber hatten zwar an den fatalen Entwicklungen erkannt, daß "etwas faul war im Staate Rom" (Spengler 1980: 787), aber selbst wenn sie das sozio-kybernetische System der verschiedenen sich gegenseitig aufschaukelnden sozio-ökonomischen Teufelskreise des Reiches verstanden hätten, wäre eine Lösung wohl nicht zu installieren gewesen. So mußte das Reich, und mit ihm die Antike, seinen Untergang nehmen. Nach 200 häuften sich die Einbrüche von Germanen und Parthern (Persern), und letztlich wurden die Grenzen von den Angreifern endgültig durchbrochen. Rom wurde im Jahr 410 von Alarich erobert und geplündert, was das Ende des Weströmischen Reichs bedeutete.
4.3.6. Die Stärke der Liebe, die Macht des Geistes und die Herrschaft des Wissens
Aus der Konfrontation mit dem Römischen Reich, einem der größten Macht-Systeme, das die Menschheit je geschaffen hatte, entwickelte die Christenheit auf ihrem 333-jährigen "Marsch durch die Instanzen" aus ihrer anfänglichen Position der Ohnmacht heraus ein neues System der Macht, das auf der Welt ebenfalls seinesgleichen suchte. In dem standhaften Martyrium ihrer Glaubensbrüder erkannten die Christen, daß die gewaltige Über- Macht-I der römischen Herrschaft einem determinierten Glauben nichts anhaben konnte, und damit war das Fundament für die Formierung eines Willens, der stärker war als der seiner Gegner, schon gegossen. [729] Die Stärke der christlichen Liebe erweist sich insbesondere dann als hilfreicher Leitfaden, wenn eine direkte Aggression aufgrund der aktuellen physischen Ohnmacht nicht in Frage kommt, wie es die Christen aus der Katastrophe der jüdischen Aufstände gelernt hatten. [730] So schuf die Christenheit eine neue Macht: die Macht des Geistes und die Fundamente für die Herrschaft des Wissens. [731] Sie legten die Fundamente eines Macht-II Systems.
4.3.7. Der Sauerteig-Effekt
Im Eu-angelion, der frohen Botschaft ihres Herrn Jesus Christus, war den Christen ein Prinzip verkündet worden, das sich für ihre Entwicklung als entscheidend erweisen sollte: der Sauerteig-Effekt. In kybernetischer Sprechweise ist das die früheste Formulierung des Autokatalyse- Prinzips. Im Gegensatz zu den Juden, die sich in ihren quasi-tribalen Strukturen abschlossen, öffneten sich die Christen für alle Konvertiten, die zu ihnen kommen wollten, ein äußerst gefährliches Spiel für die junge Religion, wie oben schon angedeutet. [732] Und man kann nicht wirklich behaupten, daß das Christentum darin den Sieg davongetragen hat. Denn schon mit Paulus hatte es sich entscheidend von dem Ur-Christentum (bzw. der jüdischen Sekte) des Petrus und der Jünger, die Jesus noch persönlich gekannt hatten, wegbewegt. Auch die Evangelien sind wesentlich später nach den Ereignissen von Golgatha entstanden, insb. das Johannes-Evangelium, das schon die deutlichen Spuren der geistigen Auseinandersetzung mit dem Hellenismus zeigt: Die Logos-Doktrin. [733] Es ist also sicher nicht leicht zu entscheiden, ob von dem Ur-Christentum nicht nur der Name übriggeblieben ist, und ein paar mythische Erinnerungen.
4.3.8. Der Neo-Polemos
@ :NEO_POLEMOS
So nahm das Christentum im römischen Reich einen geistigen Kampf auf, in dem es daran ging, sich die Philosophien und Religionen der antiken Welt geistig zu unterwerfen, indem es seine eigenen Prinzipien so dehnte und verallgemeinerte, daß sie die anderen umfassen und letztlich besiegen konnten. Das war nicht als friedliche Koexistenz der geistigen Wege gedacht, sondern eine der frühesten Inszenierungen des Neo-Polemos, der Führung eines Krieges mit geistigen Mitteln, ein erbarmungsloser Kampf der Ideologien, in dem die Christen ihre Konkurrenten überwanden und ausrotteten. [734] Keiner hat das besser ausgedrückt als der große Kirchenvater Augustinus:

Die Wirklichkeit selbst nämlich, die man heute als christliche Religion bezeichnet, bestand auch schon bei den Alten, ja, sie fehlte niemals seit Beginn der Menschheit, bis daß Christus im Fleische kam; seither begann man lediglich, die wahre Religion, die schon immer bestand, die christliche zu nennen.
Augustinus : Retractationes, I 12, 3

Im Jahre 529 hatten sie auf ganzer Front gesiegt: Kaiser Justinian schloß die letzten heidnischen Philosophenschulen in Athen und vertrieb die Philosophen aus dem Territorium der christlichen Herrschaft. [735] Im selben Jahr wurde auf dem Monte Cassino das Kloster des Benedikt gegründet. In dem neu entstehenden System des organisierten christlichen Mönchstums hatten die unruhigen Geister der Christenheit, die Mystiker und Visionäre, die früher als Anachoreten in die Wüste oder in die Wälder gegangen waren, die Möglichkeit, in "gutgeführten Heimen mit Hausordnung" [736] den organisierten Aufbau des christlichen Wissenssystems voranzutreiben. In diesem Unternehmen ging es dem Christentum um die Schaffung eines nahtlosen kohärenten Systems der Hiero-archia. [737] Dies bedeutet: Herrschaft des Höchsten Prinzips, in der christlichen Interpretation also: Herrschaft Gottes und seiner Stellvertreter auf Erden. Ein Kernstück ihres Systems hatten sie von den Neo-Platonisten übernommen und weiterentwickelt. [738] Zwar waren die hellenistischen Neo-Platonisten, vor allem ihr Vordenker Plotin, scharf gegen die christliche Lehre eingestellt, aber das war hauptsächlich eine Notmaßnahme, denn sie mußten sich notgedrungen abgrenzen, weil ihr System dem mono-theistischen Principium der Christen und Juden (siehe Philo) allzu ähnlich war. Wie die Geschichte zeigt, sind aber bestimmte Entwicklungen aufgrund ihrer Eigendynamik nicht aufzuhalten, und so übernahmen die Christen das Neo-Platonische System, und machten es zu ihrem eigenen, in der Fassung von pseudo-Dionysios Areopagita, Origines, und Augustinus. [739] Als erschwerend erwies sich für die Christen, daß ihr Gott ja eine Drei-Einigkeit war. Das Absolut Höchste liess sich aber in einer geradlinigen Logik mit dem Prinzip des Einen, dem Hen Platons und Plotins, sehr viel eleganter formulieren. Und, ebenfalls als geradlinige Fortentwicklung einer geschichtlichen Dynamik, entstand bald darauf ein System, das das Prinzip des Einen mit bisher ungeahnter Schlag- und Durchsetzungskraft in greifbare Realität umsetzen sollte: Der Islam. [740]
4.3.9. De Principio, oder: Der Ur-Sprung der Herrschaft
@ :UR_SPRUNG
archaen ... eiraeke ton onton to apeiron
Der Ur-Sprung der seienden Dinge ist das Unbegrenzte (apeiron)
ex on de he genesis esti tois ousi
Aus welchen (seienden Dingen) die seienden Dinge ihre Entstehung haben
kai taen phthoran eis tauta ginesthai kata to chreon
dorthin findet auch ihr Vergehen statt, wie es gemäß der Ordnung ist
didonai gar auta dikaen kai tisin allaelois taes adikias kata taen tou chronou taxin
denn sie leisten einander Recht und Strafe für das Unrecht (adikia ) gemäß der zeitlichen
Ordnung (chronos ) [741]
Anaximandros

ex archaes... aetoi men protista Chaos genet, autar epeita Gai' eurysternos
wahrlich, vom Ur-Sprung her entstand das Chaos, aber dann die breitbrüstige Gaia
Hesiodos

en archae en ho logos
Im Ur-Sprung war der Logos
Joh. 1.1

principium non est principiatum
Der Ur-Sprung ist nicht das Ent-Sprungene
Nicolaus Cusanus

Wer heute etwas über den Ur-Sprung erfahren möchte, der hat dazu beim Bungee-Jumping die beste Gelegenheit. Das Gefühl, das man in der Sekunde vor dem Sprung im Unterbauch und noch etwas tiefer [742] empfindet, ist das authentische Gefühl des Ur-Sprungs. Eine andere, etwas weniger die eigenen Nerven kitzelnde Erfahrung kann man erhalten, wenn man bei Regen beobachtet, wie sich auf einem Blatt ein Wasser-Tropfen aus dem Zusammenfluß von kleinen Rinnsalen entsteht und sich ganz, ganz langsam, zitternd und gleichsam zögernd, von seiner Oberfläche ablöst. [743]

@ :URSPRUNG_HERRSCHAFT
Das Thema des Ur-Sprungs ist im vorliegenden sozio-kybernetischen, herrschafts-theoretischen Kontext von "Wissen und Macht" insofern von entscheidender Bedeutung, als daß das griechische Wort archae und das lateinische principium [744] nicht nur Ur-Sprung, sondern auch Herrschaft bedeuten. Und so erscheint es als bedeutsam, daß im Jahre 1459 der Kardinal Nicolaus Cusanus eine Schrift "De Principio" [745] verfaßte, deren Inhalt vielleicht doch nicht so ganz ohne Bezug zu dem schon in der Einleitung genannten Werk von Niccolò Macchiavelli: "Il Principe" [746] von 1513 steht. Das Werk entstand, als Kardinal Cusanus Oberhaupt des Fürstbistums Brixen war, und nach den geschichtlichen Zeugnissen verstand er es auch gut, mit den weltlichen Mitteln der Herrschaft umzugehen. Cusanus argumentiert in seiner Schrift für die Natur Christi als Ursprung, und den dreifachen Ursprung der Trinität, ausgehend von einer Interpretation der Textstelle in Joh. 8, 25, nach der Jesus sich als der Ursprung bezeichnet. [747] Der Ursprung beherrscht die Dinge, indem sie von ihm logisch abhängig sind. "De Principio" (wie die anderen Werke von Cusanus) stellt eine Zusammenfassung und Kondensation des 1500-jährigen spirituellen Kampfes der intellektuellen Kräfte der Christenheit um das Systems der Hiero-archia d.h. der Herrschaft des Höchsten Prinzips.
4.3.10. Herrschaft und das Prinzip der ideologischen Unterwerfung
"Immoral" - das ist nur eine neue Art von Moral, und zwar mit dem gleichen Anspruch des Vorrangs vor allen andern. Der Wille zur Macht ist intolerant. Alles Faustische will Alleinherrschaft. Für das apollinische Weltgefühl - das Nebeneinander vieler Einzeldinge - ist Toleranz selbstverständlich. Sie gehört zum Still der willensfremden Ataraxia. Für die abendländische Welt - den einen grenzenlosen Seelenraum, den Raum als Spannung - ist sie Selbsttäuschung oder ein Zeichen des Erlöschens.
Spengler (1980, 437)

Herrschaft ist umso sicherer und dauerhafter, je besser der Wille der Beherrschten unter die Kontrolle der Herrschenden gebracht wird. Dies wird natürlich entscheidend dadurch gefördert, wenn eine freiwillige Unterwerfung des Beherrschten, das Hingeben des eigenen Willens unter den anderen, als höher, und höherwertig akzeptierten Willen, erfolgt. Das ist das Kernprinzip des Systems der geistigen Macht, der Hiero-archia. Heraklit hatte mit seiner Formulierung der Logos-Doktrin den Grundstein dafür gelegt, und das System wurde von den Christen konsequent ausgebaut. Das weltliche Herrschaftssystem wurde als Reflexion auf das geistige verstanden, und seine irdischen Vertreter installierten eine weltliche Hier-Archia. In den christlichen Mönchsorden findet sich die konkrete Anwendung dieses Prinzips, der unbedingte Gehorsam unter die Autorität der Oberen, der "Fratres Superiores", der Kirche.

4.4. Der Islam und die spirituelle Unterwerfung

@ :ISLAM
Ich wiederhole hier, was ich schon unter "Kata Holon" gesagt habe, um eine Fehl-Interpretation meiner Ausführungen zu vermeiden: Hier behandele ich nur Themen, die den Wissens-Herrschafts-Aspekt eines sozio-politischen Systems betreffen, davon unbenommen ist, was seine Eigenschaften und Qualitäten als Religion angeht. Viele islamische Mystiker haben uns die tiefe Weisheit gezeigt, die in der Religion des Islam enthalten ist. [748] Aber nach den Mystikern kamen immer die Mullahs und die Sharia, die das theokratische Regime des Islam installierten und festzementierten. Und es ist egal, dass die Botschaft des Propheten Mohammed nicht für alle menschen-unwürdigen Praktiken islamischer Gesellschaften verantwortlich ist, solange sie als Argument für deren Zementierung gebraucht wird. "Der Islam" heisst im vorliegenden Kontext: "Die unhinterfragten Sitten und Gebräuche oder "Pre-Skripte" islamischer Gesellschaften". [749] Die "Pre-Skripte" des Islam entstanden in der Wüste, und das sozio-politische System der islamischen Gesellschaften ist auf "Kulturen der Wüste" optimiert. Die Wüste ist eine extrem lebensfeindliche Umwelt, aber auch von überwältigender Schönheit und Erhabenheit. Nirgendwo sonst erfährt "Mensch" die Nichtigkeit seines Seins so drastisch wie in der Wüste. Dies prägt jedes spirituelle System unverkennbar. Um dort zu überleben, müssen die Menschen sich starken Zwängen unterwerfen, seien sie nun natur-gegeben, oder durch den Kampf der Stämme gegeneinander, um die knappen Ressourcen. Die "enigmatische" Frage der Noologie ist: wieweit spielen die Pre-Skripte des Wüsten-Lebens noch in ganz anderen Lebensumständen eine entscheidende Rolle? Ja, man kann sogar die Frage stellen, wieweit "Monotheismus" und "Verwüstung" ein einigendes Zentralthema haben. Wenn der Monotheismus eine "Re-Ligion" der "Wüsten-Völker" ist, und je mehr "die Wüste wächst", desto bessor "floriert" diese "Re-Ligion".

Man kann bei heutigen Praktiken des Islam nicht von Toleranz und Koexistenz reden, in dem Sinn, wie es im Westen verstanden wird, solange in Arabien keine Kirche gebaut und keine andere Religion praktiziert werden darf, solange in vielen islamischen Ländern andere Religions-Gruppen unterdrückt werden, solange es nach der Tradition verboten ist, dass eine Muslimin einen "Ungläubigen" heiratet, [750] solange islamische Frauen aus "Ehre"-Gründen straflos ermordet werden, [751] ganz besonders wenn sie sexuelle Beziehungen zu "Ungläubigen" haben, solange Mädchen in islamischen Ländern (mit steigender Tendenz) genital verstümmelt werden, [752] oder solange sich jeder Muslim der Todesstrafe schuldig macht, wenn er sich zu einer anderen Religion bekehrt. Der Islam hat das Judentum in gewisser Weise kat-holisiert, in dem bestimmte jüdische Glaubens-Grundsätze und Praktiken von dem jüdischen Ethnos abgelöst und allen Menschen aller Rassen, Ethnien und Sprachen zugänglich wurden, vorausgesetzt sie anerkennen die Glaubensregeln und Praktiken des Islam. Die wohl wesentlichste Komponente, die der Islam kat-holisierte, war der Gedanke von "Gottes auserwählten Volkes". [753] Und mit einem solchen Gefühl der Auserwähltheit und spirituellen Überlegenheit gegenüber den "Ungläubigen" ist "Toleranz" bestenfalls eine Duldung, aber niemals Anerkennung. Die "manifest destiny" der "Wahren Gläubigen" ist es nach wie vor, bei jeder sich bietenden Gelegenheit die "Ungläubigen" mit guten Worten oder Gewalt (mit Djihad) für die "wahre Religion" zu bekehren. (So wie das heute in Afrika und Indonesien, etwa auf Timor und im Sudan noch immer geschieht). [754] Wenn islamische Teil-Bevölkerungen aufgrund höherer Geburtenrate in einem Land die Mehrheit erlangen, werden auch die Forderungen der Dominanz schnell unüberhörbar. (Siehe Balkan und Kaukasus).
->: KATA_HOLON, p. 314

Aus sozio-kybernetischer Sicht kann das soziale System der Religion Mohammeds, der Islam, als die perfekteste Implementation des Herakliteischen Prinzips: "Der Krieg ist der Vater aller Dinge" mit metaphysischer Lackierung angesehen werden, die der menschliche Geist je erschaffen hat. Das Wort "Islam" bedeutet: Vollkommene und unhinterfragte Unterwerfung unter den Willen Gottes, der aber immer von irgend einem Menschen verkündet und interpretiert wird. Dadurch, daß die Botschaft des Islam (der Koran) als direktes Wort Gottes metaphysisch unangreifbar ist, bietet der Islam ein wesentlich "besseres" System der spirituellen Unterwerfung und sozialen Kontrolle als alle anderen bekannten. Im Gegensatz zum Christentum bestand auch kein Grund, die Komponente der Liebe oder der Gewaltfreiheit in den Kanon der Religion aufzunehmen, und so ist Gewalt ein integraler Bestandteil der sozialen Praxis der islamischen Kulturen: der Jihad. Zwar wird, je nach Auslegung des Koran, das Wort "Jihad" auch mit "Glaubens-Anstrengung" übersetzt, aber das ist im wesentlichen abhängig davon, welcher Denklinie der betreffende Imam oder Mullah und seine Anhänger angehören. Nach den politischen Prinzipien des Islam verkündet vor allem derjenige den Willen Gottes, der sich (nach dem Willen Gottes) auf dem Schlachtfeld durchgesetzt hat. Diese post-hoc Logik besticht durch ihre Einfachheit. Was passiert ist, muss eben der "Wille Gottes" gewesen sein, denn sonst wäre es nicht faktisch geworden. Die folgenden Passagen aus dem Koran lassen sich auch als paradigmatisches Programm der Intoleranz und als Aufruf zum Kampf gegen die "Ungläubigen" interpretieren: II, 186, 187, 212, IV, 76, IX, 52, 88-89, 90, XLVII, 4-7, 37, LX 38.
4.4.1. Der Islam und die metaphysische Formulierung des holarchischen Prinzips
Mohammed und seine Nachfolger lieferten auch die bisher perfekteste metaphysische Formulierung und politische Realisation des holarchischen Prinzips der Neo-Platonischen Philosophie des "Hen". Das folgende ist eine kurze Zusammenfassung der Thesen aus Goppold (2001b). [755]

Das Bewußtsein des Abendlandes hat die tiefere geistesgeschichtliche Bedeutung des Aufstiegs des Islam nach 600 vor allem daran wahrgenommen, daß "plötzlich" die gesamte Süd- und Ostseite der antiken Oikumene (und damit die reicheren und wichtigeren Gebiete) in den Händen der Moslems war, und die profitablen Handelswege nach China und Indien ebenso. Das war ein gewaltiger Schlag ins Gesicht für die Arroganz, mit der die Christlichen Machthaber und Chef-Ideologen geglaubt hatten, das römische Imperium beerben zu können, als sie merken mußten, daß ihnen das Patentrezept unwiederbringlich entglitten war, mit dem die Römer die Einheit ihres Systems geschaffen hatten. [756] Denn die Geschichte der Christenheit kann eigentlich nur als eine unheilvolle Kette von Schismata geschrieben werden, die man immer wieder mit den bewährten Methoden der Gewalt zu überkitten versuchte, was letztlich in die bekannten Zivilisations-Katastrophen Europas führte, von denen der 30jährige Krieg die sichtbarste ist. [757] Die Araber hatten das Patentrezept der Einheit in völlig neuer Form wieder-erschaffen. Bei ihnen hieß es "Islam", die absolute Ergebenheit unter den Willen Gottes (bzw. seiner Stellvertreter auf Erden: den Khalifen), und wie der Rest der Welt für die nächsten 700 Jahre feststellen mußte, war das genau das Patentrezept, um den anderen zu zeigen, wie die Herrschaft Gottes auf Erden zu installieren ist. Irgendwann kam auch hier der Niedergang, etwa als die Mongolen unter Hülägü 1258 Bhagdad das erste Mal eroberten und zerstörten, und dann unter (dem islamischen) Timur (Tamerlan) 1401 keinen Stein auf dem anderen von der Herrlichkeit des Khalifischen Islamischen Reiches stehen ließen. Danach übernahmen die türkischen Osmanen das Banner des Islam für weitere ca. 400 Jahre. Aber das ist eine andere Geschichte.

Allerdings expandierte der Islam auch mit friedlichen Mitteln. Dabei ist ein wesentlicher Faktor nicht zu vergessen, den der Islam vor seinen Konkurrenz-Religionen Christentum und Buddhismus zu seinem Vorteil hatte: Nicht nur in Europa galt das Prinzip: "Cuius Regio Eius Religio". Auch in Zentral- und Südostasien waren es die lokalen Herrscher, die bestimmten, welche Religion ihre Untertanen anzunehmen hatten, und so war es das unschlagbare Argument der islamischen Missionare, dass sich die Herrscher und mächtigen Männer mit voller spiritueller Legitimation riesige Harems leisten durften. Da Christentum und Buddhismus immer auch ein gewisses asketisches und weltabgewandtes Element beinhalteten, hatten sie in dieser Hinsicht das Nachsehen, da dies den jeweiligen Machtmenschen nicht so sehr behagte.

Um die neuronale Tiefendimension des Islamischen Durchbruchs besser zu verstehen, müssen wir die Theorien McLuhans über einen Punkt hinaus verfolgen, über den er als Katholik nie kommen konnte, weil er selber noch in dem neuronalen Käfig des römischen Katholizismus gefangen war. Er erkannte zwar die Gitterstäbe, aber das reichte nicht. Er sah den fundamentalen Unterschied von visuell-spatialen und auditiv-temporalen Denk-Modi, aber er konnte nicht den Bereich erkennen, in dem der letztere Modus eine ungeheure Überlegenheit hatte. [758] Der neuronal-logische Geburtsfehler des Christentums ist seine Genese als Massenreligion des einfachen Volkes. [759] Das probate Mittel, um die Massen zu beeinflussen ist heute, wie vor zweitausend Jahren, die Vereinfachung und Verbildlichung. Das ist das Patentrezept der heutigen Fernseh-Medien-Weltherrscher [760] wie auch der damaligen Christen-Chefideologen. Das junge Christentum schlug die wichtigste Injunktion seiner Mutter-Religion, des Judentums, das Bilderverbot, in den Wind, und behauptete auch noch, es sei eine Verbesserung der alten Religion. Ja, man hatte mehr Anhänger damit gewonnen, soviel ist gewiß, aber das führte auch zur Verwässerung bestimmter essentieller Grundprinzipien.

Der Islam richtete sich in vielen Dingen konsequent am Judentum aus, und ging darüber hinaus, und das vor allem in dem Kernprinzip des Bilderverbots. Am Anfang war der Islam, ebenso wie das damalige Judentum der Kaufmanns-Gilden Arabiens, ein Elitesystem. Die frühen Auseinandersetzungen von Mekka und Medina betrafen vor allem so wichtige ökonomische Fragen wie das Handelsmonopol auf den Karawanen-Routen. Das Geheimrezept der islamischen Überlegenheit war, neben dem für jede nur denkbare Führerschaft idealen Prinzip der absoluten Ergebenheit unter den Willen (von wem auch immer, der gerade im Namen Gottes die Führung innehatte), daß es auf die maximale Schlagkraft der Elite ankam, die systematisch gezüchtet wurde, einem langen und harten Ausbildungsweg, in dessen Drill die Wüstenvölker der Araber schon seit Jahrtausenden bestens geübt waren. Ihre kriegerischen Erfolge kennen die Christen nur zu gut, aber das Geheimnis ihrer ideologischen Überlegenheit konnten sie nie wirklich lüften, auch wenn sie dann später einige ihrer Rezepte erfolgreich nachmachten. Das ideologische Geheimnis war: Abstraktion. In der Wüste, mit ihrer grausamen Trockenheit, ist Abstraktion sozusagen ein Modus Vivendi, man nennt es da nur Desiccation. Aber es bedeutet dasselbe. [761] Wenn man von der Religion her mit den schwersten nur denkbaren Injunktionen gezwungen wird, sich von dem wichtigsten, was man sich vorstellen will, "Kein Bild zu Machen", was tut man dann? Wenn man systematisch dazu gezwungen ist, ohne bildliche und konzeptuelle Vorstellung zu denken, dann findet man (vielleicht) strukturelle Formalismen: Al-Chemie, Al-Jabr (Algebra), Al-Muqabala, [762] und Al-Chwarzimi (Al-Gorismus, Algorithmus, Computer-Programme). Die Grundproblematik ist die, daß das christlich-westlich-abendländische Denken sich immer in irgendeiner Form "Ein Bild gemacht hat", mit Ausnahme der Mathematik und der mathematischen Theologie des Nicolaus Cusanus. Die Mathematik hat der Westen ja wesentlich von den Arabern. Die Stellenwert- und Null-Rechnung der Inder kam über Vermittlung der Araber ins christliche Abendland.

Aber für die römisch-christliche Theologie war das nicht zu internalisieren, die Mathematik und die Metaphysik mussten getrennt bleiben. Erst mit der Aufklärung, als die Menschen sich schon von den christlichen Denkprinzipien loszulösen begannen, konnten die notwendigen mathematischen Abstraktionen gedacht werden, diesmal aber nur formal und unspirituell. In der Muslimischen Welt dagegen steht die Metaphysik auf allen Monumenten, und auf allen Gebetsteppichen für jeden sinnlich greifbar. Islamische Ornamentik ist figurale Metaphysik, ist bildliche Mathematik, ist mathematisches Gebet.
4.4.2. Die Probleme des Islam
Die kulturelle Überlegenheit und Schlagkraft der ursprünglich arabischen islamischen Expansion ging durch verschiedene Entwicklungen wieder verloren. Das enorme kriegerische Potential des arabischen Kampf-Ethos beruhte ja auf der hohen Aggressivität, die in den Wüsten-Stämmen systematisch gezüchtet wurde, und die sich alsbald in internen Streitereien der Führungs-Ansprüche zeigte. So kam es auch hier bald zum Schisma, als sich die Fraktion der Schiiten abspaltete (die sich auf die charismatische Abstammungslinie Ali's, dem Schwiegersohn Mohammeds, beruft). Wie schon Ibn Chaldun bemerkte, hatte das politische System des Islam schwer an der Polarisation zwischen Stadt- (Händler-) und Wüstenstamm- (Krieger-) Mentalität zu tragen. Die Städter lebten unter der ständigen Bedrohung durch die Wüsten-Nomaden und waren daher nur zu bereit, sich autokratischen und despotischen Herrschern unterzuordnen, die ihnen Schutz vor der Bedrohung aus der Wüste versprachen. (Leider oft vergeblich, wie die Erfahrung mit den Mongolen zeigte). Diese Despotie-Hörigkeit und der immer wiederkehrende Ruf nach einem starken Führer hält sich ungebrochen bis heute. Dahinter steht auch die Sehnsucht, das alte Khalifat in seiner Macht und Pracht wieder zu errichten. Weiter litt das islamische Elite-System darunter, dass man allen unterworfenen Völkern die Konversion zum Islam möglich machte, und damit flossen fremde Elemente in die ursprünglich arabisch geprägte Ethno-Struktur des Islam ein, die Spengler als Fellachentum bezeichnet hatte. So könnte man die lähmende Schrift- und Gesetzes-Fixiertheit des Mullah-Schriftgelehrtentums auch als späteren Einfluss von (ehemals byzantinisch- / syrisch-christlichen) Konvertiten interpretieren, die sich besonders durch Wort- und Buch-Fixiertheit hervortaten. Schliesslich zerstörten die Mongolen die wesentlichen islamischen kulturellen Zentren in Asien und in Mesopotamien. Als Reiternomaden beherrschten sie die ursprünglichen Techniken und Taktiken der arabischen Reiter noch ein wenig besser. Damit ging das Khalifat unter, welches als Einziges eine einigende Funktion in der gesamt-islamischen Welt ausübte. Aber es ist sehr gut möglich, dass der Islam in naher Zukunft einen starken Revival erleben wird, insbesondere seit die Religion als Abgrenzungs-Ideologie gegen den Westen verwendet wird.

Heute ist die Welt des Islam in viele sehr verschiedene Facetten und Machtgruppen aufgespalten, und vor allem Sunniten und Shiiten bilden eine durch lange Feindschaft verfestigte Frontlinie innerhalb des Islam. Allerdings wird die innere Feindschaft dann sofort vergessen, wenn ein starker äusserer Feind existiert, und so bildet die gemeinsame Front gegen das gottlose System des europäisch- amerikanischen Kapitalismus, Konsumismus, und sexuellen Libertinismus eine starke einigende Klammer. Die Religion bildet eine starke Quelle der Selbst-Identität vieler islamischer Völker, die sich von dem westlichen System bedroht fühlen. In den letzten 50 Jahren hat in der islamischen Welt eine starke Rückwärts-Bewegung "hin zum Mittelalter" stattgefunden, die durch den enormen Geld- und Ideologie-Fluss des Saudi-Arabischen Wahhabitentums in alle anderen islamischen Länder "rückwärts"-getrieben wurde. Die Wahhabiten gehören zu den radikalsten und kompromisslosesten fundamentalistischen Fraktionen des Islam, und leider hat genau diese Fraktion durch die enormen Öl-Reichtümer ihren unheilvollen Einfluss auf die ganze Welt genommen. So wurden mit saudischem Geld in aller Welt neue Moscheen und Koranschulen gebaut, und dort wurden dann auch die wahhabitischen Lehren verbreitet. So ist der einstmals relativ gemässigte Islam in Indonesien dadurch extrem auf Mittelalter umgepolt worden, eine ähnliche Entwicklung ist auch in Mittel-Asien nach dem Fall der Sowjetunion zu beobachten. Ein anderer nicht zu unterschätzender Faktor der Radikalisierung ist, dass viele solcher Bewegungen am besten in Ländern florieren, deren Bevölkerung kein Arabisch versteht, also etwa Pakistan und Afghanistan oder Zentral-Asien, wo man keinerlei Ahnung hat, was im Koran wirklich steht, und wo die eifrigen Koranschüler nur die spezielle Interpretation ihrer Mullahs und Imame kennen. Sie lernen zwar den arabischen Text des Koran auswendig, aber dass sie dieses Arabisch dann auch noch verstehen, das ist nicht im Sinne der Indoktrinatoren. Unter solchen geistigen Bedingungen lassen sich Hetz- und Brand-Parolen natürlich am leichtesten verbreiten, vor allem wenn die Bevölkerung dazu noch in grosser Not und Entbehrung lebt.

Es sind auch nur ganz bestimmte Segmente der Bevölkerung, die das explosive Potential des islamischen Ethnos bilden. Man kann mit Sicherheit annehmen, dass die meisten Menschen der islamischen Länder genauso in Ruhe ihr Leben leben wollen, ihre Arbeit machen wollen, und ihre Kinder grossziehen wollen, und ein bisschen das Leben geniessen wollen, wie das auch sonst in der Menscheit die Norm ist. Das explosive Potential kommt nicht von den arrivierten und etablierten Familienvätern, sondern es bildet sich bei den Hunderten von Millionen frustrierter junger Männer, die in einem rigiden patriarchalen System gefangen sind, und die aufgrund der Bevölkerungs-Explosion in diesen Ländern (das Joshua-Genesis-Syndrom) [763] sehr zahlreich, arbeitslos und chancenlos sind. Diese haben aufgrund der rigiden sexuellen Segregation dieser Gesellschaften auch ein ungeheures aufgestautes Aggressions-Potential, das sie aber nicht gegen die Repression in der eigenen Gesellschaft richten, sondern gegen die "Ungläubigen", die nach ihrer Meinung an der Misere der islamischen Völker schuld sind. Es ist völlig unbenommen, was die Vertreter der "gesetzteren" Bevölkerungs-Segmente über ihre Vorstellung zu ihrer Religion sagen. (Und diese Einstellung geht dann natürlich auch mehrheitlich über die etablierten Medien-Kanäle). Das radikale, explosive Potential, nach dem der Islam zur Kampf-Parole wird, geht von diesen Millionen frustrierter junger Männer aus. Dies ist ein Grundmuster, das noch aus dem Wüsten-Nomaden-Leben der Beduinen stammt, als die Stämme in immerwährendem Kampf um die knappen Ressourcen der Wüste lagen, die wenigen Wasserstellen, und die Karawanen-Routen. Die jungen Männer waren das Kampf-Potential dieser Stämme, und die harten und brutalen Techniken, wie dieses Potential "geschärft" wurde, waren in Jahrtausenden der Auslese geprägt worden. Diese beduinische Sozio-Technik wurde mit der weltweiten Verbreitung des Islam ebenfalls kat-holisiert, und beeinflusst alle islamischen Völker, oberflächlich zwar nur locker verbunden mit dem Koran, dem heiligen Text der Religion des Islam, aber durch die geschriebenen und tradierten Lebens-Regeln und Sitten (Hadith) dieser Religion eisern auch für die kommenden Jahrtausende festzementiert.

Weiteres Material dazu unter:
(URL) (LOC_CD) http://www.noologie.de/desn26.htm#hdr20.2.

4.5. Die Jesuiten

Der Jesuitenorden und sein geistiges und politisches Herrschafts-System tangiert die Zentralthemen der vorliegenden Untersuchung aus vielen Perspektiven und Aspekten. Als Produkt der spirituellen Generalmobilisation der "Bataillone des Papstes" (bzw. der katholisch-christlichen Religion als sozio-kybernetisches System) war das System der Jesuiten ein gewaltiger Erfolg gewesen, dessen Tragweite epochale Auswirkungen hatte. Blicken wir zurück in die Zeit der Entstehung des Systems: Im Jahre 1492, ein Jahr nach der Geburt von Ignatius Loyola war mit dem Fall von Granada gerade der letzte Akt der Reconquista vollendet, und die Mächte der Christen-Koalition hatten damit den ersten ersten dauerhaften Gegensieg gegen den mehr als 800 Jahre dauernden Siegeszug des Islam gewonnen. Dies war für ihr Selbstbewußtsein auch bitter nötig gewesen, so kurz nach dem katastrophalen Verlust von Konstantinopel, im Jahre 1453, [764] und dem mehr als schmählichen Scheitern der Kreuzzüge 200 Jahre zuvor.

Ignatius Loyola wuchs als Mitglied einer Kriegerkultur auf, deren vorrangiges Ziel während der ca. 500 Jahre vor seiner Geburt die Wiedereroberung Spaniens von der maurischen Herrschaft gewesen war. Es hatte in dieser Zeit eine starke Beeinflussung der europäisch-spanischen höfischen Kultur durch die Araber und Mauren gegeben. [765] Die Disziplin der Jesuiten hatte eine ähnliche Rolle wie im militärischen Kriegsdienst: Die Mitglieder dieses Ordens, die in die Welt hinauszogen ... mußten miteinander und mit der zentralen Gewalt der Ordensleitung durch eine eiserne Disziplin verbunden bleiben... (Fülöp-Müller 1996: 39). Das Jesuitische System kann als spirituelles Gegengewicht zum Islam, oder gar als christliche Version bestimmter Islamischer Kernthemen angesehen werden. Die militärische Organisation der Jesuiten, mit ihrer Schulung als Streiter Gottes weist von der Struktur große Ähnlichkeit mit den Strukturen der Militär-Orden der Muslime, Murabatim, Mameluken und Janitscharen, auf. Hier ist besonders die Sekte der Ismaeliten, und ihre berühmten Hashishinen, oder Assassinen zu erwähnen. [766] Die Jesuiten übernahmen fast wörtlich das Prinzip des Jihad, des heiligen Krieges, um die Welt "der Herschaft Gottes unterwerfen" (Fülöp-Müller (1996: 26). Dafür sprechen ihre Maximen: "Die Aufopferung des eigenen Verstandes" ... "schrankenlosen Gehorsam bis zum Opfer der Überzeugung ... So mag wohl Abraham empfunden haben, als Gott ihm befahl, seinen Sohn Isaak zu opfern." ... Unbedingtheit des jesuitischen Gehorsams... Wille und Urteil des Oberen als Maßstab für den eigenen Willen und das eigene Urteil... (Fülöp-Müller 1996: 36-37). Weiterhin weist das System der spirituellen Disziplinen und Übungen des Ignatius Loyola starke Ähnlichkeit mit sufischen Techniken auf. [767] Korvin-Krasinski (1986, 416-434) hat in seiner Studie die para-militärischen Elemente der Meditations-Techniken aus der römischen Legions-Tradition gelistet, ohne die arabische Seite zu erwähnen. Post hoc muss man aber schliessen, dass die Christen nicht die halbe Oikumene an die Araber verloren hätten, wenn sie in der Lage gewesen wären, diese Techniken auch militärisch zu nutzen, was die Araber offenbar beherrschten.
4.5.2. Das System des Teilhard de Chardin
@ :TEILHARD_PROGRAM
Das Hauptwerk von Teilhard de Chardin: "Le Phénomène Humain" [768] erschien im Jahre 1955, also genau 333 Jahre nach der Heiligsprechung von Ignatius Loyola, dem Gründer des Jesuitenordens, dem Teilhard de Chardin angehörte. [769] Er durfte seine philosophisch-mystisch-spekulativen Werke auf Befehl seiner Ordens-Oberen nicht veröffentlichen (und so kamen sie erst nach seinem Tode ans Licht der Weltöffentlichkeit), aber das bedeutet nicht, daß sein Leben, Denken, und Wirken nicht doch dem Generalplan seines Ordensheiligen auf das getreueste gefolgt wäre. [770]

Teilhard entwickelt hierin die These von der Vorbestimmung der Evolution als Teil des Plans Gottes und seiner Menschwerdung, und zwar ganz in Konkordanz mit den Prinzipien der Evolutionstheorie (wenn auch nicht exakt ihrer extrem materialistischen Prägung, wie etwa bei Jacques Monod). Das Ziel der Evolution ist hiernach der Punkt Omega, in dem das Bewußtsein der irdischen Noosphäre zum Christus-Bewußtsein aufsteigt.

Die Stärke des Teilhard'schen Systems liegt in der (stillschweigenden) Analogie, die er zu der Anfangsepoche des Christentums zieht. [771] Seine größte Fruchtbarkeit entwickelte das Christentum in der Zeit, als es noch nicht die herrschende Religion war, als es um sein Überleben kämpfen mußte. Insofern ist die heutige Zeit sehr ähnlich der Epoche vor 2000 Jahren. Damals waren die Christen gezwungen, sich die herrschenden Philosophien zu eigen zu machen, und sie so gut oder noch besser zu beherrschen, wie ihre heidnischen Gegner und Lehrer. In derselben Weise nähert Teilhard sich der naturwissenschaftlichen Biologie. Das Christentum ist nach Teilhard vor allem ein dynamisches Phänomen, das sich chamäleonartig an die Umstände anpassen kann, und diese Eigenschaft hat es seiner Meinung nach (trotz der augenscheinlichen Verkrustung der Machtstrukturen der Kirchen) noch nicht verloren. Auf S. 308 spricht er direkt auf das alte Dogma von Christus als Pantokrator an, [772] das als eine von außen auferlegte Gewalt erscheinen mußte, solange man die Natur als statisch betrachtet. Wenn man sie aber als dynamisch-evolutiv betrachtet, so ist Teilhards Synthese, sein Blick aufs Ganze, eine Wiederaufnahme des Neo-Platonischen Programms. Darauf weist auch seine Vorstellung der "Diffusion bis in die Materie" des Geistes hin.

4.6. (Des-) Information als strategische Waffe im Kampf der Kulturen
@ :INFORMATION_WAR
"Nichts ist so fein gesponnen, es käm' nicht doch ans Licht der Sonnen". [773] Wenn wir die historische Epoche um 1450-1633, je nach Präferenz, als Achsenzeit, [774] oder als Anfang vom Ende eines erfolgreichen Herrschaftssystems interpretieren, so waren auch die letzten Dekaden des 20. Jahrhunderts als Kandidaten für einen Epochenwechsel geeignet. [775] Allerdings muß man den "Hindsight is 20/20 Sight"-Effekt berücksichtigen: historisch bedeutsame Ereignisse lassen sich normalerweise nur in der Rückschau von ca. 50-150 Jahren einordnen.

Im Jahr 1998 stand das Ars Electronica Symposion unter dem Titel: "Info War - Information.Macht.Krieg. [776] Hier wurden aus berufenem Munde einige sehr tiefschürfende Analysen zum Thema "Information War" der nichtsahnenden Öffentlichkeit kundgetan, die den Eingeweihten natürlich schon länger bekannt waren, [777] die aber dank des Aufmerksamkeitsfaktors der AEC in ebenderselben -Ökonomie etwas weitere Kreise zogen. Es war wohl wie zumeist, ein unbeabsichtigter Fehltritt, ein Betriebsunfall. Im Eifer des Gefechts gingen einige der Redner wohl unbeabsichtigt über die Grenzen dessen hinaus, was sie eigentlich hatten sagen sollen oder wollen. Der folgende Absatz wird aus Goppold (1998c) [778] zitiert:
"Das Internet ist nach Meinung einiger Kritiker auf dem besten Wege, das Fernsehen als größte und effizienteste Des-Informationstechnologie der Menschheitsgeschichte überhaupt zu überholen." [779]

Das Kernthema der Ars Electronica Symposions 1998 war:
"Information.Macht.Krieg". Diese vieldeutige Formulierung unterstreicht die schillernde Rolle der Information [780] als Waffe in einem anscheinend schon viele tausend Jahre währenden Kulturkampf der Menschheit. Ganz im Gegensatz zu ihren sonstigen Gepflogenheiten hatte die Ars Electronica für dieses Jahr kaum einen der gehaltenen Vorträge im gedruckten Programm vorliegen. Eine praktische Anwendung der "Waffe Information", um das Exempel zu statuieren? War das Gebotene dann vielleicht doch zu brisant, und für einige der Beteiligten zu karrieregefährdend, so daß man nicht wagen mochte, es im Druck für die Historie zu erhalten? Auch das wird eines der vielen dunklen Kapitel in der Geschichte bleiben, die deshalb so stockdunkel sind, weil sie eben nicht dokumentiert sind. [781] Besonders erhellend (???) war der Vortrag von Prof. George Stein, seines Zeichens "Member of the faculty of the USAF Air War College and Chairman of the Department of Future Conflict Studies". Stein erging sich in seinem Vortrag in Andeutungen. [782] Er stellte das OODA-Model des Informationskrieges vor: Observation, Orientation, Decision, Action. Das effizienteste Vorgehen ist das Eindringen in den feindlichen "Orientation-" Prozess, was soviel heißt: das unbemerkte Beeinflussen der Bewertungsgrundlagen.

Es gibt zwei Kategorien des Informationskrieges: den indirekten und den direkten. Alle offensichtlichen technischen Varianten, die man sich vorstellen kann, wie z.b. Chiffres, Geheimcodes, Stören und Zerstören feindlicher Informationsanlagen, etc., sind nur den indirekten und sekundären Kategorien zuzuordnen. [783] Der direkte, und damit auch wirkungsvollste Informationskrieg ist der, von dem der Gegner nicht einmal ahnt, daß er stattfindet. Als unscheinbares Beispiel nannte Stein den konfessionellen religionsgebundenen Schulunterricht, der die Kinder auf das Werte- und Wahrnehmungssystem der jeweiligen Denomination einschwört, ohne daß diese die Möglichkeit haben, andere Sichtweisen oder Wertesysteme dagegen zu setzen. [784] Ergänzend dazu Douglas Rushkoff in seinem Vortrag: "Communications is made for controlling the governed, to program the governed populations into accepting the pre-programmed views..."

Wir können daraus (erst einmal ganz hypothetisch) folgern, daß es seit Jahrtausenden einen immerwährenden Kulturkampf der Menschheit im Informations-Bürgerkrieg der herrschenden Kreise, Cliquen, Klassen, und Schichten gegen die gerade Beherrschten geben könnte (???), und der würde hauptsächlich darin bestehen, daß die Beherrschten eben nicht merken, auf welchen Ebenen und mit welchen Mitteln dieser Krieg geführt wird. Und man sollte Clausewitz wörtlich nehmen, aber sein Wort etwas der Diktion des Informationskriegs anpassen: Immer dann, wenn der Informationskrieg um die Macht und die Kontrolle in den Gesellschaftssystemen mit den subtilen Mitteln nicht mehr die gewünschte Wirkung hat, muß mit einem wirklichen Krieg den Beherrschten gezeigt werden, wer wirklich die Macht hat (bzw. in einer Revolution ein Machtwechsel eingeleitet werden).

Information, oder besser: Des-Informationstechnologien, wären damit die wirksamsten Waffen im Kampf der (Sub-) Kulturen um die Vorherrschaft auf diesem Planeten. Man müßte aber genauer spezifizieren, was hier mit "Kulturen" gemeint ist. Weder die Christlich-Abendländische, noch die Islamische, noch die Chinesische, noch die Kapitalistische, noch die Amerikanische, Englische, Deutsche, oder sonstige leicht identifizierbare Gruppen, sondern eher Netzwerke und Interessen-Verbände kämen als Akteure in Frage. Und es muß nirgendwo ein "Mastermind" oder eine "Kontrollzentrale" existieren, die "alle Fäden in der Hand hat". Hier ergeben sich vor allem durch die neuere Forschung zur Schwarm-Intelligenz, und zu den emergenten Eigenschaften verteilter Intelligenz in Netzwerken interessante neue Perspektiven. [785] Dabei ist es im Sinne des Informationskrieges sicher ratsam, gerade die plausibel klingenden Theorien und herrschenden Interpretationen auf versteckte Fallen zu untersuchen. Also z.B. ob solche Interpretationssysteme als "Trojanische Pferde" gerade im Sinne bestimmter Interessenskoalitionen konstruiert sind. [786]

4.7. Das Jahr des "Großen Bruders": 1984
@ :JAHR_1984
Wir kommen nun auf das so bekannte Datum 1984, das nach George Orwell das Jahr des "Großen Bruders" hätte sein sollen. [787] Hat er sich nun gründlich geirrt, oder nicht?

Das Jahr 1984 verzeichnet keinerlei auffälligen Geschehnisse, daß sich irgendwo etwas besonders Macht- Hierarchie- oder Total-Überwachungs- Trächtiges zugetragen hätte, wenn nicht, ja wenn nicht die bekannte Firma Apple just zu dieser Zeit mit ihrem Macintosh Computer eine große Fernsehwerbungskampagne gestartet hätte, in dem genau dieses Thema des "Großen Bruders" das Leitmotiv war. Wir werden gleich sehen, wie es zum Leidmotiv wurde, besonders für Apple selber. Der Macintosh war ja eine ziemlich revolutionäre Maschine, so einfach zu bedienen, daß er wie prädestiniert für alle bisherigen Computer-Banausen [788] erschien, nun endlich an dieser neuesten der Segnungen der "brave new world of personal computing" teilzuhaben, der Personal Empowerment Machine, des Microcomputers, oder wie er damals dank der neuen Kreation von IBM allgemein bekannt war: Des PC. Der weitere Gang der Geschichte ist ja allseits bekannt, und braucht hier nicht mehr nacherzählt zu werden: [789] In der Tat erwies sich das Konzept des Macintosh als revolutionär, und in der Tat revolutionierte es die Industrie, und noch einiges mehr, aber es kam ganz anders als geplant: Denn nicht Apple verdiente die Multi-Milliarden an dem neuen Computer-Konzept, sondern Microsoft. Wie es dazu kam, ist eine verwickelte Geschichte, die auch in genügend vielen Publikationen nacherzählt worden ist.

Hier interessiert uns die herrschafts-theoretische Komponente. Die tiefschwarze Ironie der Geschichte ist diese: Mit dem Microcomputer wurden tatsächlich allerlei Hoffnungen verknüpft, daß diese Maschine dabei helfen könnte, gewisse sehr tief einbetonierte Macht- und Hierarchiestrukturen der kapitalistischen Gesellschaften aufzubrechen. [790] Die Fernsehwerbungskampagne von Apple war nämlich direkt gegen IBMs Mainframe-Computer und ihre Vormachtstellung in allen hierarchischen Groß-Organisationen, Konzernen, Ministerien, etc. gerichtet, indirekt auch gegen den IBM PC, der in den Groß-Organisationen schon sehr populär war, aber mit dem MS-DOS Command-Line Interface immer noch recht kryptisch zu bedienen war. Doch die geniale Strategie von Microsoft lief an Apple mühelos links (oder rechts) vorbei: Denn wie wir heute sehen, sind die MS-Windows-Systeme hauptsächlich deswegen Marktführer, weil alle Groß-Organisationen, Konzerne, Ministerien, etc. nur Microsoft, lauter Microsoft, und nichts als Microsoft-Produkte kaufen. [791] Und damit hat sich die Marketing-Strategie von Apple, Computer an die Kleinen Leute zu verkaufen, in ihr genaues Gegenteil verkehrt. Natürlich ist die "von den dümmsten nur denkbaren aller Bediener" zu benutzende Maschine ideal dafür geeignet, in der Personalplanung eines Groß-Unternehmens mit genau beschriebenen Aufgaben- und Kompetenzbereich die Arbeiten zu bewältigen, für die ohne die Maschine eine ganze Sub-Hierarchie des mittleren Management zur Planung, Arbeitsvorbereitung und Kontrolle nötig wäre, die nun wegrationalisiert werden konnte.

Paradox wie die Weltgeschichte nun mal ist, kann man erst nach einigen geistigen Rösselsprüngen verstehen, was da passiert ist: George Orwell war "dead right", und er hatte "right in the heart of Darkness" gezielt und getroffen. So hat uns die Apple-Strategie im Microsoft-Mäntelchen ja erst auch die Globalisierung beschert, als dann noch Computing- und Kommunikations-Systeme in Form des Internet, im WWW, integriert wurden. Und wer könnte sich als Orwell-Anhänger schöneres wünschen, als eine so vollkommene Herrschaftsform der {Heiligen Trinität /Trilateralen Allianz} des Big-Brother-Fernseh-Lifestyle-Designs, des Brutal-Konsums und des Turbo-Kapitalismus, die damit wohl untrennbar verbunden ist. Eine Totalüberwachung der Menschen ist in genau dem Augenblick unnötig geworden, wenn es gelingt, ihr Denk- und Werte-System so subtil zu unterwandern, daß sich die Masse blind von den vorgegaukelten Medien-Phantomen gängeln läßt. Dies macht die grobschlächtigen Formen von Kontrolle der Widerstrebenden weitgehend unnötig. [792] So war 1984 exakt das Jahr, in dem sich der "Große Bruder" in Form des Microsoft-Monopols und aller seiner Folge-Erscheinungen formierte. Damit lüften wir nun den ersten Schleier [793] (der Apo-Kalypsis):
big brother bill -> bbb -> 666


5. Logische Fundamente der sozio-kybernetischen Theorie

5.1. Das Prinzipiensystem des Heraklitos
@ :HERAKLITOS
Die Fundamente der sozio-kybernetischen Theorie finden wir in den Aphorismen des berühmten "Dunkeldenkers" Heraklit. Sein Werk ist uns nur durch einige bruchstückhafte Zitate aus den Werken anderer Autoren bekannt, [794] die zusammen knapp 15 Seiten Text umfassen.
5.1.1. Die Aphorismen
Ta de panta oiakizei Keraunos
Das Steuer des Alls aber führt der Keraunos
Heraklit, B 64
sophon estin hen panta einai
es ist weise zu sagen: Eins ist alles
Heraklit, B 50
panta rhei
Alles fließt
Heraklit, 65 A 3
phronimon einei to pyr
das Feuer ist vernunftbegabt
Heraklit, B 64 a

Polemos panton men pataer esti, panton de basileus,
kai tous men theous edeixe tous de anthropous,
tous men doulous epoiaese tous de eleutherous.
Krieg ist aller Dinge Vater (fürwahr), aller Dinge König.
Die einen erweist er als Götter, die anderen als Menschen,
die einen läßt er Sklaven werden, die anderen Freie.
Heraklit , B53
Eidenai de chrae to polemon eonta xynon, kai dikaen erin,
kai ginomena panta kat erin kai chreomena
Zu wissen aber tut not: Der Krieg führt zusammen, und Recht ist Streit,
und alles Leben entsteht durch Streit und Notwendigkeit.
Heraklit, B80
Hier noch ein anderes bekanntes Zitat ganz im Sinne Heraklits:
Si vis pacem, para bellum [795]
Wenn Du den Frieden wünschst, bereite den Krieg vor.
SPQR

In leichter Umformung eines anderen bekannten Spruchs läßt sich das heimliche Motto des vorliegenden Traktats von "Wissen und Macht" zur Strategie des Informations-Krieges auch so formulieren:
"Stell Dir vor, es ist Krieg, und keiner merkt es!" (Außer vielleicht Heraklit). [796]

@ :SPENGLER_KRIEG
Spengler (1980, 1109) u: Der Krieg ist die Urpolitik alles Lebendigen und zwar bis zu dem Grade, daß Kampf und Leben in der Tiefe eins sind und mit dem Kämpfenwollen auch das Sein erlischt.
1110: In jedem Kriege zwischen Lebensmächten handelt es sich darum, wer das Ganze regiert... Das Aktionszentrum, die handelnde Mitte einer Menge zu sein, die innere Form der eignen Person zur Form ganzer Völker und Zeitalter zu erheben, das Kommando der Geschichte zu haben... das ist der kaum bewußte und unwiderstehliche Trieb in jedem Einzelwesen von historischem Beruf.
5.1.2. Das vonNeumann'sche Spiel
Natürlich ist die Interpretation von Heraklits knappen Aphorismen wesentlich von der Disposition und Intention des Betrachters abhängig, und so kann man diese Bruchstücke auf recht verschiedene Weise auslegen (IMHO). [797] In der vorliegenden Interpretation bilden sie ein Prinzipiensystem, das wir heute in den neueren thermodynamischen und kybernetischen Theorien von Evolution und Prozess in der Formenbildung des Kosmos wiederfinden können. [798] Mit Macchiavelli verbindet ihn die explizite Nennung des Krieges als essentielles formbildendes Agens. Da der unumwundene Gebrauch des Begriffs "Krieg" heute etwas "politically incorrect" erscheint, läßt er sich mit dem weniger anstößigen Ausdruck: vonNeumann'sches Spiel euphemisieren.

Krieg kommt bekanntlich von kriegen, und vonNeumann'sche Spieltheorie handelt von Gesellschaftsspielen, die nicht der Entspannung und Vergnügung der Teilnehmer dienen, sondern ihrem Zu-Gewinn (was identisch ist mit etwas kriegen). [799] John vonNeumann war eines der größten mathematischen Genies des 20. Jahrhunderts, und er leistete entscheidende Beiträge zur Formulierung und Fundamentierung des hier thematisierten Neo-Polemos, der Strategie des Informations-Krieges. Neo-Polemos ist verdeckt geführter Krieg, und so ist es nicht verwunderlich, daß seine wichtigsten Beiträge auch weitgehend geheim geblieben sind. So z.B. seine entscheidende Strategieformulierung des "Kalten Krieges", mit dem die USA die UDSSR in die Selbstzerstörung zwangen. Da seine Beiträge als Musterexemplare erfolgreicher Schachzüge im Strategiespiel des Informationskriegs anzusehen sind, sollte man nicht erwarten, daß die in seinen offiziellen Veröffentlichungen dargestellten Formeln und Prinzipien davon ausgenommen wären. Sein wohl berühmtester (und gleichzeitig auch fatalster) Beitrag zum New-Age Informationskrieg ist sein Vorschlag zur Formulierung der Informations-Entropie in der Theorie von Shannon, in Analogie zur thermodynamischen Entropie, die entscheidend mit zu der allgemeinen Verwirrung um den Informationsbegriff beigetragen hat. Siehe: Straub (1990), Wicken (1987).
5.1.3. Die Komponenten im Einzelnen
Das sozio-kybernetische Prinzipiensystem beruht auf folgenden Komponenten:

* Der Keraunos
* Der Kybernetes
* Das Feuer (Pyr)
* Der Logos

Der erstgenannte Aphorismus (B 64) von Heraklit: "Das Steuer des Alls aber führt der Keraunos" beinhaltet über das Wort oiakizei [800] sowohl die in-Nuce-Formulierung des kybernetischen Prinzips, [801] als auch die direkte Nennung des Keraunos, seines Wirk-Prinzips.

Heraklits Sprüche sind uns nur als Ungefähr-Zitate durch andere Schreiber erhalten, [802] und so wissen wir nicht, welchen Wortlaut er im Originaltext verwendet hat. Was wir mit ziemlicher Sicherheit annehmen können, ist, daß der Chronist des Heraklitos, der christliche Kirchenvater, Märtyrer, und Heilige Hippolytos den Heraklit sicher nicht ganz genau so verstanden hat, wie der es ursprünglich gemeint hat. [803] In der christlichen Interpretation wurde Heraklits Aussage als Hinweis auf die Logos-Natur von Christus (Joh. 1.1.) und seine Eigenschaft als Pantokrator [804] gewertet.
5.1.3.1. Der Keraunos
@ :KERAUNOS
Die christliche Religion geht in ihrem Gottesbegriff von einer personalen Entität aus, aber dies war von Heraklit nicht beabsichtigt. Wenn wir diesen Interpretations-Bias extrahieren, so ist der Keraunos die unpersönliche Formulierung eines völlig abstrakten kybernetischen Prinzips, und in heutiger Sprechweise als rein formaler Begriff zu verstehen, wie z.B. die Superstrings der Physik, als Name für etwas, das keine vorstellbare Entsprechung hat, und dessen Wirkung nur durch einen Kalkül (oder Äquivalent desselben) {darstellbar / nachvollziehbar} ist.

Der Keraunos ist zuerst als völlig abstraktes kybernetisches Prinzip zu verstehen, aber auch hier finden sich vielfältige Konkretisationen. So finden wir den Keraunos weltweit verbreitet als enigmatisches {Gerät / Wirkprinzip} der Urzeit-Mythologie. Bei den Griechen ist er die Hauptwaffe des Zeus, er erscheint als Pelekys in der Odyssee, als Labrys bei den Kretern, als Mjölnir, Thors Hammer in Germanien, als Vajra(pani) im indischen und tibetischen Kultkreis, als Shango-Axt bei den nigerischen Yoruba. (v.Dechend 1977). Wie H. v.Dechend erklärt, ist der Keraunos ein Instrument, das die Zeit in Bewegung setzt. Der dem Keraunos nächste philosophische Begriff ist der "unbewegte Beweger" des Aristoteles. [805] In anderer Sichtweise ist er der Ur-Sprung. [806]

Das Symbol der Doppelaxt kennzeichnet das Prinzip der Zweischneidigkeit oder Dichotomie. Dies bedeutet, übertragen, daß eine {Wirkung / Anwendung / Bedeutung} in zwei verschiedenen disjunkten Domänen {stattfindet / manifestiert}. So ist die Doppelaxt sowohl Werkzeug als auch Waffe. Das Wirkprinzip des Keraunos erstreckt sich sowohl in den Raum, als auch die Zeit, und sowohl in die Vergangenheit als auch die Zukunft. In logischen Anwendungen ist die Dichotomisierung die Grundlage der Kategorisierung.
5.1.3.2. Der Kybernetes
@ :KYBERNETES
Da völlig abstrakte Prinzipien sehr schwer zu formulieren, und noch schwerer anderen Menschen deutlich zu machen sind, werden meist konkretisierende, bildhafte Darstellungen (Allegorien) gewählt. So finden wir den Keraunos in der bildlichen Darstellung als Instrument in der Hand einer Gottheit oder mythischen Person, so wie auch in der christlichen Interpretation gegeben. Das abstrakte Prinzip fällt somit in eine weitere Ebene der Konkretisation, oder Personifikation, die als Kybernetes bekannt ist. [807] Dieses Bild findet in den Mythologismen der Macht vielfältige Ausgestaltung: Der Kybernetes ist der Große Steuermann, der Lenker, der Leiter, und (im Deutschen nicht ganz so wertfrei) der Führer. [808] Sozio-Kybernetik ist die Lehre von der Steuerung sozialer Systeme, und in dieser Eigenschaft ist sie auch die Lehre von der Macht. Auf Neudeutsch nennt man dies auch Management oder Controlling. Aus Gründen, die an anderer Stelle erwähnt werden, wird es wahrscheinlich nie eine vollständige derartige Lehre geben, [809] aber im Namen des Gründervaters Heraklit kann eine solche Programmatik wenigstens umrissen werden.
5.1.3.3. Das Feuer
Über die Formulierung: "das Feuer ist vernunftbegabt" macht Heraklit deutlich, daß er es keinesfalls als einseitig materielle Erscheinung des Verbrennungsprozesses versteht, wie es die heutige Naturwissenschaft sieht. Das Feuer ist eine essentielle Charakteristik des Logos, und zwar in dem Sinn, wie wir es heute als autokatalytisch und dynamisch verstehen. Dies deutet auch seine andere Formulierung an: "panta rhei". Die Allbewegtheit des Alls ist seine Feuernatur. Wir finden eine passende weiterführende Interpretation des Feuer-Prinzips im sozio-kybernetischen Sinn bei Spengler (1965: 1-34).
5.1.3.4. Der Logos
Der Logos als Wirk-Prinzip ist äquivalent mit dem Keraunos. Wir können die Sichtweise des Logos als strukturell, die des Keraunos, als dynamisch, verstehen. Dies verdeutlicht wiederum die grundlegende Dichotomie in Raum (Struktur) und Zeit (Dynamik). In seiner Eigenschaft als unbewegtes Wirkprinzip bildet der Logos auch die geistige Grundlage heutiger Ideen und Theorien zur Information. [810] Das Griechische Wort Logos hat viele Bedeutungen: Rede, Darlegung, Erzählung, Wort, Lehrsatz, Sinn, Erwartung, Verhältnis, Proportion, Vernunft, und Logos-Christos. In der israelitischen Genesis formte der Kybernetes dieser Religion (auch als Gott bekannt) das Universum durch die Kraft seines Wortes, des Logos.

5.2. Das Universal-Monopoly

@ :UNIV_MONOPOLY2
Das Prinzipiensystem des Heraklit bildet die logische (logos) Basis für die sozio-kybernetische herrschafts-theoretische Interpretation der Universalgeschichte. [811] Hier erfolgt eine vertiefende Wieder-Aufnahme der Explikation des sozio-kybernetischen Spiels des Universal-Monopoly als vonNeumann'sches Spiel aus dem früheren Abschnitt. Wir hatten dort definiert: [812]

Das Universal-Monopoly: Ein Macchiavelli'sches, vonNeumann'sches Multiplayer-Spiel um die Herrschaft [813] über Raum und Zeit, [814] über die Kontrolle von Information und Energie.

In den folgenden Absätzen sollen einige der tiefer zu den Wurzeln gehenden (radikaleren) Grundbegriffe dieses Spiels behandelt werden.
5.2.1. Wertungsfreiheit
Die im folgenden definierten und angewandten Begriffe Macht, Herrschaft, etc. werden im sozio-kybernetischen spieltechnischen Sinne wertfrei verwendet. So sind Macht, Herrschaft und "Beherrscht werden" nicht notwendigerweise automatisch ”schlecht oder gut”, und Freiheit ist nicht notwendigerweise automatisch ”gut oder schlecht”.
5.2.2. Das Spielfeld des Universal-Monopoly
Das Spielfeld unseres vonNeumann'schen Universal-Monopoly sei im Heraklit'schen Sinne definiert als: "Das All" (Ta Panta, nach Heraklit), d.h. es dreht sich Immer um Alles.
5.2.3. Das ERT-System: {Entity - Relation - Transition/Transaction}
Das sozio-kybernetische Begriffssystem basiert auf den folgenden logischen Komponenten:
{Entity - Relation - Transition/Transaction}. [815]

Entity ist der Klassenbegriff für alles, was als Gegenstand, Ding, Organismus, Person, oder Koalition angesehen wird.

Relation ist der Klassenbegriff für alles, was als Eigenschaft von einer Entity, oder Beziehung zweier oder mehrerer Entities angesehen wird.

Transition/Transaction (Abkürzung Xaction) ist der Klassenbegriff für alles, was als Veränderung, Ablauf, oder Prozess angesehen wird. Xactions können nur entlang von Relations-Pfaden zwischen Entities stattfinden.

Basierend auf den Grund-Definitionen der ERT wird das Spielfeld der Universal-Monopoly, "Das All", mit seinen Grundparametern definiert. Diese Parameter werden nicht, wie in der früheren Newtonischen Physik als Absolut gesetzt, sondern Relativ. Selbstverständlich handelt es sich hier um eine andersartige Form von Relativität als die von Einstein. [816]

Raum ist dadurch definiert, daß eine Entity einem Ort im Raum besetzt, und zwei oder mehr Entities auch zwei oder mehr Orte im Raum besetzen.

Zeit ist dadurch definiert, daß eine Xaction eine Spanne in der Zeit besetzt (Duration). Im Gegensatz zu den physikalisch-mechanistischen Vorstellungen der Zeit, ist die ERT-Zeit irreversibel, also nicht verräumlicht.

Energie ist dadurch definiert, daß eine Xaction neben den Kategorien Raum und Zeit eine weitere Kategorie der Energie beinhaltet.
5.2.4. Spieler und Elementar-Koalitionen
@ :SPIELER
Eine Entity wird auch als Spieler bezeichnet, sie sei rekursiv definiert aus Elementar-Koalitionen. D.h. eine Koalition tritt in dem Augenblick als individueller Spieler X auf, in dem die Bildung der Koalition erfolgt. Der Begriff Koalition wird im Folgenden näher erläutert.
5.2.4.1. Koalition / Kongregation / Koaleszenz
@ :KKK_TRIADE
Die Begriffe {Koalition / Kongregation / Koaleszenz} kennzeichnen verschiedene Formen von ERT-Strukturen.

Das Spielfeld der heutigen kosmischen Epoche kennt drei Grundtypen von ERT-Strukturen:
An-Organismische (materiale, chemische),
Organismische (belebte), und
Multi-Assoziative (Soziale).

Hierbei lassen sich wieder zwei Grundtypen und ihre Mischformen unterscheiden:
Räumlich umschriebene / lokalisierte und
distributive.

Einzelne Organismen sind gewöhnlich lokalisiert, aber ein Schwamm läßt sich mit einem Sieb in seine Einzelorganismen separieren, und diese können einzeln weiterleben, aber sobald die Umstände es zulassen, finden sie sich wieder zu einem Schwamm zusammen. Ameisenstaaten sind lokalisierte und distributive Koalitionen, Menschen bilden Koalitionen beider Typen.

Ein Mensch ist eine Koalition, die aus Elementar-Koalitionen/Koaleszenzen, genannt Zellen, besteht. Zellen wiederum bestehen aus Elementar-Koalitionen/Koaleszenzen, genannt Moleküle, usf. [817] Menschen schließen sich wiederum in Koalitionen zusammen, wie Familien, Clubs, Vereine, Banden, Verbände, Stämme, Parteien, Völker, Staaten, Reiche, und Imperien. [818]
5.2.4.2. Kongregation und Symbiose
Die ursprüngliche Bedeutung von grex bezieht sich auf Tiergemeinschaften und Herden. Hier wird der Begriff als Kongregation auch auf die Organismen der Biosphäre und Ökosysteme im allgemeinen ausgedehnt. Im Unterschied zu mechanistischen Aggregationen der unbelebten Materie besteht hier eine Kommunikation der Konstituenten. Der für Ökosysteme charakteristische Austausch von organischer Substanz über Fressen und Gefressenwerden kann einerseits als spezielle Form von Kommunikation angesehen werden, andererseits als Rekonfiguration von Koalitionen organischer Moleküle. Kommunikation ist eine Hauptvoraussetzung für Koalitionen.

Die Neo-Darwinistische Lehre vom "Kampf ums Dasein" der Organismen läßt sich zwanglos als Koalitions-Spiel interpretieren, das in der Biosphäre von Zell-Kolonien durchgeführt wird. Dies ersetzt in anderer Form und auf anderer Basis die "Selfish Gene" Hypothese von Dawkins (1976). Die Koalitions-Hypothese integriert das Element der Kooperation in der Biosphäre (Kropotkin 1975), und erscheint damit als ausgewogenere Darstellung anstelle des alleinigen (einseitigen) Wirkprinzips der Competition nach der Neo-Darwinistischen Lehre.
5.2.4.3. Die Symbionten-Theorie von Margulis
Hierbei dient auch die Symbionten-Theorie, die ursprünglich von Lynn Margulis formuliert worden war, als konzeptuelle Basis. Die Begrifflichkeit muß nur in die Richtung der Koalition verallgemeinert werden. Symbiosen sind operational gesehen, Koalitionen, da die Identität der Konstituenten erhalten bleibt. So ist heute in der Biologie allgemein akzeptiert, daß (bestimmte Teile) Eukaryotische(r) Zellen als {Koalition / Symbionten} verschiedener prokaryotischer Organismen zu identifizieren sind, da sie noch ihren ursprünglichen DNS-Reproduktions-Mechanismus besitzen. In der gleichen Weise lassen sich aber auch die verschiedenen Zelltypen, die die Organe / Gewebeformen von Metazoa (Vielzellern) ausmachen, als Symbionten ansehen. Die Organismen sind genetisch längst nicht so hermetisch abgeschlossen, wie es das heute dominante biologische Dogma behauptet. Sowohl Viren als auch Bakterien können ganze DNS-Segmente von einem Organismus in den anderen transportieren. Das ist die Grundlage des heutigen Genetic-Engineering, und es besteht kein Grund zu der Annahme, daß genau das Gleiche nicht auch seit ca. 4 Mrd. Jahren in der Evolution der Biosphäre der normale Gang der Dinge ist. Dies käme als besserer Erklärungsmechanismus für die ansonsten sehr schwer zu erklärenden spasmodischen biologischen Formenexplosionen (angefangen mit der Kambrischen Explosion) in Frage. Denn wie die Gegner des Lyell-Darwinschen Gradualismus immer klargestellt haben: Alle verfügbaren fossilen Daten zeigen, daß keinerlei Übergangsformen der Arten zu erkennen sind, sondern immer sehr lange Perioden völliger Konstanz, und dann ziemlich abrupt einen En-Gros-Austausch der Artenmuster in der Biosphäre (wie z.B. am Ende des Saurier-Zeitalters). Auch die berühmten Galapagos-Finken Darwins sind immer das geblieben, was sie schon waren: Finken. Ebenso die Galapagos-Echsen, die keinerlei Neigung gezeigt haben, sich wieder in gigantische Saurier zu verwandeln.
5.2.4.4. Koaleszenz
Koaleszenz: In der obigen Grundlegung des Herakliteischen Prinzipiensystems [819] wurden die neueren thermodynamischen und kybernetischen Theorien von Evolution und Prozess in der Formenbildung des Kosmos angesprochen. Diese beinhalten ja die gesamte absteigende Hierarchie [820] der organisierten Formen vom Menschen herunter bis in die Elementar-Konstituenten (physikalisch: Elementar-Teilchen) und die physikalischen prä-formativen Komponenten, wie Superstrings, Quantenvakuum, etc. Diese Konstituenten lassen sich nur schwer im Sinne einer Koalitions-Theorie als handelnde Agenten mit eigenen Interessen verstehen (wie etwa Menschen, oder Organismen im weiteren Sinne). In solchen Fällen, wo der Begriff Koalition zu starke Voraussetzungen macht, sprechen wir von Koaleszenz. Koaleszenz ist im materiellen Sinne als Zusammenhaften zu verstehen, was ja eine Grundeigenschaft aller Materie ist.
5.2.4.5. Koalition - Kooperation
Koalition und Kooperation definieren sich gegenseitig. Kooperation ist die operationale Grundlage einer Koalition. D.h. eine Koalition manifestiert sich in der Kooperation ihrer Konstituenten. [821] Und es ist der operationale Hauptzweck einer Koalition, die Kooperation ihrer Konstituenten zu versichern. Dies bleibt unberührt von dem meistens gleichfalls vorliegenden funktionalen Ziel einer Koalition (nämlich irgendetwas zu erreichen). Die Konstituenten einer Koalition werden im vorliegenden Kontext Spieler [822] genannt. Die operationalen Voraussetzungen für Kooperation sind Koordination [823] und Kommunikation. [824]

Die Operationalität einer Koalition charakterisiert sie als thermodynamisches dissipatives System. Eine Koalition unterscheidet sich von bekannteren dissipativen Systemen wie Organismen, daß keine lokale Kohärenz für die Operationalität erforderlich ist. [825]

Die Thematik des Willens [826] ist ein entscheidender Faktor von Kooperation und Koalition. Auf den Extremen kann man unterscheiden in voluntare (frei-willige) und involuntare (un-freiwillige) Kooperation (und Koalition). Der wesentliche sozio-kybernetische Unterschied ist, daß voluntare Kooperation prinzipiell selbstbegrenzend ist (negatives Feedback), und die allgemeine Kooperation in einer Koalition mit der Erreichung der Ziele eines oder mehrerer Spieler der Koalition gegen Null tendiert. Das gegen-Null-gehen der Kooperation führt dann zum Schisma. Unfreiwillige Kooperation ist dagegen tendentiell auto-incrementierend (positives Feedback), indem Strukturen der Koerxion entstehen, [827] die zur Machtvermehrung der Koalition führen, und damit zur Formung von Machtsystemen im eigentlichen hier thematisierten Sinne (s.u.). [828]

Zwischen diesen Extremen gibt es einen großen Bereich, in dem eine mehr oder weniger induzierte "Frei-Willigkeit" herrscht. So arbeitet heute der Normalbürger der kapitalistischen Gesellschaften zwar meist "frei-willig", aber es gibt sicher viele, die nicht mehr arbeiten würden, wenn sie ihren Lebensunterhalt auch so, ohne Arbeit bekommen würden.
5.2.4.6. Persistenz, Trajektorium, Cogent Moment
Die Wirkungsdauer einer Koalition wird Persistenz genannt, und die Spanne der Persistenz ist ihr Trajektorium. [829] Cogent Moment (Entscheidungsmoment) ist die Zeitspanne, innerhalb derer eine Koalition interne oder externe Veränderungen feststellen kann, und darauf reagieren kann. Es bestehen große Unterschiede in der Persistenz von Koalitionen, von sehr instabil / kurzlebig, bis sehr langlebig. [830] Was als lang oder kurz zu betrachten ist, ist abhängig vom Cogent Moment. [831]
5.2.4.7. Fascis - Keraunos
@ :FASCIS
Lat.: Fascis:, Rutenbündel. Manifestes (sichtbares, greifbares, und fühlbares) Symbol der Koerxion des römischen exercitum. -> Faschismus. Es war ein Bündel von Stäben, die mit einem Leder-Riemen mehrfach (recursiv) umwickelt waren, [832] und aus denen ein Beil herausragte, auch Liktorenbündel genannt. Die Römische Macht war wesentlich ein Macht-I System. Das Fascis als druckbares Symbol kann so dargestellt werden:

|||<)

Mit dem Faschismus des 20. Jh. wurden verstärkt Macht-II Techniken angewandt. Daher können wir diese Macht-I / Macht-II Kombination mit dem Doppelbeil / Doppel-Axt des {altgriechischen / altweltlichen} Symbols des Keraunos {assoziieren / äquivalenzieren}. [833] Das Formelzeichen des Keraunos ist:

(>|||<)

Unmittelbar verbunden mit Fascis (Rutenbündel) ist das Wort: Fascinum: Die Rute. [834]
5.2.4.8. Koordination - Organisation
@ :KOORDINATION
Das Räumliche und Zeitliche Verhältnis (logos, ratio) der Anordnung und Handlungen der Konstituenten einer Koalition, zwecks gemeinsamen Wirkens. Auch Organisation genannt.

[ ]564 [ In aller Konsequenz ausformuliert in dem anarchistischen 68er Sponti-Spruch: "Weiß nix, macht nix!"]
565 Dies betrifft besonders die heutigen (Post-) Industriegesellschaften, gilt aber schon seit Beginn der neolithischen Zivilisationen. In prä-neolithischen Gesellschaftsformen ist dauerhafte Machtausübung einzelner und von geschlossenen Gruppen aufgrund der kleinen Gruppenzahl, der hohen Mobilität und der (fast) egalitären Arbeits- und Kompetenzen-Teilung nicht in dieser festen Form möglich. (Gellner 1993, Levi-Strauss 1978, Sahlins 1976).
[566] Etwa von Anthony Giddens (1990), Max Weber (1972)
[567] ->: SOZIO_KYBERNETIK, p. 278
[568] ->: MACHT_I, p. 288
[569] ->: MACHT_II, p. 289
[570] ->: LIMITATIONEN, p. 300
[571] Macchiavelli (1924).
[572] Nicht ganz ohne inneren Zusammenhang soll hier auch ein anderes, ebenso bahnbrechendes Werk erwähnt werden, dessen 500-jähriges Jubiläum uns etwas später ins Haus steht: "De revolutionibus" von Nicolaus Copernicus, von 1543. (Dechend 1993: 45). In der sozio-kybernetischen Sphäre wäre das Thema von "De revolutionibus" eine Erörterung, wieso sich augenscheinlich immer alles politische Leben um gewisse Machtzentren dreht. Daß mit den "Revolutionen" auch politische Umstürze bedeutet werden, ist hierbei eher nebensächlich, denn wie wir alle wissen: "le plus ça change, le plus ça reste le même" (Je mehr sich etwas ändert, desto mehr bleibt es das gleiche). ->: PRIESTER_GESETZ, p. 307
[573] Erwähnt in Macchiavelli (1924: xxxii):
Das Idealbild des Fürsten, wie es Xenophon, Thomas Aquinas, Dante, Poggio und Pontano zeichneten. Diese hatten ein objektives, festes Wertsystem in Händen, so daß der Mangel an Wirklichkeitsgehalt ihrer Idealfürsten durch ethisches Pathos ersetzt werden konnte.
Eine andere Form metaphysischer Überhöhung bildet Hegels System des Staates als Idealform der Manifestation des objektivierten Geistes. Wobei er natürlich den preußischen Staat als die idealste aller Manifestationen implizierte.
[574] ->: ENTENTE_CORDIALE, p. 301
[575] Aus heutiger Sicht erarbeiten vor allem Denker aus der Soziobiologie und Thermodynamik eine zeitgemäße Fassung der Macchiavelli'schen Doktrinen: H. Bloom (1995,www), R. Carneiro (1967), J. Diamond (1992, 1997), H. Mühlmann (1996), J. Neirynck (1994), H. Spencer (Carneiro 1967).
[576] Hier finden wir eine Analogie zu den thermodynamischen Gesetzen der Energie, denn Energie läßt sich nur dann für Arbeit nutzen, wenn eine Potential-Differenz angezapft werden kann. Und wie wir alle wissen, Macht ist nur ein anderes Wort dafür, daß man andere für sich arbeiten läßt.
->: MACHT_ARBEIT, p. 288
[577] ->: HERAKLITOS, p. 340, ->: UNIVERSAL_MONOPOLY, p. 281
[578] von gr.: Kybernetes, der Steuermann, der Lotse, der Lenker, der Führer ->: KYBERNETES, p. 344
[579] Wie später noch genauer dargestellt werden soll, expliziert die naturwissenschaftlich-mathematische Theorie der Kybernetik nicht das Prinzip der sozio-kybernetischen Herrschaft, sondern stellt lediglich eine (paradigmatische) Anwendung dar. Das heißt, in anderen Worten, diese Theorie ist ein Teil des sozio-kybernetischen Herrschaftssystems, nicht aber ein Ansatz zu seiner Analyse.
[580] ->: SEMANT_RHIZOM, p. 296
[581] Bzw. analog, der Gattungsbegriff des Aristoteles für den Menschen: zoon politikon.
[582] Genauer ausgeführt unter: ->: KKK_TRIADE, p. 347
[583] Schopenhauer (1977)
[584] S.a. Goppold (2000f). Die Proto-Formen bestimmter Erscheinungen, die wir anthropomorph mit Willen, Bewußtsein, Intention, Denken, etc. bezeichnen, folgen einem allgemeineren Schema, das von Teilhard de Chardin skizziert worden ist. ->: TEILHARD_PROGRAM, p. 334
[585] Ausgehend von Jakob v. Uexküll, siehe Semiotica-Ausgaben zur Bio-Semiotik.
[586] In der Nachfolge von Vernadski, Lotman,
[587] Teilhard de Chardin (1981: 272) führt hier das Proto-Prinzip der Liebe ein, in Analogie zum alten Platonischen Eros, ein. Das Zusammenhaften oder Zusammenballen ist ein universaler Effekt aller Materie des Universums, voneinander angezogen zu werden. Um wieviel angenehmer und freundlicher wäre doch die Physik (und damit wohl auch die ganze Weltgeschichte der letzten 300 Jahre) geworden, wenn Newton sein neugefundenes Prinzip nicht Gravitation, sondern Eros genannt hätte!
[588] Damit ist Hitze sozio-kybernetisch äquivalent mit Schisma und Freiheit. ->: KOERXION, p. 284
[589] Dissoziation der Elektronen (Atom-Hülle) von den Kernteilchen (Protonen, Neutronen)
[590] XYZ ist je nach physikalischer Theorie ein Zustand der Materie, in dem sich die Protonen und Neutronen in weitere, noch elementarere Teile dissoziieren, z.B. nach heutiger Theorie als Quarks oder noch elementarer, als Super-Strings.
[591] ->: MACHT_SYSTEM, p. 292
[592] ->: ZEIT_HERRSCHAFT, p. 293
Natürlich soll hier sofort qualifizierend bemerkt werden, daß Raum und Zeit als Abstraktbegriffe nicht beherrscht werden können, sondern nur die Dinge und Vorgänge, die im Raum existieren und in der Zeit ablaufen. S.a. Janich (1997: 183-184): "Zeit [ist] im Rahmen der Naturwissenschaften keine eigene Entität... sondern nur eine ökonomische Sprechweise für den Vergleich von Ereignissen..."
[593] ->: UNIV_MONOPOLY2, p. 345
[594] ->: HERAKLITOS, p. 340
[595] ->: IMHO_PRINZIP, p. 12
[596] Siehe die Werke von Gotthard Günther (1976-1980).
[597] ->: RECHTS_VOR_LINKS, p. 284
[598] ->: META_REGEL, p. 284
[599] Aus diesem Grunde wurde auch im deutschen Weimar-Reichstag die Rechts-Parteiengruppierung auf die rechte Seite gesetzt.
[600] In der Verhaltensforschung bei Tieren sprechen wir z.B. von Alpha-Männchen.
[601] ->: ENTENTE_CORDIALE, p. 301
[602] Man muß hierbei von der paradoxen Regel ausgehen, daß Alpha-Koalitionen umso wirksamer sind, je unsichtbarer sie sind.
[603] Das Geheimrezept aller erfolgreichen Imperatoren, angefangen mit Darius dem Großen.
Lommel (1935: 22): Ich bin Darius, der große König, König der Könige, König der Länder und Völker aller Stämme, König dieser großen Erde weithin, Sohn des Hystaspes, ein Achaemenide, ein Perser, Sohn eines Persers, ein Arier von arischem Samen. (S.a.: Campbell 1996: 252).
->: DUALISMUS, p. 224
[604] ->: MACHT, p. 287
[605] Nomos, Griech: Gesetz, Siehe auch Plato: Nomoi.
[606] denn dann würde nämlich das Spiel für die anderen Spieler zu schnell als ”abgekartet” erscheinen.
[607] ->: STELLENWERT_NOTATION, p. 282
[608] Kaiser Ferdinand I, bei Zinkgref, Apophth, 1, S. 78.
[609] Wie es vor einigen Jahren im schönen Bayernlande mit einem Minister der bayerischen Franz-Josef Strauß Herrschaftsclique passierte.
[610] ->: MACHT_ARBEIT, p. 288
[611] Lat: potestas: Macht, Kraft, Gewalt, Herrschaft, Wirkung.
[612] ->: OLYMP_PRINZIP, p. 286
[613] Nach Beniger (1986).
[614] Lenin: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
[615] In etwas anderer Formulierung lautet das WWWM-Prinzip: Macht ist: Wer für Wen die Arbeit Macht. Wobei als viertes "W" noch ein "unter Welchen Umständen" hinzugefügt werden müßte...
Nicht ganz ohne Bezug zu diesem Prinzip ist das Leit- (Leid-) Motiv, das über dem Eingang der deutschen Konzentrationslager stand: "Arbeit macht Frei".
[616] In der Englischen Sprache subtil durch die Konnotationen des Wortes Might ausgedrückt: If you don't obey, I might do this or that to you."
Wie ersichtlich, handelt das Traktat von Macchiavelli hauptsächlich von Macht I. Die gesonderte Behandlung Macht II ist das Ziel des vorliegenden Traktats.
Weiterhin war Macht I die (Über-) Macht des römischen Reiches, mit der sich die frühe Christenheit konfrontiert sah, und gegen die sie kämpfte. Die darauf folgende Zivilisations-Entwicklung war hauptsächlich ein Ergebnis der sozio-kybernetischen Erfindungen, die man als Antwort auf diese kreative Herausforderung machte. ->: ZEIT_METAPHYSIK, p. 316
[617] Diese Formen der Macht finden sich heute in einer heftig Umkämpften Arena der Sozio-Biologie: Den Theorien des Altruismus-Komplexes.
[618] ->: INFORMATION_WAR, p. 336
[619] ->: FASCIS, p. 350
[620] Der Arbor Porphyricus als Ur-Form. Britannica: Porphyry
[621] ->: ZEIT_HERRSCHAFT, p. 293 ->: TRADITION_WERK, p. 140
[622] Dies wurde von Gerald Weinberg (1985: 160) ironisch als "Buffalo Bridle" (der Büffel-Zügel) bezeichnet: Man kann Büffel dazu bringen, überall hinzugehen, solange sie auch dorthin gehen wollen.
Im Nazi- und DDR-NewSpeak wurde dies aus umgekehrter Sicht als "vorauseilender Gehorsam" bezeichnet.
[623] Die heftige Diskussion der Paläoanthropologen um diese Interpretation zeigt, dass es wesentlich auf unserer heutigen Projektion beruht, ob wir die Figur einen Zauberer oder Schamanen nennen. Aber auch so gibt es gute Gründe zu vermuten, dass nicht die Prostitution, sondern der Schamanismus das älteste professionelle Gewerbe der Menschheit ist.
->: NEO_SCHAMAN, p. 180
[624] ->: CHRISTENTUM, p. 314
[625] ->: CHARISMA_ISLAM, p. 194; ->: ISLAM, p. 327
[626] Diese Individualität wurde im alten Griechenland etwa zur Zeit Heraklits deutlich.
[627] Daher ist das System von Teilhard de Chardin ebenfalls teleologisch.
->: TEILHARD_PROGRAM, p. 334
[628] Die biblische Aufforderung: Machet euch die Erde untertan!
[629] Ein früherer deutscher Bundeskanzler re-formulierte das mit ähnlicher unausweichlich logischer Konsequenz als: Wer "A" sagt, muß auch "Denauer" sagen.
[630] ->: KRYPTO_STEGANO, p. 295
[631] Ausführlich behandelt in Goppold (1999d: 20-21, 40-79, 116-120, 132-135, 137, 139-190).
(URL) (LOC_CD) http://www.noologie.de/desn09.htm .../desn10.htm .../desn11.htm .../desn16.htm .../desn18.htm .../desn19.htm .../desn20.htm .../desn21.htm .../desn22.htm
[632] Diejenigen, die die Geschichte nicht kennen, sind dazu verdammt, sie [ewig] zu wiederholen.
[633] ->: ENTENTE_CORDIALE, p. 301
[634] Diejenigen, die die Geschichte kennen, sind dazu verdammt, zu wiederholen, was ihnen irgendjemand anders vor-gedacht, und vor-geschrieben hat.
[635] Z.B. die Zerstörung (eines Teils) der Bibliothek von Alexandria.
(Britannica: library of Alexandria): "The great library survived a fire set in Alexandria in 47 BC by Julius Caesar, whose army supported Cleopatra in a civil war. It was finally destroyed in AD 391 by the patriarch Theophilus of Alexandria."
Die Meinung der Historiker geht allerdings auseinander, ob das die letztendliche Zerstörung war, oder ob der Restbestand bei der Islamischen Eroberung Ägyptens durch den General Amr in den Bädern Alexandrias verheizt wurde. Das Material soll für mehrere Wochen Heizung gereicht haben. (Canfora 1988).
[636] Bowdlerisieren: Ursprünglich, einen Text von sexuellen Inhalten "befreien". Im übertragenen Sinn: hier und da "leichte" Modifikationen am Text vornehmen, die ihn einer herrschenden Meinung angepaßter erscheinen lassen. Die Geschichte der Fälschung der Konstantinischen Schenkung ist ja allseits bekannt. Aber man darf getrost annehmen, daß das nur die Spitze des Eisbergs ist, und daß noch einiges mehr des uns überlieferten geschichtlichen Materials aus der Frühzeit des Christentums und seiner Auseinandersetzungen mit der Welt der Antike, ihren Lehrmeinungen, Philosophien und Religionen auf die eine oder andere Weise "gedoktert" wurde. So ist der reiche Fundus der antiken rituellen Tänze fast völlig verloren gegangen, mit Lucianus: "De Saltatione" als beinahe einzige verbliebene Dokumentation.
[637] Das bevorzugte antike Schreibmaterial Papyrus ist im europäischen Klimabereich nur sehr begrenzt haltbar, und zerfiel von selbst in etwa hundert Jahren, daher mußte es regelmäßig neu kopiert werden.
Goppold (1999d: 67-70, 154-165, 167-174).
(URL) (LOC_CD) http://www.noologie.de/desn10.htm#Heading39 .../desn20.htm .../desn21.htm
[638] Britannica: Platonism. ->: UR_SPRUNG, p. 325
[639] Wilber grenzt sich ausdrücklich von den Herrschaftsansprüchen vieler "Holokraten" ab: "Das ist wichtig, weil es den Gedanken einer totalisierenden und dominierenden Ganzheit vorbeugt. 'Ganzheit' ist, wie wir in diesem Buch immer wieder sehen werden, ein sehr gefährlicher Begriff, nicht zuletzt deshalb, weil er sich so bereitwillig ideologischen Zielen leiht."
[640] ->: TERTIUM_DATUR, p. 127
[641] Cusanus (1967: 32) .
[642] Gr.: krypto- / krypta -> dt.: Gruft verbergen, verstecken, verhüllen, begraben, verheimlichen, verschweigen. Das Semantik-Rhizom assoziiert das Element des Unterirdischen, also von dichter Masse verdeckten.
[643] Gr.: stego: bedecken, verbergen, schützen, abhalten. stegae: Dach, Haus, Wohnung, Höhle. Lat.: tectum.
[644] (Goppold 2000a: 7.4.1):
"Peri Peirasis. The Journey into, and Beyond, the Boundaries of the Time"
(URL) (LOC_CD) http://www.noologie.de/symbol08.htm#Heading57
[645] Das Thema der Aufklärung ist sowohl in der Philosophie wie beim Militär ein entscheidendes: ->: KANT_AUFKLAERUNG, p. 23
[646] Douglas Rushkoff
[647] (URL) http://www.disinfo.com/pages/article/id672/pg1/index.html
->: DESN_TRIPOLAR, p. 240
[648] Man Bites Dogma: A Conversation with Robert Anton Wilson about Politics, Religion, Drugs, and Quantum Mechanics
by Michael Dare: (URL) http://home.earthlink.net/_dare2b/raw.htm
Extrakte aus einem Interview von 1988: (URL) http://www.wco.com/_aquaboy/raw.html
Weiteres Material: ->: THE_ILLUMINATI, p. 363
[649] Soziologie ohne synchron- prediktive Machtstruktur-Analyse ist wie Spiegel-Ei ohne Ei.
[650] ->: MACHT_II, p. 289 ->: ZEIT_HERRSCHAFT, p. 293
[651] (URL) http://www.rushkoff.com/index.html , (URL) http://www.disinfo.com
[652] Kalyptron: Der Schleier. En-Kalypsis, die Verschleierung, Apo-Kalypsis, die Ent-schleierung. (~ des Apostels Johannes).
(Goppold 2000a: 7.4): "Peri Peirasis. The Journey into, and Beyond, the Boundaries of the Time"
(URL) (LOC_CD) http://www.noologie.de/symbol08.htm#Heading57
[653] Dechend (1977, 1993, 1997)
[654] Arguelles (1987)
[655] Hier kommt der Effekt: "Geschichte ist immer die Geschichte des Siegers" zur Wirkung.
->: ZEIT_HERRSCHAFT, p. 293
[656] ->: TEILHARD_PROGRAM, p. 334
[657] Er ist ein Korrolar der Alpha-Beta-Epsilon Konfiguration ->: ALPHA_BETA, p. 282
[658] Gumbrecht (1991), Günther (1976-1980)
[659] Hofstadter (1979)
[660] Bateson (1968-1986)
[661] Goethe sagte dazu auch: "Dies ist zwar Wahnsinn, doch es hat Methode." In diesem Sinne finden wir zehn- und hunderttausendfach Fälle von Diagnosen von Militärärzten der vergangenen Jahrhunderte.
[662] Im Nazi- und DDR-NewSpeak nennt man das auch "Vorauseilenden Gehorsam". Solche Extrembeispiele wie der KZ-Arzt Mengele sind hierbei mehr symptomatisch zu verstehen, als man gerne zugibt. Siehe auch das Milgram-Experiment, und die Ausführungen dazu von Howard Bloom (www).
[663] ->: META_REGEL, p. 284
Schwarz (1985), Skoyles (www), Smith (1995-1999).
[664] (URL) (LOC_CD) http://www.noologie.de/desn11.htm
[665] Das ”Volk” ist die Gemeinde aller Spieler: Alpha+Beta+...+Omega. Da dies "Alle” im Sinne von ”ta panta” eben alles einschließt, geht natürlich auch die Macht davon aus. Höflich ungesagt bleibt dabei nur, von wem sie mehr, und von wem sie weniger ausgeht.
[666] (URL) http://www.disinfo.com , R.A. Wilson, und das Werk des Altmeisters: Eco (1990). Julius Evola kann auch einiges dazu beitragen.
[667] Bruno (1904-1991), Groce (1970), Kirchhoff (1980), Yates (1989), Wilber (EKL 413, 428, 447, 484ff, 701, 705, 710).
[668] Redondi 1991: 49
[669] sprich: dem Hexenhammer. (Britannica: Malleus maleficarum, 1486). Nietzsche machte daraus seine "Philosophie mit dem Hammer."
[670] Der Scharf-Richter war zur damaligen Zeit der Arzt "der letzten Hoffnung" wenn kein anderes Mittel mehr half. Sir Walter Raleigh ließ sich vor seiner Hinrichtung das Beil zeigen, das ihn enthaupten sollte, und von ihm ist dieser Ausspruch der "schärfsten aller Arzeneyen" überliefert, die jede, auch die schwerste Krankheit, garantiert heilt. (Britannica: Raleigh, Walter).
[671] Man beachte die Numerologie: Galileis Prozess fand im Februar 1633 statt, also genau 33 Jahre nach dem Feuertod G. Brunos.
[672] Wir können den kalten Giordano-Bruno Effekt konsequenterweise auch den "Galileo"-Effekt nennen.
[673] Nach Jaspers (1955). Im Epizentrum der damaligen Ereignisse stand das Jahr 1615: Die Fertigstellung des Petersdoms, Symbol des Höhepunkts der weltlichen Macht des Papsttums.
[674] Mittelstraß (1989), nach Hegel. Kardinal Bellarmino stirbt 1621. (Redondi 1991: 49).
[675] (Britannica: Loyola, Saint Ignacius). Der Jesuitenorden wurde 1540 vom Papst institutionalisiert, Ignatius Loyola starb 1556, er wurde 1609 selig gesprochen, 1622 wurde er (13 Jahre nach der Seligsprechung, und 66 Jahre nach seinem Tod) heilig gesprochen. 1922 (300 Jahre später) wurde er zum Über-Schutzpatron aller spirituellen Systeme ernannt. Zwecks (weiterhin völlig unbeabsichtigter, rein zufälliger, und völlig hypothetischer) Numerologie noch folgende Daten: 1955 stirbt Teilhard de Chardin, sein Buch "Le phenomene humain" (1981) erscheint zeitgleich, 333 Jahre nach Ignatius' Heiligsprechung. (Britannica: Teilhard de Chardin).
[676] ->: TEILHARD_PROGRAM, p. 334
[677] Goppold (1999d: 54-63, 137-138, 240-244). ->: IMMORTAL_KOMPLEX, p. 137
[678] Erdheim (1984), Levi-Strauss (1975-1978)
Weitere Diskussion: ->: PRIESTER_GESETZ, p. 307, ->: AHNENKULTE, p. 309
[679] Goppold (1999d: 76-77, 226-227, 229-235).
[680] Besonders Goppold (1999a, 1999d).
[681] Joseph Conrad
[682] siehe dazu die Arbeiten von Frances Yates (1989, 1990), sowie die Arbeiten und die Bibliothek von Aby Warburg.
[683] Außer bei Giordano Bruno, dessen Schriften so abstrus waren, daß sie niemand zu verstehen vermochte.
[684] durch verbrennen, kreuzigen, vierteilen, steinigen, etc.
[685] Siehe Heise Telepolis: Die Aufmerksamkeits-Ökonomie.
[686] Feyerabend (1975, p. 307)
[687] ->: OSWALD_SPENGLER, p. 351
[688] Quelle: E.O. Wilson (1978), D. Root.
[689] Siehe auch den Vortrag von Christine v. Weizsäcker in der Schweisfurth-Stiftung vom 13.9.1999, Unterpunkt 3.: "Die Gefahr ungebremster Expertenherrschaft"
(URL) http://www.schweisfurth.de//veranstaltungen/html/textweizsaecker.htm
(URL) http://www.schweisfurth.de//veranstaltungen/html/textweizsaecker-2.htm
(URL) http://www.schweisfurth.de/pdf_archiv/cvweizsaecker.pdf
3. Die Gefahr ungebremster Expertenherrschaft
Jede Expertengruppe hütet und mehrt Spezialwissen. Jede Expertengruppe ist darüberhinaus immer auch eine Interessenvertretung, die um Anerkennung, Nachfrage, Finanzierung und Schaffung von Arbeitsplätzen in ihrem Expertisebereich kämpft. Schlimmstenfalls schaffen Expertengruppen Perlenketten von Engpässen und Notfällen, von denen jeder nach vermehrtem Einsatz genau und ausschließlich ihrer Expertise ruft. Kritische Stimmen werden dann als unwissenschaftlich und irrational abgetan. Es wird quasi ein Monopol der Zuständigkeit und der Definition von Rationalität etabliert.
[690] Gellner, E.: Pflug, Schwert und Buch, DTV, München (1993)
[691] Kittler, F.: Austreibung des Geistes as den Geisteswissenschaften, Schöningh, Paderborn (1980), Einführung.
[692] Z.B. Zeit, 12.11.1998, Thema Hochschulreform.
(URL) http://www.ZEIT.de/tag/links/index.html
[693] Nach: Popper, K.: Die Logik der Sozialwissenschaften, Kölner Zeitschr. f. Soziologie und Sozialpsychologie 14 (1962)
[694] Siehe auch die Werke von E. Gellner. Die bekannte französische nicht-so-revolutionäre Revolution von 1789 kam als sehr spätes post-hoc Ereignis, hauptsächlich als Konsequenz auf die betrübliche Mißachtung des Französischen Adels, des oben genannten Prinzips, daß man die Gänse, die die Eier legen, nicht ganz schlachten sollte. Man hatte es mit dem Auspressen seiner Untermenschen nun doch ein wenig zu weit getrieben.
[695] Und in den 2500 Jahren vor der Erfindung des Aleph-Bayt-Alphabets, analog als Ana-Graphe-Betismus zu bezeichnen.
[696] Frz.: bête: das (Nutz-) Vieh., Bêtise: Dummheit, Blödheit.
[697] Eisenstein, McLuhan, Giesecke...
[698] im "Saggiatore", Spengler (1980: 10). Spengler führt im Anschluß aus: "Aber wir warten heute noch auf die Antwort eines Philosophen, in welcher Sprache die Geschichte geschrieben und wie diese zu lesen sei."
[699] Siehe Straub (1990)
[700] Siehe hier die Differenzierungen von Straub (1990). Reversibel (geometrisiert) ist die Zeit der heute vorherrschenden Equilibriums-Physik. Die Zeit der Thermodynamik und offener Systeme ist irreversibel, und damit historisch.
[701] Straub (1990: 235). Von Dürrenmatt in "Die Physiker" anläßlich der Atomspaltung thematisiert, und das Generalthema für die laufenden Genetic-Engineering und Globalisierungs-Entwicklungen.
[702] Straub (1990)
[703] Siehe die Sokal-Affäre.
[704] Idiotas de Mente nach Cusanus. Er hatte gut reden, denn er war ja einer aus der aller-obersten Spitze der schriftgelehrten Elite, und Busenfreund des damaligen Papstes Ennea Silvio Piccolomini.
[705] Goppold (1999a), Kotkin (1993)
[706] Goppold (1999a). Siehe auch: Vortrag von Christine v. Weizsäcker in der Schweisfurth-Stiftung 2000.
[707] ->: KANT_AUFKLAERUNG, p. 23
[708] Wie z.B. in dem reichlich irrealen Stück von Dürrenmatt als völlig abstruse Situation karikiert. Die realen, (quasi-) verbeamteten (Oppenheimer, Teller, etc.) und freiberuflichen (Klaus Fuchs) Atomphysiker hatten nichts besseres im Sinn, als nach Leibeskräften für die prompte Schaffung und möglichst schnelle globale Verbreitung (Klaus Fuchs) der Instrumente des ultimaten Holocaust zu arbeiten.
[709] Eine passende Sicht aus der theologischen Zunft ist:
Baudler, Georg: Gewalt in den Weltreligionen, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt (2005)
[710] So z.B. die Französische Revolution des Jahres 1798, bei der der 3. Stand, die Bürger, in die Rolle einer mächtigen Gamma-Koalition aufgestiegen waren. Dies ließ natürlich die Mehrheit der Epsilons völlig unberührt.
[711] Numerologisch interessant, weil das Jahr (anno Domini) 333 für das Christentum als "3"er Zahl besondere Bedeutung hat. Die "3" taucht im christlichen Zusammenhang auf vielfältige Weise auf. Zuerst die Heilige Trinität, dann die 33 Lebensjahre Jesu. Weiterhin das bekannte "666"-Symbol aus der Apo-Kalypsis (Entschleierung) des Apostels Johannes. Siehe auch: Eco (1990: 27): 120 / 36 = 3.3333333. Und 333 multipliziert mit 2 ist 666. Allerdings ist zu betonen, daß solche numerologischen Assoziationen natürlich völlig unbeabsichtigt, rein zufällig, oder völlig hypothetisch sind.
[712] ->: ZEIT_METAPHYSIK, p. 316
[713] Frei nach Harold Innis.
[714] "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist", und: "mein Reich ist nicht von dieser Welt".
www.disinfo.com/pages/dossier/id310/pg1/index.html
[715] Campbell (1996,III: 428): ... als sich die ursprünglichen großartigen apokalyptischen Erwartungen der vom Judentum geprägten Frühchristen nicht erfüllten, mußte ihre Erwartung irgendwie vergeistigt werden. Diese Funktion erfüllten die gnostischen Lehren, besonders die des Markion. (428-430). Die Lehre Markions nahm wesentliche Anleihen bei dem zoroastrischen System, sie wandte sich scharf von der jüdischen Lehre ab und bezeichnete Jahwe als den "bösen Schöpfer", der keinesfalls der Hauptgott war, aber sich fälschlich dafür hielt (428).
[716] auch bekannt von dem Fabelwesen der Apokalypse des hl. Johannes.
[717] Könnte man als Wechselbalg bezeichnen. Für die hier angedeuteten Eigenschaften kann das arme Tier, das so benannt wird, nichts, aber sein charakteristisches seltsames Wechselspiel der Farben kommt zum Beispiel in der jesuitischen Kasuistik in ganz leuchtender Pracht zur Erscheinung.
[718] Natürlich bestand auch immer ein Anspruch das Papsttums auf die weltliche Macht. In der Renaissance hatte das Papsttum als sozio-kybernetischer (macht-politischer) Arm der christlichen Religion den Gipfel seiner weltlichen Macht erreicht.
[719] Vertiefende Literatur: Gumilev (1987, 1990); Toynbee (1934-1961); Britannica: Ancient Rome; Campbell (1996,III: 435-448).
[720] Da sich das Reich rings um das Mittelmeer mit seiner Wassermasse herum erstreckte, ist die Landfläche nicht ganz so imposant. Die Land-Ausdehnung war maximal ca. 500 km von jeder Küste ins Landesinnere, in Nordafrika aber nur ca. 100 km. Dazu im Vergleich hatte das Chinesische Reich eine ähnliche Ausdehnung auf dem Festland, aber hier war der größte Teil Wüste oder Steppe. China war seit Ch'in Shih Huang Di 221 BCE unter einer Herrschaft vereinigt. Es hatte zudem eine größere, und ethnisch einheitlichere Bevölkerung (mehrheitlich Han-Chinesen), die die Völkerschaften, die ursprünglich dort lebten, schon vor ca. 4000 Jahren mit der Waffe der Populations-Bombe ausgelöscht und assimiliert hatten. Das Chinesische Reich hatte auch einen viel längeren zeitlichen Bestand: bis zum Ende des 19. Jh., also mehr als 2000 Jahre.
[721] Das Mittelmeer war der große Transportkanal des Reiches, über das Rom ernährt und unterhalten wurde.
[722] Harris (1982: 10-18). Um die Zeitenwende verkehrten 120 Schiffe jährlich über die Monsun-Route zwischen dem römischen Imperium und Indien. Ganze Landstriche in Südindien wie Madras lebten vom Handel mit dem römischen Imperium. Als der Neoplatonist Julianus Apostata zum Kaiser aufstieg, besuchten ihn viele indische Delegationen, aus so weit entfernten Gebieten wie Ceylon und von den Malediven. Die Pali-Schrift "Questions of Milinda" soll ein Dialog mit Menander gewesen sein, dem König eines griechischen Territoriums in Indien um ca. -100, welches noch von der Alexander-Eroberung stammte.
[723] Weeber (1990)
[724] Genauere Darstellung in Britannica: Ancient Rome: Political Life; Rome and Italy; Developments in the provinces.
[725] Sklaven, die das Glück hatten, bei menschlich fühlenden Besitzern zu leben, wurden meist freigelassen, die Unglücklichen auf den Latifundien und in den Bergwerken starben sehr schnell, und dann gab es natürlich viele Kinder von Sklavenfrauen, mit ihren Herren, die ja aufgrund der Blutsverwandschaft ebenfalls nicht mehr so leicht im Sklavendasein belassen werden konnten.
[726] Die furchtbarsten Verluste erlitten die Legionen aber, wenn sie gegen andere Legionen kämpfen mussten, wie es in den späteren Zeiten öfter vorkam, so z.B. in den Schlachten des Constantinus. Wenn auf beiden Seiten dieselbe Taktik und Bewaffnung eingesetzt wurde, war das Gemetzel fürchterlich, und die Todesraten lagen bei 70-80% auf beiden Seiten. Das blutete die Reserven des Volkes aus.
[727] Dazu hätte er einen Vergleich des frühen Christentums mit den anderen damaligen Religionen machen müssen, und das damalige Christentum von dem der Neuzeit nach Luther schärfer trennen müssen.
[728] Alles andere muß man nach dem Prinzip des "Geschichte lehrt" als Produkt christlicher Euphemistik interpretieren. ->: ZEIT_HERRSCHAFT, p. 293
[729] Spengler hat den politischen Macht-Faktor des Martyriums klar erkannt. ->: MARTYRIUM, p. 319
[730] Nachdem die Christen die Macht im Staat übernommen hatten, nahmen sie es mit der Gewaltlosigkeit auch nicht mehr so genau, bzw. sie griffen danach genauso oft und gerne zu den Mitteln der Gewalt wie alle anderen auch. S.a. Deschner (1986-1989).
[731] In anderer Sichtweise schloß das Programm aber an die 3000-Jährige Macht-Tradition der ägyptischen Priester-Herrschaft an, und führte sie weiter. Es ist zu beachten, daß ein wesentlicher Teil der Entwicklung des Christentums in Ägypten stattgefunden hatte. Ganz wesentliche ritualistische und Volks-Glaubens-Elemente des Christentums stammen weder von den Juden noch aus dem Hellenismus, und die ägyptische Volksreligion ist die einzige wahrscheinliche Quelle, von der das hätte stammen können. Den Archae-Typos des Maria-Kind Motivs findet man z.B. in dem ägyptischen Isis-Horus Motiv. (Drewermann 1986). Bzw. Aphrodite und Eros (Campbell 1996,III: 269). Wieviel von der Ritualistik der christlichen Liturgie aus Ägypten entlehnt war, ist nicht sicher (Weihrauch, Priestergewänder,...), und man muß einen allgemeinen "trade of ideas" in der Ritualistik der antiken Welt einbeziehen, der dann in das Christentum Eingang gefunden hat. (Es gibt auch noch Stimmen, die eine wesentliche Beteiligung des Buddhismus in der Genese des Christentums annehmen, so Schmidt-Leukel 1992.)
[732] ->: SCHISMA, p. 317
[733] Auch hier ist der jüdisch-hellenistische Einfluß von Alexandria, verkörpert durch Philo, aber auch die Neu-Platoniker (Ammonios Sakkas) nicht zu vergessen. Der Logos trat stark in den Lehren der Gnosis hervor, besonders die Johannesakten, die auf dem Konzil von Nicäa verdammt wurden. (Campbell 1996,III: 422-427).
[734] Soweit sie nicht in den Lehren der Christen weiterlebten. Das ist nicht so genau zu unterscheiden. Auch hier gab es in den Philosophen-Kriegen Indiens Vorgänger, die aber mehr in einem sportlichen Geist geführt wurden. Bekannt geworden sind vor allem die Dispute aus der Zeit Buddhas, zu den Zeiten Nagarjunas, dann schließlich Shankaras. (Letzterer gewann Indien wieder für das vedisch-hinduistische System). Damals konvertierten ganze Schulen mit Hunderten und Tausenden von Anhängern, wenn ein anderer Meister im Rededuell über ihren eigenen Meister gesiegt hatte. Leider endete diese Tradition aber in der rabiaten Schwert-"Rhetorik" der Moslems.
Joseph Campbell (1996,III: 443-447) zitiert eine lange Passage aus dem Werk eines der profundesten Kenner des Untergangs des Altertums, Gibbon, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt, mit welcher Brutalität und Ignoranz vor den kulturellen Leistungen der Antike die christlichen Fanatiker ihr kulturelles Erbe vernichteten, und damit das finstere Mittelalter, die Wiederauferstehung des Chaos, heraufbeschworen.
Bei Ken Wilber findet sich in EKL 427-433 eine etwas anders eingefärbte Beschreibung dieser Entwicklung.
[735] Diese fanden dann Asyl in Syrien und Babylon, wo ihre Schulen bis zur Islamischen Eroberung weiterbestanden, und später war das Neo-Platonische Hen dann bestens unter dem Allah der Islamischen Philosophie aufgehoben (in Hegelscher Weise).
[736] Gellner (1993: 192),
[737] Dionysios Areopagita (Wilber EKL 36, 412, 433, 494, 504) liefert mit seinem System ein paradigmatisches Prinzip, das sich auch sehr gut auf weltliche Herrschaft ausdehnen liess. Ken Wilber stellt die Entwicklung des Christentums aus seiner Sicht in EKL 424-442 dar.
[738] ->: HOLISMUS, p. 294
[739] Siehe Wilber, EKL 420-442.
[740] ->: CHARISMA_ISLAM, p. 194; ->: ISLAM, p. 327
[741] Diels (1954,I:12); Pleger (1991: 61); Heidegger (1976b: 242):
Allerdings ist dieses erste denkerisch geschlossene Begreifen der physis auch bereits der letzte Nachklang des anfänglichen und daher höchsten denkerischen Entwurfs des Wesens der physis, wie er uns in den Sprüchen von Anaximander, Heraklit, und Parmenides noch aufbewahrt ist.
[742] genauer gesagt: Es ist das Schließmuskel-Flattern, das man empfindet.
[743] ->: DESN_SPF2, p. 53
[744] Cusanus hat das griechische archae mit principium übersetzt. Das Wort leitet sich von princeps, Herrscher, Fürst (Ital.: Il Principe) engl.: prince, dt.: Prinz, ab. Princeps war auch der Titel des römischen Kaisers.
[745] Cusanus: "De Principio" (1967).
[746] ->: PRINCIPE, p. 276
[747] Cusanus (1967: 14).
[748] ->: CHARISMA_ISLAM, p. 194
[749] ->: PRE_SKRIPTE, p. 113
[750] Umgekehrt ist es das selbstverständliche Recht muslimischer Männer, mit andersgläubigen Frauen sexuelle Beziehungen zu haben. Denn damit lassen sich auch neue Konvertiten gewinnen. "Liebe" ist im Islam ein genauso praktisches Mittel zur Expansion wie Überredung und Gewalt.
[751] Frauenmord aus "Ehre"-Gründen ist in Pakistan ein "Kavaliersdelikt", das mit der Zahlung einer "Wert"-Entschädigung an die Familie der ermordeten Frau "gesühnt" wird. Aber meist geht der Staatsanwalt einem solchen Fall gar nicht erst nach. Wenn ein Mädchen die Ehre der Familie "besudelt", dann ist es Pflicht ihrer Brüder, sie zu ermorden, um die Ehre der Familie wiederherzustellen.
[752] Google Suche: Fgm: "female genital mutilation."
Dies wird natürlich vor westlichen Medien absolut verborgen, aber vor allem in Asien (Pakistan, Malaysia und Indonesien) steigen die Zahlen rapide.
[753] Den haben die Amerikaner ebenfalls kat-holisiert: God's own country.
[754] Siehe Google Suche: "Forced conversions".
Diese zwanghafte Konversions-Sucht ist aber auch unter "Evangelical Christians" genauso verbreitet, auch wenn man da keine direkte Gewalt einsetzt.
[755] (URL) (LOC_CD) http://www.noologie.de/symbol22.htm
[756] S.a. Campbell (1996,III: 255).
[757] Insofern ist die "Kriminalgeschichte des Christentums" (Deschner) ja nur eine lange traurige "Serie von Fußnoten" (diesmal nicht zu Plato), zu dem Grundproblem, daß die Christen wohl irgend Etwas "ganz, ganz Wichtiges" von der Botschaft ihres Herrn und Gründer-Heroen Jesus Christus "nicht so recht verstanden hatten".
[758] Weil er die Über-Zeitliche Komponente des Auditiven und urspünglich Pythagoräischen Denkens nicht verstehen konnte.
[759] "Zeit und die Metaphysik der Herrschaft"
->: ZEIT_METAPHYSIK, p. 316
[760] Nicht umsonst wurde sogar ein James-Bond Film mit einen ober-bösen Medien-Mogul gedreht. "Der Morgen stirbt nie" (1997). Man hätte den James-Bond Skript-Schreibern eigentlich nicht zugetraut, daß sie McLuhan und Innis gelesen haben.
[761] Al-ko-hol: die Destillation der Esszenz. Das war von Mohammed dem Propheten (Gott halte ihn für immer selig) ja verboten worden, aber das Prinzip (quinta essencia), das konnte man trotzdem noch weiter verfeinern.
[762] Besser bekannt als die arabische Version von Kabbala.
[763] ->: JOSHUA_GENESIS, p. 147
[764] Dieser Verlust war aber auch eine direkte Folge der Eroberung und Plünderung Konstantinopels durch die christlichen Kreuzritter 200 Jahre vorher. Damals wurde es zur Losung vieler griechischen Christen, sich lieber der Knute des osmanischen Sultans zu unterwerfen, als der spirituellen Dominanz des römischen Papstes.
[765] Liedl (1990, 1993). Die Beeinflussung fand an allen Kontaktzonen statt, und brachte eine beispiellose kulturelle Hochblüte hervor.
[766] Britannica: Assassin, Rashid ad-Din.
[767] Sein System von Visualisationen weist ebenfalls starke Entsprechungen zu den Meditationen der Tibetischen Buddhisten auf.
[768] Teilhard de Chardin (1981)
[769] ->: HIER_ARCHIA, p. 304
[770] Wir können das mit dem Rückgriff auf die Numerologie nur unterstreichen. Natürlich soll hier nicht behauptet werden, daß Teilhard etwa mit Absicht genau im Jahre 1955 gestorben wäre, noch daß irgendjemand von den Oberen des Jesuitenordens etwa mit Absicht dann die Veröffentlichung seiner Werke im Jahre 1955 erlaubt hätte. (Was insofern unwahrscheinlich ist, als daß der Orden wohl gar keine Rechte an den Werken hatte.) Das Argument, das hier zugrundeliegt, wurde von McLuhan formuliert: Es handelt sich bei den Zahlenspielen um "resonating intervals", deren Auftreten natürlich "im Auge des Betrachters" ist (ein Pattern-Gesetz), und wenn dem Ganzen doch noch eine andere, esoterische, arkane Gesetzlichkeit zugrundeliegen sollte, dann ist sie uns mit unseren rationalen Methoden jedenfalls nicht zugänglich.
[771] Das Phänomen des Christentums: p. 302-310.
[772] Siehe ->: KYBERNETES, p. 344
[773] Original: "Nie ward etwas so klein gesponnen, Es kam zuweilen an die Sonnen." Ulrich Bonner, Edelstein, 49, 55.
[774] Jaspers (1955)
[775] Untergang des Real Existierenden Sozialismus (damit ist er de Facto zum Idealismus geworden), Microcomputer-"Revolution", Internet-"Revolution", Globalisierung, Gentechnik-"Revolution", etc. etc.
[776] (URL) http://www.aec.at/infowar/NETSYMPOSIUM/
[777] Man lese z.B. die Heise-Telepolis Diskussionen dazu.
[778] Goppold (1998c)
(URL) (LOC_CD) http://www.noologie.de/diskur5.htm#WAFFE_INFO
[779] Die im Sept. 1998 laufenden "Informations"-Kampagnen über des Sexualleben des US-Präsidenten Clinton mögen ein Beispiel dafür bieten...
[780] oder besser: bestimmter Ansichten zum Thema Information. Die mathematische Informationstheorie von Shannon und Weaver ist damit sicher nicht gemeint.
[781] "Die Geschichte wird von den Siegern geschrieben."
[782] wahrscheinlich, um einen "Future Conflict" wegen zu großer Offenheit mit seinem Arbeitgeber (und dem CIA, NSA, etc.) zu vermeiden. Als einfacher Zivilist ist er selbstverständlich nicht in die "top secret" Informationskanäle des Militärs eingebunden, aber kraft seines Spezialwissens kann er auch mit den durchgefilterten Nachrichten einiges selber dazu denken.
[783] ->: KRYPTO_STEGANO, p. 295
[784] Schopenhauer (1977, II: 359-434) "Über Religion".
[785] Kevin Kelly: "Out of Control", Howard Bloom: "Globales Gehirn", Joel Kotkin: "Tribes".
[786] Solche Techniken können sich auch auf eine alt-ehrwürdige Tradition berufen, z.B. Julius Evola: "Menschen inmitten von Ruinen", Hohenrain, Tübingen (1991), p. 317-340.
->:VERSCHWÖRUNG, p. 303
->: VERSCHWOERUNG_THEOR, p. 298
[787] (URL) http://kulichki-lat.rambler.ru/moshkow/ORWELL/r1984ch1.txt
[788] In Analogie: Die Ana-Compu-Beter. ->: ANA_MATHE_BETER, p. 311
[789] Dazu insb. Goppold (1984c, 1992a-1998a, 1998c, 1999a).
[790] Hierzu auch: Richard Stallman und sein GNU Projekt, die Lunix Bewegung, die Wizards of OS Konferenzen.
[791] Jedenfalls fast nur. Und auch nicht deswegen, weil die Arbeiter und Angestellten dieser Groß-Organisationen, Konzerne, Ministerien, etc. diese Produkte so heiß und innig lieben würden.
[792] Siehe auch die Arbeiten von Douglas Rushkoff.
(URL) http://www.edge.org/3rd_culture/rushkoff/rushkoff_p1.html
->: MACHT_II, p. 289
[793] Aber das ist bestimmt nicht der letzte Schleier.
[794] Basierend auf Diels (1954)
[795] Mühlmann (1996). Mit derselben subtilen Ironie, mit der Samuel Colt sein Schießeisen den "Peacemaker" nannte, so nannten die klassisch gebildeten deutschen/schweizer Waffenschmiede die Luger-Pistole auch ihr Parabellum. (Britannica: Parabellum).
SPQR: Senatus Populus Que Romanum.
[796] Und natürlich Spengler, der hatte eine eingehende Untersuchung zu den Ansichten von Heraklit gemacht. Bei Spengler (1938: 1-47) finden wir eine passende weiterführende Interpretation der Herakliteischen Prinzipien im hier gemeinten sozio-kybernetischen Sinn.
->: INFORMATION_WAR, p. 336
[797] ->: IMHO_PRINZIP, p. 12
[798] Diese Bewegung ist seit ca. 1950 manifest geworden, d.h. sie hat die öffentliche Aufmerksamkeit erreicht. Ihre Wurzeln gehen aber auf die bei Heraklit erstmals schriftliche dokumentierte Denkform zurück. In der Literatur finden wir hier die Theorien von: H. Bloom, R. Carneiro, J. Diamond, H. Fischer, L. Gumilev, E. Jantsch, H. Mühlmann, J. Neirynck, I. Prigogine, H. R. Smith, H. Spencer, R. Thom.
[799] Siehe dazu auch: Com-Petitio ->: COM_PETITIO, p. 281
Und: Man Bites Dogma: A Conversation with Robert Anton Wilson, "The Theory of Games and Economic Behavior"
[800] Gr.: oiax: Griff am Steuerruder, deutsch: Öse, Ring. -> gomphos -> omphalos -> (Goppold 2000a: 7.4.1):
"Peri Peirasis. The Journey into, and Beyond, the Boundaries of the Time"
(URL) (LOC_CD) http://www.noologie.de/symbol08.htm#Heading57
[801] (Goppold 2000a: 7.4.1):
(URL) (LOC_CD) http://www.noologie.de/symbol08.htm#Heading57
[802] Das obige aus Hippolytos (Dechend 1977: 105), (Britannica: Hippolytus).
[803] Siehe hier auch die Diskussion der "Aufbereitung" antiken Textmaterials durch die christlichen Ideologen.
->: ZEIT_METAPHYSIK, p. 316, ->: NEO_POLEMOS, p. 323
[804] Man beachte aber den feinen Unterschied zwischen Herrschen (kratein) und Lenken (oiakizei). Während der Herrscher oft etwas gegen den Willen der anderen tun muß, um den seinen durchzusetzen, ist der Lenker intelligent genug, daß er es immer so einrichtet, als richtete er sich nach den Wünschen der anderen. Im Polit-Jargon haben wir hier z.B. den ”Volkstribun”.
[805] Weitere metaphysische Gehalte werden in (Goppold 2000a: 7.4.1) diskutiert.
[806] ->: UR_SPRUNG, p. 325
[807] Dechend (1993: 365): Mundilföri, Saekonunga Heitis, "... Augenmerk ... auf verschiedene Furten, Fährmänner, Steuermänner, personifizierte göttliche Schiffe...". Mundil -> mund Zeit -> Mond, (p. 366) Fährmann der Zeit, "Achsenschwinger". {mandull / möndull / mundil} (Zeit) <-> mundus (Welt) -> manth -> math -> mandala -> {mentula / metula / := das Prinzip der bohrenden Bewegung} -> maedaea -> Venus: philo-maedaea.
[808] Passenderweise hat der deutsche Volksmund hier den Begriff GRÖFAZ := Größter Führer aller Zeiten geprägt.
[809] ->: LIMITATIONEN, p. 300
[810] ->: INFORMATION, p. 294
[811] Die Geschichte, das Ge-Schichte; als historia und histion, nach der morphologischen Charakterisierung von Spengler (1980: 9) als Logik der Zeit.
[812] Geistige Anleihen "magno cum grano salis" bei Nicolaus Cusanus (1978), Manfred Eigen (1975), Hermann Hesse (1971), Lars Karbe (1995: 123-186), John von Neumann (1961-1963), George Orwell, und der "Big Brother Show" von RTL (2000), seien hier dankend erwähnt.
->: UNIVERSAL_MONOPOLY, p. 281
[813] ->: MACHT_SYSTEM, p. 292
[814] ->: ZEIT_HERRSCHAFT, p. 293
[815] Siehe eine ähnliche Definition bei Petri-Netzen.
Das ERT-System ist näher beschrieben in: Goppold (1997)
(URL) (LOC_CD) http://www.noologie.de/poly.htm und
Goppold (1998a): (URL) (LOC_CD) http://www.noologie.de/inform.htm
[816] Das hier verwendete Prinzip ist in dem Sinne contra-euklidisch, als daß der Begriff Raum ein Abstraktivum für alle Orte ist, die durch Entities besetzt sind. Raum hat nur dort einen Sinn, wo Entities sind. Wo nichts ist, hat der Kaiser sein Recht verloren. Dies ist ein Gegenargument zu der alten naturphilosophischen Argumentation der Euklidiker Archytas und Lucretius.
[817] Nach Whitehead (1969).
[818] Diese Definition ersetzt die suggestiven, aber irreführenden früheren Darstellungen von Super-Organismen a la Spencer und Spengler. Eine genauere Systematik der hierarchischen Systeme findet sich in den Werken von Stan Salthe (1985-1993). Hier muß aber konzeptuell noch ein Abstraktions-Schritt von der biologistischen Paradigmatik durchgeführt werden.
[819] ->: HERAKLITOS, p. 340
[820] Die absteigende Hierarchie ist ein Neo-Platonisches Konzept, im Gegensatz zu dem naturwissenschaftlichen Konzept der aufsteigenden Hierarchie. ->: HOLISMUS, p. 294
[821] Wenn sie nicht kooperieren würden, wäre es keine Koalition.
[822] ->: SPIELER, p. 346
[823] ->: KOORDINATION, p. 350
[824] ->: INFO_KOMM, p. 294
[825] Siehe auch die Devise von Mao Tse Tung: Getrennt marschieren, vereint schlagen.
[826] Schopenhauer (1977)
[827] ->: KOERXION, p. 284
[828] ->: MACHT_SYSTEM, p. 292
[829] Salthe (1985-1993)
[830] z.B. der Unterschied in der Persistenz einer Eintagsfliege, eines Menschen, oder einer Kultur.
[831] Salthe (1985-1993)
[832] religare -> Religio ->: RELIGIO, p. 290
[833] Dechend (1977), ->: KERAUNOS, p. 343
[834] Dazu Martin Luthers faszinierender Aphorismus: Ist die Rut' gut, tut's der Fut gut.

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